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Wendelstein (1838 m) via Hochsalwand

Überschreitung von Brannenburg nach Bayrischzell

Von Brannenburg im Inntal führt diese einmalig schöne Wanderroute über die Hochsalwand und den Wendelstein bis hinüber nach Bayrischzell im Leitzachtal. Dabei genießt man von Anfang bis Ende eine großartige Aussicht, braucht aber auch eine wirklich stramme Kondition. Das Inntal liegt nämlich ziemlich tief und hinzu kommt noch der zusätzliche Anstieg zur Hochwalwand. Doch angesichts der vielseitigen Landschaft lohnt sich die Anstrengung auf jeden Fall.
Stand:

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Wendelstein
Der Wendelstein dominiert das Panorama am Gipfel der Hochsalwand.

Auf dieser außergewöhnlichen Kammwanderung geht es mitten durch das Herz der Wendelstein­gruppe. Die Tour verbindet das Inntal mit dem Leitzachtal und über­schreitet dabei mehrere Gipfel von der Rampoldplatte über die Hochsalwand bis zum Wendelstein selbst.Kaum eine andere Route bietet derart viele unterschiedliche Perspektiven auf den berühmten bayerischen Ausflugsberg.Obwohl es anders herum mit Start in Bayrischzell gut 300 Höhenmeter weniger wären, spricht einiges für die vorgeschlagene Richtung. Denn so hat man unterwegs stets den Wendelstein vor Augen und muss sich nicht zu ihm umdrehen.
Bitte unbedingt beachten, dass die Tour in dieser Form nur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln machbar ist. Wer am Ende nach Brannenburg zurückmuss, nimmt am besten die Wendelstein-Ringlinie.

Tourcharakter und Schwierigkeit

1600 1270 hm 20 km6:50 h

Anspruch ■■■■■■ T3
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■

Die Wanderung stellt vor allem hohe Ansprüche an die Ausdauer, besonders was die Höhenmeter betrifft. Wer am Wendelstein merkt, dass es zu viel wird, kann immerhin mit der Seilbahn oder der Zahnradbahn zurück ins Tal fahren.
Angesichts der Tourlänge ist es angenehm, dass sich die Wege überwiegend einfach gestalten. Es gibt nur ganz wenige felsige und leicht ausgesetzte Stellen, mit denen trittsichere Wanderer sicher kein Problem haben.

Bei Nässe weicht der Boden teilweise schnell auf und einige Passagen werden schmierig.
Von der Reindleralm hinauf zur Zeller Scharte ist im Frühling noch lange mit Schneefeldern zu rechnen. Der Aufstieg wird dadurch sowohl mühsam als auch gefährlich.

Wegbeschreibung

Zum Wanderparkplatz Sagbruck

Durch Brannenburg hindurch nutzt man am schönsten den Fußweg entlang des Kirchbachs, statt auf der Bahnhofstraße ins alte Ortszentrum mit der Kirche zu laufen. Man verlässt also den Bahnhof nach Süden zur Wendelsteinstraße, die zum Kirchbach leitet. Neben dem Kirchbach fuhr bis 1961 die Wendelstein-Zahnrad­bahn, bis dieser Strecken­abschnitt stillgelegt wurde. Nach gut zwei Kilometern geht es am Bach nicht mehr weiter, weil ein Anwesen das Ufer versperrt. Dort rechts auf die Straße hinaus und über das Gehöft von Lechen zum Wanderparkplatz Sagbruck1.

Schlipfgrubalm und Schuhbräualm

Schuhbräualm
Blick über die Schuhbräualm zum Sulzberg.

Die Kiesstraße vom Parkplatz Sagbruck zur Schuhbräualm lässt sich anfangs ein Stück abschneiden, wobei das oft recht batzig ist. Schon bald taucht dann die Schlipfgrubalm2 auf. Sie liegt idyllische auf einer sonnigen Lichtung zwischen dem Sulzberg und der Farrenpoint, zwei eher unscheinbar wirkende Berge, die aber trotzdem sehr lohnend sind.
Eine Zeit lang folgt die Kiesstraße nach der Schlipfgrubalm noch dem Kirchbach, der auf der eintönigen Strecke für etwas Abwechslung sorgt. Die Abzweigung zum Breitenberghaus bleibt links liegen. Nach der ehemaligen Winterstube der Holzknechte, heute eine forstliche Diensthütte, wird es steiler. An der Schuhbräualm3 ist die Hatscherei auf den Wirtschafts­wegen überstanden und es gibt endlich eine richtige Aussicht.

Rampoldplatte und Hochsalwand

Breitenstein
Im Westen ist der Breitenstein zu sehen.

Von der Schuhbräualm zieht sich ein ausgefranster Steig durch die Weide zur Rampoldalm hinauf. Bei der Hütte der Rampoldalm kurz rechts und über den Nordwestrücken zum Gipfel der Rampoldplatte4 empor. Wer noch nicht rasten will, kann den Gipfel umgehen.
Hinter der Rampolplatte kommt als Nächstes die langgezogene Lechnerschneid, von der man einen tollen Tiefblick in den Kessel der Lechneralm hat. Vor dem schroffen Lechnerkopf weicht der Steig in die schattige Nordwestflanke aus, wo es oft feucht und rutschig ist. An einer felsigen Stelle hilft ein Drahtseil. Nach einem kurzen, anstrengenden Anstieg wird der Kamm erreicht. Von da sind es nur mehr wenige Minuten zum Gipfel der Hochsalwand5. Der Rundumblick lässt keine Wünsche offen.

Von der Hochsalwand kann man schön die Zahnradbahn beobachten, welche gegenüber durch die felsigen Nordabbrüche der Soinwand fährt. Erbaut wurde sie in den Jahren 1910 bis 1912 und damit knapp zwei Jahrzehnte vor der Zugspitzbahn. Treibende Kraft hinter der Unternehmung war der in seiner Brannenburger Wahlheimat lebende Industriepionier Otto von Steinbeis (1839–1920). Ihm gelang es Prinzregent Luitpold von der Idee zu überzeugen.
Man wählte eine komplizierte, dafür aber lawinensichere Streckenführung. Sieben Tunnel wurden durch den Fels gesprengt, Galerien angelegt und zahlreiche Brücken errichtet. Für die damalige Zeit stellte das eine gewaltige Ingenieurs­leistung dar. Die eingesetzte Technik zur Stromerzeugung gilt selbst aus heutiger Sicht noch als wegweisend, weil dazu neben der Wasserkraft auch die Bremsenergie der bergab fahrenden Züge genutzt wird.

Über die Reindleralm in die Reindler Scharte

Hochsalwand
Rastplatz an der Reindleralm mit Blick zur Hochsalwand.

Als nächstes Etappenziel steht die Reindleralm an. Der Steig von der Hochsalwand zur Reindleralm ist landschaftlich sehr reizvoll, aber auch ziemlich holprig. Anfangs verläuft er am Grat entlang. Dort wachsen teils skurrile Wetterfichten, die offenbar mit recht unwirtlichen Bedingungen zu kämpfen haben. Bald verlässt der Steig dann den Grat und quert durch den Südhang der Haidwand zur Reindleralm6, wobei wir ungefähr 200 Höhenmeter abgeben müssen.
Bei der Reindleralm geht es um eine große Doline herum. Es besteht sicherlich ein Zusammen­hang mit den Karst­höhlen am Wendelstein, die dort innerhalb des Wetter­stein­kalks auftreten. Aktiv ist das Karstgebiet schon lange nicht mehr. Zwar findet natürlich noch Verkarstung statt, doch es gibt keine stark wasser­führenden Höhlen mehr. Die kreisförmig angeordneten Sitzwürfel bei der Doline gehören übrigens zum Brannenburger Künstlerweg, der vom Talbahnhof der Zahnradbahn heraufkommt.

Der gut befestigte Brannenburger Steig leitet nun steil bergauf Richtung Reindler Scharte und Zeller Scharte. Linker Hand versteckt sich im Gebüsch der Höhlenschacht des Unteren Wetterlochs, wohl so genannt, weil daraus Nebel aufsteigen kann. Das Obere Wetterloch sieht man später noch.
Beim Gleis der Zahnradbahn gelangt man in die Reindler Scharte, die zwischen dem relativ einsamen Soingebiet und dem Wendelstein liegt.

Alter Steig von der Reindler Scharte zum Wendelsteingipfel

Wendelstein
Der Wendelstein von Osten betrachtet. In der Bildmitte verläuft der Panoramaweg um den Gipfel.

Bei der Reindler Scharte nicht durch die Unterführung zur Zeller Scharte laufen, denn das wäre ein Umweg. Stattdessen wechselt man rechts auf einen unbezeichneten Steig. Er ist ein Überbleibsel des ursprünglichen, heute kaum mehr genutzten Aufstiegs. Nach hundert Metern neben dem Bahndamm schlängelt sich der Steig leicht ausgesetzt zum breiten Panorama­weg hinauf. Diesem folgt man gegen den Uhrzeigersinn.
Bald kommt der Höhlenschacht des Oberen Wetter­lochs. Im Rahmen der so genannten Wendelstein-Streifzüge wurde das Wetterloch über eine Stahlstiege besser einsehbar gemacht. Eine wirklich gute Idee.

Gemütlich und bei bester Aussicht erreichen wir wenig später den Wendelsteingipfel7. Eine Aussichts­platt­form umschließt das Gipfelkreuz und die über 300 Jahre alte winzige Wendelin­kapelle, nicht zu verwechseln mit dem Wendelstein­kircherl hundert Meter tiefer. Das große Gebäude nebenan ist die Universitäts-Sternwarte. Die Wetterstation am Gipfel wurde 2012 aus Kostengründen geschlossen.

Abstieg zum Wendelsteinhaus

Wendelsteinkircherl
Das 1890 erbaute Wendelsteinkircherl erstrahlt nach der umfangreichen Restaurierung von 2015–2017 wieder in altem Glanz.

Seit 1887 verbindet der durch den Fels gesprengte, betonierte und mit Geländer abgesicherte Kapellen­steig den Gipfel mit dem Wendelstein­haus. Bei wenig Gegen­verkehr gelangt man in wenigen Minuten hinunter. Der Vorgängerbau des Wendelstein­hauses entstand bereits 1883 als alpine Schutzhütte und entwickelte sich zu einem Besucher­magnet, so dass bald ein vergrößerter Neubau nötig war. Heute sind Über­nachtungen im Wendelstein­haus nicht mehr möglich, aber man kann einkehren. Nebenan steht seit 1890 die höchstgelegene Kirche Deutschlands. Das runde Gebäude an der Felswand gehört zur BR-Sendestation. Es stammt aus dem Jahr 1954. Ein Stück unterhalb hält die Zahnradbahn.

Wendelsteinhöhle: Ein Besuch in der geologisch äußerst interessanten Wendel­stein­höhle ist jedes­mal ein Erlebnis. Ihre weit­verzweigten Gänge waren einst Teil eines Karst­gebiets, das schon vor Millionen von Jahren trocken fiel. Der künstlich angelegte Eingang befindet sich neben dem Bahnhof der Zahnrad­bahn. Die Besichtigung erfolgt selbst­ständig. Schau­tafeln erläutern die geologischen Hinter­gründe. Im Winter ist die Höhle geschlossen.

Wendelsteinalm über Bocksteinscharte

Wendelstein
An der Südwand des Wendelsteins lässt sich sein komplexer geologischer Aufbau studieren. Die unterste Schicht bildet gebankter Wettersteinkalk. Darüber lagern Hauptdolomit und Muschelkalk.

Direkt neben der Seilbahnstation startet der Abstieg über die Wendelsteinalm nach Bayrischzell. Die ersten gut hundert Höhenmeter hinab in die Bocksteinscharte sind steil und geröllig. Zwischendrin zweigt zuerst ein Weg nach Bad Feilnbach und gleich darauf ein weiterer über die Spitzingalm nach Birkenstein ab. Wir halten uns jeweils links zur Wendelsteinalm.
Von der Bockstein­scharte quert der Steig unter den beeindruckenden Südabbrüchen des Wendelsteins ein Stück ostwärts. Aus der anderen Richtung stößt der Weg über die Zeller Scharte hinzu, der ebenfalls in Frage gekommen wäre.
Voraus breitet sich nun der liebliche grüne Kessel der Wendelsteinalm8 aus, auch Wendelsteiner Alm genannt. Auf der Alm verteilt stehen drei Hütten und ein Lifthäuschen. Ursprünglich waren es einmal fünf Kaser. Von den beiden abgegangenen existieren noch ein paar Mauerreste. Wegen der vielen Gebäude sprechen manche von den Wendelsteiner Almen im Plural. Doch das ist ein Missverständnis. Es handelt sich nur um eine einzige Alm, die aber von mehreren Bauern gemeinschaftlich genutzt wird. Jede Hofstelle besitzt ihre eigene Hütte.

Nach Bayrischzell

Wenige Meter oberhalb von Bayrischzell gibt es im Legerwaldgraben diese malerischen Gumpen.

Bei der untersten Hütte der Wendelsteinalm wählen wir den Abstieg geradeaus nach Bayrischzell, rechts über die Siglalm wäre auch okay, nur nicht links zum Sudelfeld. Nun unbedingt ein letztes Mal zum Wendelstein zurück­schauen, bevor der Weg in den Wald eintaucht. Unterbrochen von kleinen Lichtungen geht es auf einem guten Steig zügig talwärts. Manchmal kündigt das Knattern der Motorräder schon von Weitem die Sudelfeld­straße an. Die kurvige Passstraße ist Teil der Deutschen Alpenstraße. Der Wander­weg tangiert sie an einer Kehre oberhalb von Bayrischzell. Ganz zum Schluss kann man noch rechts beim Wasserfall im Legerwald­graben mit seinen einzigartigen türkisgrünen Gumpen vorbei­schauen. Auf der anderen Seite des Wasserfalls wandern wir dann nach Bayrischzell hinein. Die Kranzerstraße führt direkt zum Bahnhof.