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Ratzinger Höhe und Simsee

Wanderung von Prien nach Bad Endorf

Die Wanderung von Prien über die Ratzinger Höhe und den Simsee nach Bad Endorf führt mitten durch die reiz­volle Kultur­land­schaft des östlichen Chiem­gaus. Es geht durch kleine Wäldchen, über Felder und durch nette Bauern­dörfer mit pittoresken Kirchen. Wer sich für Burgen interessiert, kann zudem die versteckte Ruine Specker­turm erkunden. Bei klarem Wetter ist in der Ferne zwischendrin auch die markante Silhouette der Chiemgauer Alpen zu sehen.
Stand:

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Simsee
Aussicht von der Ratzinger Höhe auf das Nord­ende des Simsees.

Mit dem Obst- und Kulturweg, der Ratzinger Höhe und dem Simsee gliedert sich die Wanderung in drei abwechslungs­reiche Abschnitte, die quer durch den östlichen Chiemgau leiten. Das zeigt wieder einmal die Vorteile, wenn man mit dem Zug fährt. So kann man einfach von einem Bahnhof zum nächsten laufen.
Die Ratzinger Höhe trennt den Chiemsee vom Simsee und überragt letzteren um mehr als 200 Höhenmeter. Sie bietet dadurch an einigen Stellen eine sehr gute Aussicht. Geologisch ist der Hügel als Härtling der Falten­molasse zu interpretieren.Während der Würm-Kaltzeit, aber auch schon in den Kalt­zeiten davor, floss der Inn-Gletscher jeweils jahr­tausende­lang über die Ratzinger Höhe hinweg. Dabei hobelte er sie gründlich ab.Der Eispanzer entfernte allerdings nicht nur Material, sondern lagerte zugleich wieder welches in Form von Grund-, Seiten- und End­moränen ab. Ein paar Findlinge ließ er eben­falls zurück. Wir kommen bei Oster­hofen an einem vorbei.Auch der Simsee hat übrigens mit der Eiszeit zu tun.Er ist der letzte Rest des riesigen postglazialen Rosen­heimer Sees, der weitaus größer war als der heutige Chiemsee und sich in mehrere Zungen­becken auffächerte. Aus dem verlandeten See gingen die weit­läufigen Rosen­heimer Stamm­becken­moore hervor, die man in den Nicklheimer Filzen sehr schön erleben kann.

Tourcharakter und Schwierigkeit

280 hm 14 km3:20 h

Anspruch ■■■■■ T1
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■
Die Wanderung verläuft fast ausschließlich auf befestigten Wegen, die strecken­weise etwas hatschert sind. Für kleine Kinder daher weniger gut geeignet.
Der Obst- und Kulturweg ist schön beschildert und auch sonst stehen überall Weg­weiser. Trotzdem heißt es zwischen den vielen kleinen Dörfern, Weilern und Gehöften gut aufpassen, um sich nicht zu vertun. Zur Burg­ruine Specker­turm gibt es keinerlei Hinweis­schilder. Sie muss man selber finden.

Wegbeschreibung

Obst- und Kulturweg nach Greimharting

Prien
Zu Beginn tangiert die Wanderung im so genannten Eichental kurz die Prien.

Vom Bahnhof geht es erst einmal in den historischen Orts­kern von Prien, wo man einen Blick in die große Barock­kirche Mariä Himmel­fahrt werfen sollte. Leider nimmt der starke Verkehr dem Zentrum viel von seinem Flair.
Nach ein paar Hundert Metern auf der Alten Rathaus­straße wechselt man in den Kornegger­weg, wo es an der Prien schnell ruhiger wird. Der so genannte Naturweg Eichen­tal1 informiert dort über verschiedene, teils weniger bekannte Gehölze vom Speierling über die Berg­ulme bis zur Wildbirne.
Wir verlassen den Lehrpfad im Eichen­tal schon bald wieder und überqueren die Prien auf einem Fuß­gänger­steg. Der Obst- und Kulturweg ist ab da beschildert. Betreut wird er von den Obst- und Gartenbau­vereinen der Gegend. Es gibt dazu auch einen Flyer mit vielen interessanten Infos zu den Besonderheiten entlang des Wegs. Auf der anderen Seite der Brücke muss man rechts, während der Grenzenlos-Wanderweg nach links biegt.

Kampenwand
Blick von Pinswang über Sankt Salvator zur Kampenwand.

Bereits außerhalb von Prien über­quert der Wander­weg dann die Staats­straße. Eine Schau­tafel berichtet dort von den Kirchen, Bauern­häusern, Feld­kreuzen und Marterln, auf die wir im Folgenden treffen werden. Es geht nun anhaltend leicht bergauf. Ein schmaler Steig passiert neben einem Graben die Villa des Chiemgauer Kunst­malers Rudolf Sieck (1877–1957). Dahinter liegt Pinswang2, von wo der zackige Felskamm der Kampenwand schön zu sehen ist.
Anschließend muss man einige Hundert Meter auf der Straße nordwärts laufen und wechselt bei der zweiten Gelegenheit links auf einen Waldweg, der bergab nach Hörzing3 leitet. Die Höfe stehen in einem Schmelz­wasser­tälchen, durch das heute noch der Westenbach fließt.
Beim Langhof in Hörzing kommt erneut ein kleiner Wald­streifen. Drüber­halb rechts wenden und gleich wieder links zum Weiler Krinning. Von da führt ein Fußweg an einer Reihe von Obst­bäumen entlang nach Greimharting4 hinauf.
Die Greimhartinger Kirche ist sehenswert. Sie datiert in die Spätgotik. Im schlichten Inneren wurden Fresken verschiedener Epochen freigelegt. Die im Turm verbauten Buckel­quader stammen von einer abgegangenen Burg.

Auf der Ratzinger Höhe

Osterhofen
Chiemgauer Idylle in Osterhofen auf der Ratzinger Höhe.

Im Norden von Greimharting verläuft ein schmäler werdender Wander­weg neben einem Bächlein und durch ein kleines Wald­stück nach Osterhofen5. Der Weiler gehört bereits zur Ratzinger Höhe, die nur sehr dünn besiedelt ist, überwiegend mit Einzelgehöften.
Zwischen Oster­hofen und dem Gast­haus Weingarten liegt ein tonnen­schwerer Granit­findling, der vom Inn-Gletscher aus den Zentral­alpen mitgebracht wurde. Aus den Bayerischen Alpen kann er nämlich nicht stammen, dort kommt kein Granit vor.
In Weingarten gibt es dann Gelegenheit zu einer Stärkung mit tollem Blick auf das Alpen­panorama. Wer sich über den Namen wundert, während des milden mittel­alterlichen Klimas baute man in der Gegend tatsächlich Wein an.
Hinter Weingarten gibt es rechts am Waldrand einen Trampel­pfad. Ein Stück oberhalb wird bald darauf bei Berg der höchste Punkt für heute erreicht.

Zur Burgruine Speckerturm

Burgruine Speckerturm
Der Speckerturm war vermutlich der Berg­fried einer namentlich unbekannten Neben­burg der Falkensteiner Grafen.

Von der Ratzinger Höhe wandern wir nun auf einer kaum befahrenen Neben­straße über die malerisch gelegenen Höfe von Gattern und Hocheck zum Simsee hinunter. Dabei bietet sich eine wunder­bare Sicht auf den See.
Unten beim letzten Haus von Holz­berg, kurz bevor die Straße rechts nach Thal­kirchen biegt, zweigt links ein feuchter, rutschiger Trampel­pfad zur Ruine Specker­turm6 ab. Auf der Nord­seite schützte ein Doppel­graben die Anlage. Der Zustieg zum Burg­plateau folgt dem Rinnsal des Hof­grabens bis zum Holzlager­platz beim südlichen Doppel­graben, von dem es rechts zur Ruine emporgeht. Übertägig blieb lediglich die mehrere Meter hohe Ruine des Berg­frieds erhalten. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass das Mauer­werk aus runden Fluss­kieseln der Molasse sowie eckigen Steinen der Moräne besteht. Die unruhige Ober­fläche des Plateaus deutet auf noch vorhandene Fundamente hin.

Die Befestigung beim Specker gehörte zum Machtbereich des in der zweiten Hälfte des 13. Jahr­hunderts erloschenen Grafen­geschlechts von Falken­stein. Die Falken­steiner besaßen unter anderem die Rachel­burg bei Flintsbach am Inn sowie ein Stück weiter südlich die Burg Kirn­stein. Die wichtige Straße im Norden des Chiemsees kontrollierten sie gleich mit drei Burgen. Sie lagen beim heutigen Schloss Hartmanns­berg auf der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte.

Thalkirchen

Filialkirche St. Andreas auf dem Rain
Elegant steht die Kirche St. Andreas etwas erhöht über dem Ort Thalkirchen.

Nach dem Speckerturm können wir uns beim Holz­lager­platz gleich rechts wenden.
Unten bei einem quer verlaufenden Kiesweg erneut rechts, also nach Thal­kirchen und 200 Meter weiter dann an der Thal­kirchner Achen entlang. Dort steht über uns die Filialkirche St. Andreas auf dem Rain7. Der Rain ist eine Schotter­terrasse der Thal­kirchner Achen, entstanden am Ende der Würm-Kalt­zeit. Damals war der kleine Bach ein wilder Schmelz­wasser­strom.
Die teils romanisch, teils gotische Kirche auf dem Rain wurde barockisiert. Sie fügt sich so charmant in das Land­schafts­bild ein, als hätte sie ein romantischer Maler hinein­gepinselt.

Zum Aussichtsturm Eichen am Simsee

Aussichtsturm Eichen am Simsee
Für einen richtig guten Blick über den Simsee ist der Aussichtsturm bei Eichen zu niedrig.

Beim Parkplatz unterhalb der Kirche St. Andreas führt ein Sträßchen an der Thal­kirchner Achen zum Simsee. Nach einem knappen Kilo­meter wäre ein Absteher zum Mündungs­delta der Achen möglich, die einzige Gelegen­heit, um auf der Wanderung direkt an den See zu gelangen. Baden und insbesondere das Betreten der Kiesinseln ist dort aus Gründen des Vogel­schutzes allerdings verboten.
Anschließend erreicht man bei Eichen einen zwei­stöckigen Aussichts­turm8. Mit dem Blick von Gattern auf der Ratzinger Höhe kann er zwar nicht ganz mithalten, aber immerhin schaut man der Länge nach über den Simsee. Bei klarem Wetter sind in der Ferne die Alpen zu sehen. Die Tafeln im Turm bieten eine Fülle an natur­kundlichen Informationen.

Über Bergham nach Bad Endorf

Der letzte Abschnitt der Wanderung vom Simsee nach Bad Endorf präsentiert sich etwas hatschert und führt noch einmal 50 Höhen­meter bergauf. Denn Bergham und Bad Endorf stehen auf einer würm­zeitlichen Moräne. Das aus der Simsee­verlandung hervor­gegangene ehemalige Thalkirchner Moos zu Füßen der Moräne wurde für ein paar magere Streu­wiesen trocken gelegt. Als extensiv genutztes Kultur­land bildet es einen wichtigen Lebens­raum für die selten gewordenen Wiesen­brüter. Hinter Bergham9 nähert sich der Weg dann der Bahn­strecke und folgt dieser bis zum Bahnhof.