Ratzinger Höhe und Simsee
Wanderung von Prien nach Bad Endorf
Die Wanderung von Prien über die Ratzinger Höhe und den Simsee nach Bad Endorf führt mitten durch die reizvolle Kulturlandschaft des östlichen Chiemgaus. Es geht durch kleine Wäldchen, über Felder und durch nette Bauerndörfer mit pittoresken Kirchen. Wer sich für Burgen interessiert, kann zudem die versteckte Ruine Speckerturm erkunden. Bei klarem Wetter ist in der Ferne zwischendrin auch die markante Silhouette der Chiemgauer Alpen zu sehen.
Stand:

Mit dem Obst- und Kulturweg, der Ratzinger Höhe und dem Simsee gliedert sich die Wanderung in drei abwechslungsreiche Abschnitte, die quer durch den östlichen Chiemgau leiten. Das zeigt wieder einmal die Vorteile, wenn man mit dem Zug fährt. So kann man einfach von einem Bahnhof zum nächsten laufen.
Die Ratzinger Höhe trennt den Chiemsee vom Simsee und überragt letzteren um mehr als 200 Höhenmeter. Sie bietet dadurch an einigen Stellen eine sehr gute Aussicht. Geologisch ist der Hügel als Härtling der Faltenmolasse zu interpretieren.Während der Würm-Kaltzeit, aber auch schon in den Kaltzeiten davor, floss der Inn-Gletscher jeweils jahrtausendelang über die Ratzinger Höhe hinweg. Dabei hobelte er sie gründlich ab.Der Eispanzer entfernte allerdings nicht nur Material, sondern lagerte zugleich wieder welches in Form von Grund-, Seiten- und Endmoränen ab. Ein paar Findlinge ließ er ebenfalls zurück. Wir kommen bei Osterhofen an einem vorbei.Auch der Simsee hat übrigens mit der Eiszeit zu tun.Er ist der letzte Rest des riesigen postglazialen Rosenheimer Sees, der weitaus größer war als der heutige Chiemsee und sich in mehrere Zungenbecken auffächerte. Aus dem verlandeten See gingen die weitläufigen Rosenheimer Stammbeckenmoore hervor, die man in den Nicklheimer Filzen sehr schön erleben kann.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die Wanderung verläuft fast ausschließlich auf befestigten Wegen, die streckenweise etwas hatschert sind. Für kleine Kinder daher weniger gut geeignet.Der Obst- und Kulturweg ist schön beschildert und auch sonst stehen überall Wegweiser. Trotzdem heißt es zwischen den vielen kleinen Dörfern, Weilern und Gehöften gut aufpassen, um sich nicht zu vertun. Zur Burgruine Speckerturm gibt es keinerlei Hinweisschilder. Sie muss man selber finden.
Wegbeschreibung
Obst- und Kulturweg nach Greimharting

Vom Bahnhof geht es erst einmal in den historischen Ortskern von Prien, wo man einen Blick in die große Barockkirche Mariä Himmelfahrt werfen sollte. Leider nimmt der starke Verkehr dem Zentrum viel von seinem Flair.
Nach ein paar Hundert Metern auf der Alten Rathausstraße wechselt man in den Korneggerweg, wo es an der Prien schnell ruhiger wird. Der so genannte Naturweg Eichental1 informiert dort über verschiedene, teils weniger bekannte Gehölze vom Speierling über die Bergulme bis zur Wildbirne.
Wir verlassen den Lehrpfad im Eichental schon bald wieder und überqueren die Prien auf einem Fußgängersteg. Der Obst- und Kulturweg ist ab da beschildert. Betreut wird er von den Obst- und Gartenbauvereinen der Gegend. Es gibt dazu auch einen Flyer mit vielen interessanten Infos zu den Besonderheiten entlang des Wegs. Auf der anderen Seite der Brücke muss man rechts, während der Grenzenlos-Wanderweg nach links biegt.

Bereits außerhalb von Prien überquert der Wanderweg dann die Staatsstraße. Eine Schautafel berichtet dort von den Kirchen, Bauernhäusern, Feldkreuzen und Marterln, auf die wir im Folgenden treffen werden. Es geht nun anhaltend leicht bergauf. Ein schmaler Steig passiert neben einem Graben die Villa des Chiemgauer Kunstmalers Rudolf Sieck (1877–1957). Dahinter liegt Pinswang2, von wo der zackige Felskamm der Kampenwand schön zu sehen ist.
Anschließend muss man einige Hundert Meter auf der Straße nordwärts laufen und wechselt bei der zweiten Gelegenheit links auf einen Waldweg, der bergab nach Hörzing3 leitet. Die Höfe stehen in einem Schmelzwassertälchen, durch das heute noch der Westenbach fließt.
Beim Langhof in Hörzing kommt erneut ein kleiner Waldstreifen. Drüberhalb rechts wenden und gleich wieder links zum Weiler Krinning. Von da führt ein Fußweg an einer Reihe von Obstbäumen entlang nach Greimharting4 hinauf.
Die Greimhartinger Kirche ist sehenswert. Sie datiert in die Spätgotik. Im schlichten Inneren wurden Fresken verschiedener Epochen freigelegt. Die im Turm verbauten Buckelquader stammen von einer abgegangenen Burg.
Auf der Ratzinger Höhe

Im Norden von Greimharting verläuft ein schmäler werdender Wanderweg neben einem Bächlein und durch ein kleines Waldstück nach Osterhofen5. Der Weiler gehört bereits zur Ratzinger Höhe, die nur sehr dünn besiedelt ist, überwiegend mit Einzelgehöften.
Zwischen Osterhofen und dem Gasthaus Weingarten liegt ein tonnenschwerer Granitfindling, der vom Inn-Gletscher aus den Zentralalpen mitgebracht wurde. Aus den Bayerischen Alpen kann er nämlich nicht stammen, dort kommt kein Granit vor.
In Weingarten gibt es dann Gelegenheit zu einer Stärkung mit tollem Blick auf das Alpenpanorama. Wer sich über den Namen wundert, während des milden mittelalterlichen Klimas baute man in der Gegend tatsächlich Wein an.
Hinter Weingarten gibt es rechts am Waldrand einen Trampelpfad. Ein Stück oberhalb wird bald darauf bei Berg der höchste Punkt für heute erreicht.
Zur Burgruine Speckerturm

Von der Ratzinger Höhe wandern wir nun auf einer kaum befahrenen Nebenstraße über die malerisch gelegenen Höfe von Gattern und Hocheck zum Simsee hinunter. Dabei bietet sich eine wunderbare Sicht auf den See.
Unten beim letzten Haus von Holzberg, kurz bevor die Straße rechts nach Thalkirchen biegt, zweigt links ein feuchter, rutschiger Trampelpfad zur Ruine Speckerturm6 ab. Auf der Nordseite schützte ein Doppelgraben die Anlage. Der Zustieg zum Burgplateau folgt dem Rinnsal des Hofgrabens bis zum Holzlagerplatz beim südlichen Doppelgraben, von dem es rechts zur Ruine emporgeht. Übertägig blieb lediglich die mehrere Meter hohe Ruine des Bergfrieds erhalten. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass das Mauerwerk aus runden Flusskieseln der Molasse sowie eckigen Steinen der Moräne besteht. Die unruhige Oberfläche des Plateaus deutet auf noch vorhandene Fundamente hin.
Die Befestigung beim Specker gehörte zum Machtbereich des in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erloschenen Grafengeschlechts von Falkenstein. Die Falkensteiner besaßen unter anderem die Rachelburg bei Flintsbach am Inn sowie ein Stück weiter südlich die Burg Kirnstein. Die wichtige Straße im Norden des Chiemsees kontrollierten sie gleich mit drei Burgen. Sie lagen beim heutigen Schloss Hartmannsberg auf der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte.
Thalkirchen

Nach dem Speckerturm können wir uns beim Holzlagerplatz gleich rechts wenden.
Unten bei einem quer verlaufenden Kiesweg erneut rechts, also nach Thalkirchen und 200 Meter weiter dann an der Thalkirchner Achen entlang. Dort steht über uns die Filialkirche St. Andreas auf dem Rain7. Der Rain ist eine Schotterterrasse der Thalkirchner Achen, entstanden am Ende der Würm-Kaltzeit. Damals war der kleine Bach ein wilder Schmelzwasserstrom.
Die teils romanisch, teils gotische Kirche auf dem Rain wurde barockisiert. Sie fügt sich so charmant in das Landschaftsbild ein, als hätte sie ein romantischer Maler hineingepinselt.
Zum Aussichtsturm Eichen am Simsee

Beim Parkplatz unterhalb der Kirche St. Andreas führt ein Sträßchen an der Thalkirchner Achen zum Simsee. Nach einem knappen Kilometer wäre ein Absteher zum Mündungsdelta der Achen möglich, die einzige Gelegenheit, um auf der Wanderung direkt an den See zu gelangen. Baden und insbesondere das Betreten der Kiesinseln ist dort aus Gründen des Vogelschutzes allerdings verboten.
Anschließend erreicht man bei Eichen einen zweistöckigen Aussichtsturm8. Mit dem Blick von Gattern auf der Ratzinger Höhe kann er zwar nicht ganz mithalten, aber immerhin schaut man der Länge nach über den Simsee. Bei klarem Wetter sind in der Ferne die Alpen zu sehen. Die Tafeln im Turm bieten eine Fülle an naturkundlichen Informationen.
Über Bergham nach Bad Endorf
Der letzte Abschnitt der Wanderung vom Simsee nach Bad Endorf präsentiert sich etwas hatschert und führt noch einmal 50 Höhenmeter bergauf. Denn Bergham und Bad Endorf stehen auf einer würmzeitlichen Moräne. Das aus der Simseeverlandung hervorgegangene ehemalige Thalkirchner Moos zu Füßen der Moräne wurde für ein paar magere Streuwiesen trocken gelegt. Als extensiv genutztes Kulturland bildet es einen wichtigen Lebensraum für die selten gewordenen Wiesenbrüter. Hinter Bergham9 nähert sich der Weg dann der Bahnstrecke und folgt dieser bis zum Bahnhof.