Hohe Kisten (1922 m) über das Pustertal
Wanderklassiker im Estergebirge
Auf der Fahrt von Norden in Richtung Loisachtal fällt die Hohe Kisten mit ihrer markanten rechteckigen Form schon von Weitem auf. Da bekommt man unwillkürlich Lust, einmal hinaufzuwandern. Von den verschiedenen Aufstiegen bietet sich wegen seiner landschaftlichen Vielfalt besonders derjenige durch das Pustertal an.
Stand:

Für eine Wanderung auf die Hohe Kisten stehen gleich mehrere interessante Wege zur Auswahl, die jedoch alle ohne Ausnahme ziemlich weit sind. Die Via Alpina nutzt die Route durch das Pustertal. Damit liegt man also auf jeden Fall richtig. Ihren vollen Reiz entfaltet die Tour nach einem etwas letscherten Anmarsch allerdings erst ab dem idyllisch gelegenen Jagdhaus im Pustertal.Je höher man steigt, umso wilder, urtümlicher und zerklüfteter wird die Landschaft.Verantwortlich dafür ist der Unterbau des Estergebirges. Er besteht aus dem spröden Hauptdolomit, einem Gestein, das bizarre Felskulissen hervorbringt, aber auch für jede Menge Schutt sorgt, der das Vorankommen stellenweise beschwerlich macht.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Der mehrstündige Aufstieg durch das Pustertal zur Hohen Kisten erfordert eine Top-Kondition. Immerhin gibt es auf der Nordseite viel Schatten. Auch sind die Wege alle gut beschildert und markiert.Im Geröll des Pustertalkarls ist Trittsicherheit angenehm. Exponierte Stellen kommen keine vor. Nicht zu früh im Jahr unternehmen, weil oben im Pustertalkarl lange Altschnee drinliegen kann.
Wegbeschreibung
Zum Wanderparkplatz an der Urlaine

Wir begeben uns vom Eschenloher Bahnhof erst einmal südwärts ins Dorfzentrum. Dort lohnt eine Besichtigung der Rokokokirche St. Clemens. Sie ist eine der prachtvollsten weit und breit.
Auf der anderen Seite der eleganten Loisachbrücke muss man dann zunächst geradeaus in die Krottenkopfstraße und bei der darauffolgenden Gabelung kurz vor dem Wengererhof rechts in die Schellenbergstraße. Den Besuch an der Asamklamm heben wir uns besser für den Rückweg auf. In der Schellenbergstraße befindet sich oberhalb der Urlaine ein Wanderparkplatz.
Hahnbichlsteig ins Pustertal

Gleich nach dem Parkplatz kommt ein großer Holzlagerplatz1. Bei diesem wie beschildert spitz links in eine Forststraße laufen. Also nicht durch das Kiesbett der Urlaine. Das wäre nämlich der Weg ins Archtal. Nach 200 Metern auf der Forststraße heißt es rechts abzweigen.
Nun ist erst einmal Fleißarbeit angesagt. Mal breiter und mal schmäler, öfters auch batzig zieht sich der Hahnbichlsteig2 durch einen recht eintönigen Fichtenwald. An den vielen Verzweigungen stehen zum Glück überall Wegweiser, sonst könnte man sich durchaus vertun.
Im Gebiet der schon lange aufgegebenen Schellenbergalm unterhalb des Elferköpfls biegt der Steig dann ins Pustertal, wo der Wald lichter wird. Es folgt noch eine längere Querung durch einen steilen Hang, wobei mehrere Gräben gekreuzt werden.
Im Zentrum des Pustertals steht das Pustertal-Jagdhaus3 auf einer einnehmend schönen Lichtung. Die beiden Gebäude gehen auf die Pustertalalm zurück. Sie gehörte ursprünglich zu den heute nicht mehr vorhandenen zwei Höfen vom Weiler Wengwies.
Der Boden der kleinen Lichtung ist leicht eingesenkt. Geologisch handelt es sich dabei um eine typische Karmulde, die einst vielleicht von einem Karsee eingenommen wurde.
Im Westen des Pustertals liegt das Zwölferköpfl, ein sehr einsamer Berg für Pfadfinder. Voraus sieht man bereits das Tourenziel.
Hohe Kisten via Pustertalkarl

Jenseits des Jagdhauses erstreckt sich ein großes Latschenfeld, das der Steig nun durchqueren muss. Wir befinden uns in einem weitläufigen Kessel, von dessen brüchigen Felswänden sich ringsum riesige Schuttreisen herabziehen. Eine hervorspringende Schulter teilt diese in zwei Stränge.
Der Steig zur Kisten wählt die linke Seite, auf welcher eine Schwachstelle existiert. Durch diese geht es über die Karschwelle in das darüberliegende, anfangs noch versteckte Pustertalkarl4, eine karge Geröllwüste, in der selbst die Latschen kaum eine Chance haben. Im Zickzack gewinnt die Route am Nordrand des Pustertalkarls weiter an Höhe und quert danach im Schatten der Hohen Kisten in die Einsattelung an ihrer Ostseite.
Dort wird man von einem fantastischen Blick empfangen. Voraus breitet sich die stark verkarstete Hochfläche des Estergebirges aus mit dem Krottenkopf im Zentrum. Das ganze Gebiet ist sehr trocken. Wasser verschwindet sofort im Karst. Es gibt einige Schachthöhlen und Dolinen sowie ausgedehnte Karrenfelder. Keine liebliche Landschaft, aber gerade deshalb so faszinierend.
Gerne möchte man da gleich an Ort und Stelle rasten, doch der Gipfel wartet. Schließlich sind es vom Sattel nur noch ein paar steilen Minuten zur Hohen Kisten5 hinauf.
Alternativen für den Rückweg

Wer mit den Öffentlichen fährt, hat für den Rückweg viel Auswahl.
So könnte man hinüber zur Weilheimer Hütte am Krottenkopf wandern und dann über den Bischofsattel und den Oberauer Steig nach Farchant absteigen.
Reizvoll ist außerdem die Route Richtung Osten am Simetsberg vorbei via Wildsee und Neuglägeralm nach Einsiedl.
Der schnellste Abstieg nach Eschenlohe verläuft durch das anspruchsvolle Kistenkar. Der Einstieg von oben hat es in sich. Es kam dort schon zu tödlichen Bergunfällen.
Eher weniger zu empfehlen ist die bei den Mountainbikern beliebte Forststraße, die weit nach Osten ausholt, wo sie um die Kesselköpfe und das Pustertaleck herumführt. Zu Fuß eine rechte Hatscherei!

Am einfachsten steigt man also wieder durch das Pustertalkarl ab und genießt diesmal den freien Blick nach Norden. Ein Stück hinter dem Jagdhaus kann man bei der Gabelung entgegen dem Hinweg den rechten Ast nehmen. Er mündet bald oberhalb der Pustertallaine in eine Forststraße. Auf dieser geht es um den Schellenberg herum zügig talwärts. Das ist bequemer und schneller als auf dem Hahnbichlsteig weiter oben. Etwa auf halber Strecke liegt die Lokalität Beim Taferl6, früher ein Andachtsort am Viehtrieb ins Pustertal.
Am Ende der Wanderung sollte man noch bei der Asamklamm7 vorbeischauen. Vom Steg bietet sich ein großartiger Tiefblick in die düstere Kluft. Viel Wasser fließt lediglich während der Schneeschmelze oder nach Starkregen hindurch, so dass es manchmal möglich ist, von unten bis zum ersten Wasserloch vorzudringen.