Herzogstand (1732 m) über Rauteckkopf
Geheimtipp von Schlehdorf
Mitten durch die zerklüftete Nordseite von Herzogstand und Heimgarten führt eine versteckte Route. Sie verläuft über einsame Almen, durch enge Latschengassen und über den unbekannten Rauteckkopf. Oben kommt man am Schlehdorfer Kreuz heraus. Die übrige Wanderung ist ein Klassiker.
Stand:

Der Gratweg zwischen Herzogstand und Heimgarten ist die vielleicht schönste Wanderstrecke in den Kocheler Bergen. Auf der eine Seite liegt der Kochelsee, auf der anderen der Walchensee. Diese geniale Perspektive lockt die Bergfreunde in Scharen an. Viele nehmen die Herzogstandbahn, den Reitweg oder steigen von Ohlstadt über die Bärenfleckhütte auf.
Kaum jemand ahnt, dass man auch von Norden über den Rauteckkopf zum Gratweg gelangen kann. Diese interessante Route ist nicht einmal schwer, was angesichts des stark zerklüfteten, scheinbar unzugänglichen Felsgeländes wirklich erstaunt. Sollte man diesen Aufstieg also besser geheimhalten? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Spätestens seit der Alpenverein die Tour in der Ausgabe 4/2017 des Alpinwelt-Magazins veröffentlichte, stellt sich die Frage aber ohnehin nicht mehr.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die Wanderung ist insgesamt nicht besonders schwer oder gefährlich. Trotzdem kommt es sowohl auf dem Gratweg als auch am Pioniereweg immer wieder zu schwere oder sogar tödliche Bergunfälle. Man sollte also auf den schmalen und etwas ausgesetzten Steige schon trittsicher unterwegs sein.
Für den unmarkierten und teilweise weglosen Aufstieg zum Schlehdorfer Kreuz bedarf es einer guten Orientierungsgabe, sonst könnte der Ausflug im Unterholz oder dem Latschendickicht enden.
Außerdem unbedingt genug Zeit einplanen. Erstens ist die Strecke sehr weit und zweitens muss man eventuell an der ein oder anderen Stelle suchen, wo es weitergeht.
Wegbeschreibung
Von Schlehdorf zum Pionierweg
Die erste Stunde folgt man ab Schlehdorf ganz einfach dem regulären Weg für den Herzogstand. Das Ziel wirkt noch fern, während es im Westen des Kochelsees über die Wiesen der so genannten Raut geht. Raut ist ein Rodungsname und mit dem Wort reuten verwandt.
Nach einigen Kilometern bleibt der See hinter uns, während die Forststraße am Jochfleck1 in den Wald eintaucht. Links zweigt der Jocher Höhenweg ab. Ein Stück weiter sind wir dann mit dem Pionierweg dran. Theoretisch könnte man auch auf der Forststraße bleiben und später von Westen zur Rauteckalm aufsteigen, doch das wäre ein riesiger Hatscher.
Unteraueralm

Wir folgen nun kurz dem Pionierweg, der 1892 auf Initiative der DAV-Sektion München von einem bayerischen Pionierbataillon unter dem Kommando von Adalbert Neischl (1853–1911) angelegt wurde. Die Pioniere bauten mehrere spektakuläre Holzbrücken über die Gräben. Heute kommt der Pionierweg dagegen fast ohne Brücken aus. Der erste Graben, den der Pionierweg kreuzt, heißt Teufelsgraben. Kurz bevor der Weg in den Graben biegt, hält man nach einer Pfadspur Ausschau. Mit dieser beginnt der unbezeichnete Tourabschnitt. Die Spur windet sich neben dem Teufelsgraben im Zickzack bergauf und dreht bald nach links zur Unteraueralm2. Die hübsch gelegene Hütte wird nur noch privat genutzt.
Rauteckalm

Wir begeben uns auf der Lichtung der Unteraueralm in die rechte obere Ecke. Von da gibt es eine Verbindung zur Rauteckalm. Der oft feuchte Steig durch den Wald ist gut zu erkennen und verläuft ohne großen Höhengewinn westwärts. Auf der heimeligen Lichtung der ehemaligen Rauteckalm3 steht eine urige Jagdhütte in Blockbauweise. Ab da existiert kein Pfad mehr, doch es sind noch vereinzelt Begehungsspuren zu sehen, die wohl von den Jägern stammen. Von der Jagdhütte geht es links durch eine Schneise hinauf zur oberen Almlichte, wo sich erstmals eine gute Aussicht zum Kochelsee und ins Alpenvorland bietet.
Schlehdorfer Kreuz über Rauteckkopf
Über der Rauteckalm so gut wie möglich dem Unterholz ausweichen, bis man an einer Geländekante steht. Diese Kante gibt nun die Richtung vor, wobei die Latschen das ein oder andere Mal den Weg versperren. Ein schwacher Pfad hilft, die Durchschlupfe zu finden. Bald wird dann der Rauteckkopf4 erreicht. Er ist so unscheinbar, dass man ihn glatt übersehen könnte.
Eine freigeschnittene Latschengasse leitet vom Rauteckkopf über einen Rücken direkt zum Schlehdorfer Kreuz5 empor. Die letzten Meter sind steil und felsig. Oben am Grat endet das abseitige Abenteuer.
Gratweg zum Herzogstand

Am Schlehdorfer Kreuz muss man sich zwischen dem Heimgarten und dem Herzogstand entscheiden. Letzterer ist die bessere Wahl, weil man so den schöneren Rückweg hat. Auf dem Gratweg herrscht oft viel Betrieb. Kein Wunder bei der Aussicht. Einige Stellen sind gesichert.
Am Herzogstand6 oben gibt es ein paar interessante Details zu beachten. Das auffälligste Merkmal ist der hölzerne, leider etwas heruntergekommene Pavillon. Er wurde neu errichtet, nachdem der ursprüngliche Pavillon von König Ludwig II. durch Blitzschlag abgebrannt war. Die massiven Betonfundamente daneben stammen von einem Bunker. Mehrere Stahlverankerungen im Gipfelbereich zeugen außerdem von der Bergantenne, die sich bis 1934 am Herzogstand befand. Schautafeln informieren über die Geschichte der Funkstation.
Der Herzogstand wurde benannt zu Ehren des bayerischen Herzogs Wilhelm IV. (1493–1550), der dort gerne auf die Jagd ging. Die herzogliche Jagdgesellschaft nutzte das Kloster Benediktbeuern als Stützpunkt. Der Abt musste die kostspieligen Einquartierungen und die Jagd in den klösterlichen Wäldern dulden. Der ursprüngliche Name des Herzogstands war Farchenberg. Er blieb beim Fahrenbergkopf erhalten. Farche bedeutet Föhre. Diese Baumart dominiert den Wald auf der Südseite. Mehr Info
Abstieg auf dem Pionierweg

Vom Herzogstand schlängelt sich der Wanderweg in gemütlichen Serpentinen durch ein großes Latschenfeld bergab und führt unter dem Martinskopf hinüber zum Herzogstandhaus7. Ab da wandern wir auf dem zur Kiesstraße ausgebauten ehemals königlichen Reitweg von Maximilian II. weiter talwärts. Nach der Schlehdorfer Alm wird die steile Skiabfahrt gerne als Abkürzung genutzt. Nicht ideal für die Vegetation, aber in den Karten offiziell so eingetragen.
Schließlich treffen wir bei der Lichtung Am Alple8 auf das obere Ende des Pionierwegs. Der Reitweg dreht dort rechts nach Urfeld. Jenseits der sumpfigen Grasfläche Am Alple durchquert der Pionierweg den Grenzgraben. Das ist der erste von mehreren Bächen, die allerdings oft trocken fallen. Nach dem Aussichtspunkt an der Neischl-Rast9 erfordert das abschüssige Gelände erhöhte Aufmerksamkeit. Es kommen noch der Schönraingraben und schließlich der Teufelsgraben, hinter dem der Weg vom Aufstieg her bereits bekannt ist.
Tipp: Auf dem Kochelsee verkehrt im Sommerhalbjahr ein Ausflugsboot. Während der Fahrt hat man eine schöne Perspektive auf die umliegenden Berge und erfährt interessante Details über den Kochelsee.