1. Berchtesgadener Alpen
  2. Reichenhaller Berge

Lattengebirge

Wandern im Reich der Schlafenden Hexe

Das zwischen Bad Reichenhall, Berchtesgaden und Ramsau gelegenen Lattengebirge bietet Bergwanderern ein breites Betätigungsfeld mit gemütlichen bis anspruchsvollen Touren. Es begeistert vor allem durch seine Ursprüng­lichkeit, seine wild­romantischen Gräben, die kühlen Bergbäche und die sonnigen Kiefern­wälder. Dank der vielen abwechslungs­reichen Steige ist jede Wanderung von Anfang bis Ende ein Genuss.
Stand:

Ruhige Wanderungen auf stillen Wegen

Kurzbeschreibung zum Gebiet

Lage und Charakter

Felsiger Kamm vom Keilkopf über den Mottkopf zu den drei Rotofenspitzen auf der Nordseite des Lattengebirges.

Das Lattengebirge gehört zu den Berchtes­gadener Alpen ganz im Südosten Bayerns. Es ist ein recht kompaktes Bergmassiv, das sich zwischen den Chiemgauer Alpen im Westen und dem Untersberg im Osten erstreckt, begrenzt durch das Saalachtal auf der einen und das Bischofswieser Tal auf der anderen Seite. Im Norden liegt der weitläufige Reichenhaller Talkessel, im Süden schließen sich die alpinen Gebirgsstöcke von Reiter Alm, Hochkalter und Watzmann an.
Angesichts dieser Umgebung wirkt die Höhe des Lattengebirges bescheiden. Am Karkopf erreicht es gerade einmal 1738 Meter.

Von dem mit Seilbahn, Bergrestaurant und Almeinkehr ausgestatteten Predigtstuhl einmal abgesehen wurde der zentrale Teil des Lattengebirges touristisch nur moderat erschlossen. Viele schöne Wanderwege gibt es aber natürlich trotzdem. Schutzhütten existieren keine. Die meisten Ausflugs­wirtschaften und bewirteten Almen liegen in dem niedrigen, landschaftlich eher unattraktiven Bereich um den Götschenkopf und den Toten Mann.

Spannende Steige, lohnende Gipfel

Im Lattengebirge gibt es relativ wenige Forststraßen. Auf den Wanderungen hat man daher meist von Beginn an reizvolle Steige oder allenfalls kurze Forst­straßen­passagen. Für die bayerischen Alpen ist das schon wirklich ungewöhnlich. Sehr abwechslungs­reich sind unter anderem der Alpgartensteig bei Bayerisch Gmain und der Waxriessteig bei Bad Reichenhall.

Der Predigtstuhl als bekanntester Gipfel der Gruppe wurde bereits erwähnt. Doch man muss für eine tolle Aussicht gar nicht mal so weit bergauf steigen. Der Dötzenkopf beispielsweise lässt sich in einer Halbtages­wanderung erreichen, das Freimahder Köpfl ebenfalls.

Erlebniswege

Im Jahr 1817 wurde die Soleleitung von Berchtesgaden nach Bad Reichenhall eröffnet. Anders als die heutige Strecke über Hallthurm führte diese weiter westlich durch das Schwarzbachtal zwischen dem Lattengebirge und der Reiter Alm. Erst nach einer Grenz­bereinigung mit Österreich konnte man sie auf die Ostseite verlegen. Entlang der alten Strecke verläuft bei Raumsau der aussichts­reiche Soleleitungsweg, der aus dem Betriebsweg zur Wartung hervorging.
Ebenfalls um das Salzwesen sowie um die Lokal­geschichte und natur­kundliche Themen dreht sich der gemütliche Wald-Idyll-Pfad am Maisweg bei Bayerisch Gmain. Er ist gut für Familien mit kleinen Kindern geeignet.
Gleich mehrere urige Almen, teils mit Brotzeiten, liegen auf dem Almerlebnisweg, von dem man zugleich eine großartige Perspektive auf die wilde Berchtesgadener Bergwelt genießt. Auf jeden Fall eine der besten Wanderungen bei Ramsau.

Geologische Besonderheiten

Verantwortlich für die landschaftliche Vielfalt des Lattengebirges ist dessen geologischer Aufbau. Wie beim Untersberg und der Reiter Alm besteht der Unterbau aus Ramsau­dolomit, der vom Dachsteinkalk überlagert wird.
Der spröde Ramsau­dolomit verwittert ähnlich dem Hauptdolomit zu recht bizarren Türmen und Zacken, teilweise bildet er regelrecht kunstvolle Skulpturen aus, wie die so genannte Steinerne Agnes. Dieses außergewöhnliche Geotop sollte man unbedingt einmal gesehen haben.
Auf den trockenen, oft sonnigen Fels­standorten im Ramsau­dolomit wachsen außerdem sehr schöne lichte Schneeheide-Kiefernwälder. Die Bestände im Lattengebirge zählen zu den umfangreichsten und bedeutendsten in Bayern.
Der Dachsteinkalk in der oberen Etage verkarstet sehr gut, ganz im Gegensatz zum Dolomit. Die Dolinen­reihen auf der Anthauptenalm1 und die Karstgruben der Eheblößwiesen2 ganz im Süden lassen vermuten, dass der Untergrund stark unterhöhlt ist.
Weitere sehenswerte Geotope sind das Naturdenkmal Taubensee3 mit unterirdischen Quellen sowie der Bergsturz am Pass Hallthurm4, wo man neben den Sturzblöcken auch die ehemalige Grenz­befestigung Hallthurm besichtigen kann.

Exkurs zum Namen des Lattengebirges

Als Ursprungsort des Namens gilt der dicht bewaldete Lattenberg auf der Nordseite zwischen Weißbach und Rötelbach. Von dort übertrug sich die Bezeichnung auf den gesamten Gebirgsstock. Vermutlich ist Latte wörtlich zu verstehen und hängt mit der Waldnutzung zusammen. Laut dem Historiker Julius Miedel wuchs auf dem Berg vorwiegend Jungholz, das zu Latten und Stangen verarbeitet wurde.

Auf Grund seiner markanten Silhouette, die einer auf dem Rücken ruhenden Frau ähnelt, heißt das Lattengebirge im Volksmund auch Schlafende Hexe. Die Rotofen­zacken im Nordosten bilden Nase, Kinn und Brust der Hexe. Der Große Rotofenturm für sich genommen wird außerdem Montgelasnase genannt, weil er an die Nase des bayerischen Staatsmanns erinnert.