Nicklheimer Filze
Moorwanderung bei Raubling
Die reizvolle Moorlandschaft der Nicklheimer Filze eignet sich perfekt für eine entspannte Halbtageswanderung und ist überdies sehr lehrreich. Auf dem Rundweg über die Moorstation sieht man noch die Spuren des ehemaligen Torfabbaus, aber auch, wie sich das Moor langsam regeneriert. Aussichtsplattformen laden zum Verweilen ein. Verschiedene Stationen informieren über das sensible Ökosystem der Hochmoore.
Stand:

Südwestlich von Rosenheim erstrecken sich ausgedehnte Moorgebiete, die als Rosenheimer Stammbeckenmoore bezeichnet werden. Als sich am Ende der letzten Kaltzeit die Gletscher aus dem Alpenvorland zurückzogen, hinterließen sie eine riesige Seenlandschaft. Zwischen Rosenheim, Bad Aibling, Bad Feilnbach und Raubling lag ein See so groß wie der heutige Chiemsee. Im Lauf der Jahrtausende verlandete der ehemalige Rosenheimer See. Es entwickelte sich ein Niedermoor und schließlich ein Hochmoor mit einer mehrere Meter mächtigen Torfschicht.
Torf war früher die Kohle der armen Leute und kam auch als Einstreu im Viehstall zum Einsatz. Die bäuerlichen Handtorfstiche richteten in den Mooren im Gegensatz zur industriellen Torfgewinnung einen überschaubaren Schaden an. Richtig schlimm wurde es, als man 1876 unter dem Torfbaumeister Joseph Nickl begann, in den Hochrunst- und Kollerfilzen für die Rosenheimer Saline Torf zu stechen. Ein ähnliches Schicksal erleideten übrigens auch andere Moore wie die Kendlmühlfilzen im Chiemgau, deren Torf in der Traunsteiner Saline verfeuert wurde. Die Salinen stellten nämlich ab Mitte des 19. Jahrhunderts auf Torf um, weil die Wälder nicht mehr genug Brennholz hergaben.
In der Nachkriegszeit gewann Torf dann Bedeutung für den Gartenbau, was zu einer so gar noch verstärkten Plünderung der Moore führte. Erst 2006 war in den Nicklheimer Filzen endlich Schluss.Über tausend Hektar Moor wurden seit dem Ende des Torfabbaus renaturiert.Hochmoore sind in vielerlei Hinsicht schützenswert. Es gibt einige speziell auf die darin herrschende Nährstoffarmut angepasste Pflanzen, wie etwa den Rundblättrigen Sonnentau oder das Scheidige Wollgras. Diese können einzig in einem intakten Hochmoor gedeihen. Gefährdete Vogelarten brüten dort und auch zahlreiche Insektenarten benötigen genau diesen Lebensraum. Darüber hinaus dienen Moore dem Klima- und dem Hochwasserschutz, denn sie speichern enorme Mengen an Wasser und CO2.
Filmtipp: Unter dem Titel Ein Moor mit vielen Gesichtern dokumentierte der Bayerische Rundfunk in der Sendung Zwischen Spessart und Karwendel die Geschichte des Torfabbaus in den Nicklheimer Filzen.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die offiziellen Wanderwege durch die Nicklheimer Filze sind durchgehend befestigt, so dass die Füße auch im Moor trocken bleiben. Wenn man aber einem der vielen Trampelpfade folgt, wird es schnell batzig. Von Raubling bis zum Moorbahnhof Nicklheim gibt es keine Beschilderung, wohl weil die meisten erst am Wanderparkplatz und nicht am Bahnhof starten. Der Weg lässt sich trotzdem ganz gut finden.Wegbeschreibung
Über Grünthal zum Moorbahnhof

Von Raubling bis in die Nicklheimer Filze sind es mehrere Kilometer Anmarsch, doch der Weg ist ganz in Ordnung.
Auf der Westseite des Bahnhofs nimmt man zunächst die Poststraße. Beim Huberwirt geht es rechts vorbei und dann auf der Grünthalstraße aus Raubling hinaus, wobei schon nach 200 Metern die Häuser von Grünthal1 kommen. Dort gibt es eine Brücke über die Autobahn. Auf der anderen Seite endet die Straße und wir wandern auf einem Forstweg in den Wald hinein. Dieser Bereich gehört eigentlich schon zum Moorkomplex, doch wegen der Entwässerung und Aufforstung ist das kaum mehr zu erkennen.
Nach 500 Metern auf dem Forstweg wechselt man bei einem kleinen Holzlagerplatz rechts über den Tännelbach. An dem dunkelbraunen Wasser des Tännelbachs sieht man eindeutig, dass das bereits Moorgebiet ist. Gleich danach aufpassen und links auf einen untergeordneten, teils mit Gras bewachsenen Weg abzweigen, also nicht geradeaus den Wald verlassen. Bald kommt ein Kahlschlag. Der inzwischen recht undeutliche Weg biegt auf diesem nordwärts und führt zum ehemaligen Moorbahnhof Nicklheim2. Der Nicklheimer Torfkulturverein D'Fuizler kümmert sich um das Betriebsgelände und die Bockerlbahn.
Braunkehlchenpfad zur Moorstation

Ab dem Moorbahnhof halten wir uns einfach an das Schmalspurgleis der ehemaligen Feldbahn bzw. die Beschilderung für den Wanderweg zur Moorstation. Es gibt insgesamt drei Zugänge zur Moorstation. Dieser nennt sich Braunkehlchenpfad. Bis zur ersten Kurve ist der Weg breit.An der Kurve gäbe es die Möglichkeit, geradeaus einen Abstecher in die renaturierten Bereiche zu machen und auf einem Damm zwischen den mit Wasser gefüllten Abbauflächen hindurchzulaufen. Allerdings ist es ratsam, wieder zum offiziellen Rundweg zurückzukehren. Die Einheimischen kennen ihre Schleichwege durch das Moor, doch als Ortsunkundiger kann man sich leicht verirren oder sogar in Gefahr bringen, wenn man den sicheren Untergrund verlässt.

Der nun schmälere Wanderweg verläuft nach der Biegung wie gehabt an den Gleisen entlang. Wenig später zweigt rechts ein Pfad ab, der um ein paar Moorlöcher herum auf einen kleinen Hügel zur Vogelbeobachtung3 leitet. Von da hat man eine schöne Aussicht.
Gleich nach diesem kurzen Abstecher erreichen wir eine Gabelung mit Informationstafeln. Dort wandern wir rechts zwischen einem mit Wasserlinsen bedeckten Entwässerungsgraben und dem Gleis weiter. Nach ein paar Hundert Metern geht es über zwei Brücken zum botanischen Lehrgelände4 an der Moorstation Nicklheim. Der Bohlenweg im Lehrgelände ist ein Highlight auf der Wanderung. Nicht weit entfernt davon steht die alte Torfarbeiterhütte, neben der ein Aussichtsturm errichtet wurde. Dieser bietet einen tollen Rundumblick über die Kollerfilze.
Rückweg über den Weltpfad

Wir folgen nach dem Besuch der Moorstation dem breiten Kiesweg mit einigen Infostelen zur Erdgeschichte unter dem Titel Weltpfad Nicklheim. Ein Meter auf dem Weltpfad entspricht zehn Millionen Jahre Erdgeschichte, was die gewaltigen Zeiträume gut veranschaulicht.
Schon nach ein paar Schritten liegt rechter Hand etwas versteckt ein Handtorfstich5, an dem einige Werkzeuge ausgestellt sind.
An der nächsten Linkskurve gibt es abermals eine Vogelbeobachtungsstelle6, erreichbar in wenigen Minuten über den so genannten Schwarzkehlchenpfad. Zur Brutzeit kann man dort unter anderem Lachmöwen sehen. Die Vögel schätzen die wiedervernässten Moore. Man findet sie zum Beispiel auch im Ainringer Moos. Bei der Beobachtungsstelle wächst in einem Tümpel außerdem die in den Nicklheimer Filzen stark verbreitete Drachenwurz.
Damit ist der schönste Teil der Wanderung leider schon zu Ende. Wir verlassen die Filze auf dem langen Blaukehlchenweg zum Parkplatz bei Nicklheim und laufen anschließen vor den Hallen eines Logistikunternehmens links auf der Panger Straße zurück zum ehemaligen Moorbahnhof. Die Häuser entlang der Straße entstanden übrigens aus der Barackensiedlung der Moorarbeiter.