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Wendelstein (1838 m)

Die schönsten Wanderwege und Streifzüge

Weil der Wendelstein ein recht touristischer Berg ist, machen manche lieber einen großen Bogen um ihn. Dabei gibt es dort wirklich wunder­schöne, landschaftlich sehr vielfältige Möglich­keiten zum Wandern. Sogar ein paar ruhigere Steige lassen sich finden. Neben dem Wendel­stein selbst bieten auch die Nachbar­gipfel reichlich Material für interessante Touren.
Stand:

Kurzbeschreibung zum Gebiet

Lage und Charakter

Von Osten betrachtet erschließt sich der Gipfel­aufbau des Wendelsteins am besten.

Der Wendelstein erhebt sich als markanter, weithin sichtbarer Felsklotz zwischen dem Leitzachtal, dem Inntal und dem Alpen­vorland. Er gehört zum Gebiet der Bayerischen Voralpen, genauer gesagt zu deren östlicher Unter­gruppe, dem Mangfall­gebirge.
Als einer der bekanntesten Berge Deutsch­lands besitzt der Wendel­stein eine große touristische Anziehungs­kraft. Er ist aber auch ein Ort der Wissen­schaft und Forschung, von der Geologie über die Meteorologie bis zur Astronomie. Seine Antenne versorgt das Alpen­vorland mit Fernseh- und Radio­programmen. Sogar als Filmkulisse diente er schon. Einige Szenen der Komödie Wer früher stirbt ist länger tot von Rosenmüller spielen in der Zahnradbahn und im Sender.

Bahnen, Schutzhütten und Almen

Von der Zugspitze einmal abgesehen ist der Wendelstein der am stärksten erschlossene Berg der Bayerischen Alpen und verfügt über eine hervor­ragende alpine Infrastruktur. Für manchen Geschmack eher zu viel als zu wenig.
Die Wendelsteinbahn betreibt ganzjährig die Zahnrad­bahn von Brannen­burg und die Kabinen­bahn von Osterhofen. Sehr praktisch sind die im Sommer­halbjahr verkehrenden Busse der Wendelstein-Ringlinie. Sie klappern viele wichtige Start- und Zielpunkte zum Wandern ab.
Für Übernachtungen stehen die Mitteralm (DAV)1 an der Mittel­station der Zahn­rad­bahn, das Breitenberghaus2 der Natur­freunde oberhalb von Brannen­burg und die Kesselalm3 am Breitenstein zur Auswahl. Alle drei öffnen auch im Winter. Das Wendelsteinhaus4, ursprünglich ebenfalls eine Schutz­hütte, ist heute nur mehr ein Restaurant ohne Unterkunft. Wer seinen Proviant mitbringt, kann von Mai bis November am Wochenende auf der Aiblinger Hütte (DAV Selbstversorger)5 nächtigen.
Bei einigen Almen bekommt man während der Weide­saison außerdem Getränke und Brotzeiten, darunter die Reindleralm6 oder die Wendelsteinalm7.

Wendelstein-Streifzüge

Für eine Wanderung auf den Wendelstein sollte man sich zunächst einmal die so genannten Wendelstein-Streifzüge genauer ansehen. Diese insgesamt fünf Themen­wege entstanden auf Basis bestehender Wander­wege. Sie fassen die schönsten Routen am Wendelstein zu einem Gesamt­konzept zusammen. Die Eröffnung fand 2020 statt.
Neben den vier Aufstiegen von Fischbachau, Bayrischzell, Brannen­burg und Bad Feilnbach gehört auch der Panorama­weg um den Gipfel dazu. Die vier Streifzüge vom Tal treffen sich beim Wendel­stein­haus am Angerl. Dort schließt sich jeweils der fünfte Streifzug zur Geologie mit dem finalen Gipfel­aufstieg und der Umrundung an.

Bitte beachten, dass die Streifzüge nicht für winterliche Bedingungen geeignet sind! Der Gipfel­aufstieg über den Kapellen­steig sowie der Panorama­weg um den Gipfel sind bei Schnee und Eis gesperrt. Sie bleiben es auch im Frühjahr bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten.

Weitere schöne Wege

Ebenfalls lohnend sind die Aufstiege von Oster­hofen und dem Sudel­feld. Sie verlaufen jeweils über die Wendel­stein­alm, genauso wie die Wege von Bayrisch­zell. Ab der Alm sind sie dann alle identisch. Zusammen mit den Streif­zügen bilden diese die sechs Haupt­routen, zu denen es noch einige Varianten gibt.
Für Ausdauernde sehr zu empfehlen ist die große Wendelstein-Über­schreitung vom Inntal ins Leitzachtal oder umgekehrt, inklusive Rampoldplatte und Hochsalwand.
Eine wenige beachtete Variante zum Weg von Brannenburg führt ab der Mitter­alm durch das Gschwandt und das Soin zur Zeller Scharte. Diese teils einsame Wanderung ist land­schaftlich besonders schön.

Karsthöhlen

Im Gipfelaufbau des Wendelsteins und auch in seiner näheren Umgebung existieren Reste eines nicht mehr aktiven Karst­gebiets. Es fiel bereits vor Jahr­millionen trocken, als es bei der Entstehung der Alpen angehoben wurde.
Das interessanteste Überbleibsel des Karstgebiets ist die Wendelstein­höhle. Sie kann im Sommer­halbjahr gegen einen geringen Eintritt selbst­ständig besichtigt werden. Weitere Karst­objekte sind die beiden Schächte der Wetterlöcher, eine Höhlenruine an der Reindler Scharte direkt neben dem Wanderweg und die Großdoline an der Reindleralm.

Kurze Historie

Ehemaliger Stangensteig durch den Kamin hinter dem Schartenkopf.

Lange Zeit war die winzige Wendelinkapelle auf dem Gipfel das einzige Bauwerk am Wendel­stein. Sie stammt von 1718.
Als König Maximilian II. den Gipfel 1858 von Bayrischzell aus bestieg, fand er noch einen touristisch unerschlos­senen Berg vor. Er wanderte zur Wendel­stein­alm und von da weiter durch die Zeller Scharte. Auf den Gipfel gelangte er über den heute fast vergessenen Steig von hinten über die Reindler Scharte, damals der einzige Zugang. Der markierte König-Maximilian-Weg von Bayrischzell erinnert an das Ereignis.
Im Jahr 1882 gründeten bergbegeisterte Münchner den Verein Wendelstein­haus mit dem Ziel, ein Unterkunfts­haus zu errichten. Die Umsetzung erfolgte bereits ein Jahr später. Mehrere Alpenvereins­sektionen finanzierten den Bau mit, darunter die Sektion Rosenheim, zu deren Gebiet der Wendelstein gehört. Das Wendelstein­haus war bald zu klein und wurde schon 1887 durch ein größeres Gebäude ersetzt. Im selben Jahr entstand der Kapellen­steig durch die Südwand, welcher den nicht mehr vorhandenen Stangen­steig ersetzte. Der in den Fels gesprengte, betonierte und mit Geländer gesicherte Kapellensteig bildet heute den Normalweg zum Gipfel.

Als nächstes Bauwerk folgte 1890 das Kircherl, Deutschlands höchste Bergkirche. Seit 1912 fährt die Zahnrad­bahn von Brannenburg zum Angerl, ein Projekt des Industrie­pioniers Otto von Steinbeis (1839–1920). Nach einer längeren Pause kam 1939 das Observatorium auf dem Gipfel dazu, das immer wieder erweitert wurde, 1954 die Sende­anlage des Bayerischen Rundfunks, 1962 die inzwischen geschlossene Wetter­station und 1970 schließlich die Seilbahn, um den steten Zuwachs an Touristen zu bewältigen.

Exkurs zum Namen des Wendelsteins

Woher der Name Wendelstein kommt, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden. Urkundlich taucht der Berg bereits vor 450 Jahren als Wendelstain auf der Bayerischen Landtafel 22 von Philipp Apian auf.

Zur Bedeutung des Namens kursieren teils abenteuerliche Thesen, etwa dass er auf den Vieh­heiligen Wendelin zurückgehen würde oder mit den Wenden zu tun hätte. Wenden nannte man früher die Slawen.
Die Volks­etymologie löste das Problem mit einer Sage, die vermutlich durch die Bergbau­aktivitäten der Venediger­mandl beeinflusst wurde. Demnach lebten am Berg freundliche, hilfsbereite Männlein, die verirrten Hirten halfen und liegen gebliebene Arbeiten auf den Almen erledigten. Als jedoch gierige Menschen aus dem Tal die Schätze der Bergmandl aus den Höhlen stehlen wollten, verwandelten diese ihr Gold und ihre Edel­steine in Eisenstein. Somit wäre der Wendelstein also ein verwandelter Stein.

Recht plausibel erscheint die Theorie, dass der schnecken­haus­förmige Gipfel­aufbau an eine Wendel­treppe erinnerte. Treppen­türme mit Wendel­treppen werden auch Wendel­steine genannt. Ein eher akademischer Berg­name, aber wer weiß, im 11. Jahr­hundert gab es in Bayrischzell eine Mönchs­zelle der späteren Benediktiner von Scheyern. Sie könnten einen steinernen Treppenturm gekannt haben.
Ebenfalls möglich wäre außerdem ein Bezug zur Sonnenwende, entweder als Orientierungs­punkt zu ihrer Berechnung oder als Ort, an dem Sonnwendfeuer abgebrannt wurden.