Werdensteiner Moos
Rundweg mit Burgruine und Niedersonthofener See
Die Wanderung durch das Werdensteiner Moos im Allgäu verdeutlich auf eindrucksvolle Weise, wie sich ein nahezu zerstörtes Moor durch Renaturierung und Pflege wieder in ein Naturparadies zurückverwandeln kann. Heute findet man dort wieder seltene Pflanzen und Tiere. Ausdauernde Wanderer können zum Moorrundweg noch die Burguine Werdenstein und den Niedersonthofener See mit dazunehmen.
Stand:

Das Werdensteiner Moos bildet ein 86 Hektar großes zusammenhängendes Moorgebiet im Allgäu mit einem hohen ökologischen Wert. Es liegt zwischen Kempten und Immenstadt in einer Senke nahe der kleinen Ortschaft Werdenstein. Den Boden der Senke dichten Seetonablagerungen ab.Entstanden ist das Moor nämlich aus einem nacheiszeitlichen, flachen See.Den Verlandungsprozess vom See zum Moor kann man sich folgendermaßen vorstellen. Er beginnt stets mit dem Schilfgürtel und der Schwimmblattzone vom Ufer her. Abgestorbene Pflanzenteile sammeln sich im Wasser an, so dass mit der Zeit eine Torfschicht heranwächst, welche die Grundlage für die Entwicklung eines Niedermoors darstellt. Wenn die Torfschicht immer weiter wächst, wölbt sich das Moor irgendwann so weit auf, dass es den Kontakt zum Grundwasser verliert. Dann spricht man von einen Hochmoor oder Regenmoor, weil es seine Feuchtigkeit ausschließlich aus Niederschlägen bezieht.Das Werdensteiner Moos ist zum überwiegenden Teil ein Hochmoor.Hochmoore sind sehr nährstoffarm. Nur wenige Pflanzen können darin gedeihen und diese sind genau auf diesen extremen, für die meisten anderen Pflanzen lebensfeindlichen Standort angewiesen. Unter anderem deshalb sind Hochmoore so wichtig, aber auch weil sie sehr viel Wasser speichern können. Damit schützen sie gleichermaßen vor Überschwemmungen und Trockenheit. Zudem bindet Torf Kohlendioxid. Ein intaktes Hochmoorwachstum ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Umgekehrt setzt der verrottende Torf in trockengelegten Mooren Kohlendioxid frei.
Die Menschen fanden immer einen Grund, Torf aus den Mooren zu holen.Jahrhundertelang war Torf ein billiger Brennstoff, wurde außerdem auf die Felder ausgebracht. Der Schaden, den die kleinen bäuerlichen Torfstiche anrichteten, war allerdings überschaubar.Das Werdensteiner Moos hatte das Pech, an einer Eisenbahnlinie zu liegen. Dampflokomotiven können mit Torf befeuert werden. Der Schatz von Jahrtausenden wurde so in kürzester Zeit verbrannt.In den 1930er Jahren legte man das Moor mit einem großen Aufgebot an Arbeitern trocken. Eine Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung. Ziel war es, Kulturflächen oder wenigstens Grünland zu schaffen, was jedoch misslang. Die anschließende Aufforstung vollendete die Zerstörung. Danach geschah lange nichts mehr.
1980 begann der BUND Naturschutz mit der bis dato andauernden Renaturierung. Es sollte wieder ein natürliches Moor- bzw. Torfwachstum stattfindet. Außerdem schuf man gezielt Lebensräume für bedrohte Arten. Langsam, aber sicher fruchteten die Anstrengungen, so dass das Moos heute zu den geretteten bayerischen Landschaften zählt.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die Wanderung verläuft durchgehend auf einfachen, breiten und gut beschilderten Wegen. Sonnige und schattige Passagen wechseln sich ab. Obwohl es von der Länge her nur eine Halbtagestour ist, sollte man trotzdem besser einen kompletten Tag einplanen. Denn an den ausführlichen Infostationen am Moorlehrpfad und auf der Burgruine Werdenstein gibt es viel zu lesen.Wegbeschreibung
Von Oberdorf ins Werdensteiner Moos
Am Bahnhof Martinszell in Oberdorf ist das Werdensteiner Moos bereits ausgeschildert. Östlich der Bahngleise leitet der Kapellenweg aus dem Ort hinaus. Wenig später wechseln wir durch die Bahnunterführung auf die andere Seite. Ungefähr einen Kilometer wandern wir noch an der Bahnstrecke entlang. Rechter Hand liegen die feuchten Streuwiesen des Oberdorfer Mooses. Aus der Ferne grüßt das Immenstädter Horn, ein beliebter Aussichtsberg der Allgäuer Voralpen. Schließlich biegt die Wanderroute rechts ins Werdensteiner Moos.
Moorlehrpfad Werdenstein

Das Werdensteiner Moos umgibt ein Hackschnitzelweg mit zehn thematischen Stationen und schönen Rastplätzen. Für Kinder gibt es ein Quiz. Sogar kunstfertige Holzskulpturen wurden aufgestellt.
Wir machen den Weg im Uhrzeigersinn, aber entgegen der fortlaufenden Nummerierung der Stationen. Da diese nicht aufeinander aufbauen, ist das kein Problem.
Die für uns erste Station mit der Nummer 2 befindet sich an einem ehemaligen Handtorfstich1. Sie befasst sich mit der Torfnutzung.
Bald darauf wandern wir an einem aufgestauten Entwässerungsgraben entlang. Die Gräben wurden geschlossen, um das Wasser im Moor zu halten. An der Station mit der Nummer 1 geht es dann um die Tiere im Werdensteiner Moos. Laut Infotafel leben darin allein 38 unterschiedliche Libellenarten. Sogar der extrem seltene Hochmoorgelbling kommt vor. Kreuzottern fühlen sich ebenfalls wohl.
Zur Aussichtsbrücke

Bei Thanners, wo der Haupteingang ins Moor liegt und es eine Wirtschaft gibt, knickt der Lehrpfad rechts ab. An der nächsten Station erfährt man Wissenswertes zu den Grünfröschen, die sich in den Entwässerungsgräben tummeln. Normalerweise existieren in Hochmooren keine Wasserflächen und damit auch keine Frösche. Das ist ein Ergebnis des Torfabbaus und der Wiedervernässung.
Zwischen den gefluteten Torfstichen steht auch die Aussichtsbrücke2, auf der es Informationen zu den Perspektiven der Moorentwicklung gibt. Durch die jahrzehntelangen Pflegemaßnahmen schreitet die Regeneration gut voran. Trotzdem wirkt es schon irgendwie seltsam, dass selbst die Wildnis noch von uns Menschen gestaltet werden muss. Die Natur einfach in Ruhe zu lassen, das funktioniert offenbar nicht.
Abstecher zur Burgruine Werdenstein

Das Allgäu ist ausgesprochen reich an Burgen und Schlössern. Neben so spektakulären wie den Ruinen Eisenberg und Hohenfreyberg oder der hochgelegenen Ruine Falkenstein existieren auch zahlreiche weniger bekannte. Die Vielfalt unterschiedlicher Burgentypen umfasst praktisch alle wichtigen Epochen und Baustile. Das länderübergreifende Projekt der Burgenregion Allgäu-Außerfern hat sich zum Ziel gesetzt, dieses Erbe zu bewahren und für den Tourismus nutzbar zu machen. So wurden die Ruinen von Bewuchs befreit, saniert und auf modern gestalteten Schautafeln für die Besucher dokumentiert.
Zum Burgenprojekt gehört auch die Burgruine Werdenstein. Zu viel darf man sich von dem Abstecher dorthin allerdings nicht erwarten. Nur der Torbau mit den ungewöhnlichen waagerechten Schießscharten steht noch. Immerhin gibt es eine schöne Aussicht auf die Alpensilhouette mit dem markanten Grünten, das ist der Berg mit der Antenne. Außerdem kann man bei der Ruine einkehren.
Der Abstecher nach Werdenstein beginnt vor dem Barfußpfad kurz nach der Aussichtsbrücke. Ein Feldweg leitet in ein paar Minuten zu der kleinen Ortschaft. Darin links und gleich wieder rechts in den Gnadenberger Weg. Wenige Schritte weiter wechselt man bei dem auffälligen roten Wegkreuz auf einen schattigen Fußweg zum Burg-Café Werdenstein. Die Ruine Werdenstein3 befindet sich hinter dem Café. Bänke laden zum Brotzeitmachen ein.
Die Burg Werdenstein war Stammsitz und Zentrum der gleichnamigen, eher unbedeutenden Herrschaft. Die Burg datiert um 1200. Ihr Name leitet sich vermutlich von Wert ab, sollte also wohl den Wohlstand der Besitzer hervorheben. Anfang des 15. Jahrhunderts begab sich die Herrschaft unter den Schutz der Habsburger, um sich gegen die mächtigen Grafen von Montfort, einem schwäbischen Geschlecht, behaupten zu können. Im Bauernkrieg von 1525 wurde Werdenstein wie einige andere Allgäuer Burgen erobert und geplündert. Später diente sie noch als Amtssitz, bis sie schließlich als Steinbruch endete.
Vom Barfußpfad zur Aussichtskanzel

Nach dem Abstecher zur Ruine wandern wir vom Barfußpfad weiter auf dem Rundweg. Ein Steg zweigt rechts ab und führt über Moorlöcher hinweg zur Station 8, die von den Pflanzen im Werdensteiner Moos handelt. An der Stelle wachsen zahlreiche Moorspirken, eine Unterart der Bergkiefer. Die Moorspirke kommt mit dem feuchten Standort gut zurecht, während andere Nadelbäume absterben. Auch Faulbäume sieht man dort, ebenfalls typische Moorbewohner.
Einen letzten Höhepunkt bildet die Aussichtskanzel4 an der Station 7. Ihr Thema lautet Alpenpanorama und in der Tat hat man einen hervorragenden Blick über das Moor auf die Allgäuer Alpen. Wieder einmal sticht vor allem der Grünten ins Auge. Kein Wunder, dass er als Wächter des Allgäus bezeichnet wird.
Durch den Oberdorfer Wald

Kurz hinter der Aussichtskanzel kann man vom Lehrpfad nach Eckarts abzweigen. Das ist der Weg durch den Oberdorfer Wald zum Niedersonthofener See.Wer stattdessen lieber den Moorrundweg vervollständigen möchte, muss auf den See verzichten oder hin- und herlaufen. Es kämen noch vier weitere interessante Erlebnisstationen zu den Themen Renaturierung, Libellen, Funktionen des Moors und Schmetterlinge.Außerhalb des Moors geht es vor den Häusern von Eckarts wie beschildert rechts.
Die Strecke bis zum See ist etwas langatmig, weil der Weg viele Schleifen macht. Zunächst verläuft ein Feldweg nordwärts durch die Wiesen dem Oberdorfer Wald entgegen und dann an seinem Saum entlang. Aufpassen, bald muss man sich zum Niedersonthofener See spitz links wenden. Andernfalls käme man direkt zurück nach Oberdorf. Ein wurzeliger Steig führt hinauf zu einem breiten Kiesweg, dem man in den Oberdorfer Wald5 hinein folgt. Es gibt nun mehrere Varianten. Wir nehmen hinter dem höchsten Punkt die Forststraße nach links, die einen künstlich angelegten Waldtümpel mit gelben Teichrosen und Schilf passiert. Das Biotop soll Amphibien, Insekten und Vögeln einen optimalen Lebensraum bieten.
Nach dem Tümpel kommt ein Rechtsbogen, dann überquert man ein Teersträßchen und gelangt endlich hinab zum Niedersonthofener See.
Am Niedersonthofener See

Der Niedersonthofener See6 ist ein typischer Zungenbeckensee, geschaffen vom Iller-Vorlandgletscher. Die Gletscherzunge reichte bei ihrer größten Ausdehnung bis weit in den Norden von Kempten.
Das Südufer ist überwiegend bewaldet, so dass es nur an ein paar wenigen Stellen einen freien Blick über den See gibt.
Nach einer Weile gelangt man zu einem einzelnen Haus direkt am Ufer. Hinter diesem geht es über Stufen steil bergauf und über einen Wiesenpfad nach Oberdorf, wo man den Bahnhof in ein paar Minuten erreicht.
Geotipp: Am Südwestlichen Ortsrand von Oberdorf befindet sich ein bedeutendes Naturdenkmal. Die Straße heißt bezeichnenderweise Zum Stein. Dort liegt ein Findling so groß wie ein Wohnhaus. Der Stein von Oberdorf besteht aus Nagelfluh, einem groben Konglomerat der Vorlandmolasse.