Reitstein und Platteneck (1592 m)
Einsame Gipfel westlich der Blauberge
Reitstein und Platteneck liegen in einer Art Niemandsland. Die meisten Almen ringsum wurden aufgelassen. Markierte Wanderwege sind weit und breit nicht vorhanden. So verschlägt es nur wenige Menschen dorthin. Allenfalls auf das weitläufige Platteneck flüchten sich gelegentlich ein paar Menschen, um dem Rummel am Schildenstein zu entkommen.
Stand:

Die Tegernseer Berge sind eigentlich für ihr dichtes Netz an gepflegten Wanderwegen bekannt. Doch es existieren sogar dort weniger erschlossene Gebiete, in denen sich interessante Touren abseits der markierten Wege unternehmen lassen. Vor allem im Süden, wo die Tegernseer Berge an die Brandenberger Alpen grenzen, wird man fündig. Im Umkreis des Reitsteins etwa gibt es einige wirklich sehr einsame Wege und Steige, die allenfalls von ein paar Liebhabern oder den Jägern genutzt werden.Natürlich gestaltet sich die Orientierung auf derartigen Touren ein wenig mühsamer.Man sollte es also gelassen sehen, wenn man sich verläuft und umkehren muss. Wer weiß, manchmal erweist sich der vermeintlich falsche Pfad auch als besonders reizvoll. Insofern sollte der Routenvorschlag hier eher als Anregung verstanden werden, sich selbst auf die Suche nach den versteckten, unbekannten Ecken zu machen.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Obwohl die beschriebene Route technisch einfach ist, sollte man trotzdem über ausreichend Bergerfahrung verfügen. Denn auf solchen Unternehmungen kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass man nicht doch in schwierigeres Gelände gerät.
Die eigentliche Herausforderung stellt wie gesagt die knifflige Orientierung dar. Teilweise sind die Steige verwachsen und schlecht erkennbar. Ein Abschnitt ist sogar völlig weglos. Am besten warten, bis der Schnee weitgehend verschwunden ist, weil die Pfade sowieso schon schwer genug zu finden sind.
Wegbeschreibung
Zur Bodigbergalm

Der Bus hält in Bayerwald ein Stück westlich der Trifthütte, bei der unser Weg zur Bodigbergalm startet. Statt entlang der Straße kann man auch direkt am Weißachufer auf Trampelpfaden zur Trifthütte zurücklaufen.
Mit der Inbetriebnahme der staatlichen Saline in Rosenheim im Jahr 1810 wurde das waldreiche Einzugsgebiet der Weißach massiv für die Holztrift erschlossen. Die Wälder waren in der Säkularisation vom Kloster Tegernsee an den bayerischen Staat gefallen. An den Seitenbächen der Weißach gab es überall Klausen, beispielsweise am Totengraben, den die Wanderung später noch streift. Über die Mangfall gelangte das Brennholz vom Tegernsee nach Rosenheim.
An der Trifthütte1 überqueren wir die Weißachbrücke und schlagen den Wirtschaftsweg zur Bodigbergalm ein. Dieser kreuzt noch einen ausgeschilderten Talwanderweg und hält sich vorerst Richtung Süden. Die großartige Landschaft mit Bächen, Wasserfällen und Schluchten lenkt gut von der monotonen Trasse ab.Besonders beeindruckt der wilde Totengraben, durch den ein alter Triftsteig führt. Aber das ist eine andere Tour.Wenn man dann an einer idyllisch gelegenen Diensthütte mit Stauweiher vorbeikommt, ist die Bodigbergalm nicht mehr weit.
Auf den Reitstein

An der Bodigbergalm2 endet die Ausbaustrecke. Zehn Hütten standen hier laut der Bayerischen Uraufnahme einst. Heute gibt es noch eine Dienst- und eine Jagdhütte.
Eine zunächst deutliche Spur steuert von der Bodigbergalm das Stacheleck an und gabelt sich gleich an einem Bach auf. Ich versuchte es mit dem rechten, also westlichen Ast. Zwei Wanderer hinter mir entschieden sich für den linken. Sie kamen ebenfalls oben an. Selbst wenn der Pfad mitunter schlecht zu erkennen ist, verliert er sich doch niemals völlig. Leicht ansteigend umrundet er das Stacheleck in einem teils steilen Hang bis zu einem alten Jägerstand. Von dort leitet er mit ein paar Serpentinen in den Sattel zwischen Stacheleck und Reitstein.

Aus dem Sattel hinter dem Stacheleck gelangen wir über den buckligen, licht bewaldeten Rücken schnell zum Reitstein3 im Süden.
Den Gipfel markiert ein schlichtes Holzkreuz. Außerdem gibt es mehrere Grenzsteine. Neben den einfach gehaltenen von 1844 steht am Reitstein auch ein sehr schönes altes Exemplar von 1557 mit den Wappen von Bayern und Tirol. Wenige Meter südöstlich des Gipfels liegen die verwitterten Holzreste einer zusammengefallenen Jagdhütte herum. Der Blick zum Guffert ist prachtvoll.
Als Reuten bezeichnete man früher die gründlichste Art der Rodung, bei der auch die Wurzelstöcke ausgegraben wurden. Die Urbarmachung durch Rodung schlug sich in vielen Ortsnamen nieder. Neben Reut existieren zahlreiche Varianten wie Kreut, Reit, Raut, Roit oder Roint, teilweise auch mit th geschrieben. Mehr Info
Grenzwanderung zum Platteneck

Der in regelmäßigen Abständen mit Grenzsteinen gekennzeichnete Streifen zwischen Bayern und Tirol ist fast baumfrei. Also wandert man durch diese Schneise einfach von Grenzstein zu Grenzstein. Dass sie alle von 1844 stammen, hat einen Grund. Damals klärten Bayern und Tirol strittige Grenzfragen in einem Vertrag. Viele Steine wurde neu gesetzt. Zuerst geht es etwas abwärts, dann gemütlich ansteigend zur Hochfläche des Plattenecks. Einen ausgeprägten Gipfel sucht man dort vergeblich. Die Plattenalm4 duckt sich auf der bayerischen Seite in eine Mulde, während die Grenze als deutliche Schneise durch den Wald in Luftlinie den Blaubergkamm anvisiert.
Abstieg zur Königsalm

Ab der Plattenalm geht es einer dünnen Spur folgend grob Richtung Nordosten. Es ist nicht gleich klar, welches der Steig zur Königsalm ist. Man muss achtgeben, nicht auf denjenigen hinüber zum Schildenstein zu geraten, außer man möchte diesen Gipfel tatsächlich auch noch mitnehmen. Der Steig zur Königsalm verläuft anfangs hangparallel durch eine Latschengasse und zieht sich danach einen Rücken hinab. Unten über eine Weide und rechts zum herrschaftlichen Gebäude der Königsalm5, welches sich hinter einer Kuppe verbirgt. Der Name der Alm und das herrschaftliche Gebäude erinnert an die Zeit, als König Maximilian I. in der Gegend auf die Jagd ging.Wer wieder zum Ausgangspunkt an der Trifthütte zurückmuss oder zur Bushaltestelle Klamm möchte, kann nun von der Königsalm bequem nach Klamm absteigen.
Über das Graseck nach Wildbad Kreuth
Trotz Gegenanstiegs ist es lohnender, von der Königsalm noch zum Aussichtsplatz am Graseck6 hinaufzuwandern, statt die Kiesstraße nach Klamm zu nehmen.
Vom Graseck gibt es einen Schleichweg nach Siebenhütten. Die Schilder oben verraten den versteckten Pfad nicht, der genau hinter der Brotzeitbank beginnt. Er überquert den Gerlosbach oberhalb eines Wasserfalls und mündet später im Gerlosgraben in einen Forstweg. Man erreicht auf diesem romantischen, kaum genutzten Abkürzer den beliebten Wanderweg von Siebenhütten nach Wildbad Kreuth.
Wer noch in Siebenhütten7 einkehren will, wendet sich rechts. Andernfalls gleich talauswärts und an der großen Kreuzung bei der Forellenzucht entweder rechts zur Bushaltestelle Wildbad Kreuth oder geradeaus zur Bushaltestelle Siebenhütten.
Mindestens seit Ende des Mittelalters ist die schwefelhaltige Heilquelle am Hohlenstein bekannt. Das dort errichtete Wildbad mit der Kapelle zum Heiligen Kreuz gehörte bis zur Säkularisation dem Kloster Tegernsee. 1818 erwarb es König Maximilian I. und ließ es zu einem noblen Kurbad ausbauen. Neben dem Heilwasser verwendete man bei der Kur auch Ziegenmolke. Kurhaus und Sanatorium wurden 1973 geschlossen. Wildbad Kreuth befindet sich bis heute im Besitz der Wittelsbacher. Mehr Info