Berchtesgadener Hochthron (1972 m) via Mittagsloch
Wilde Steige am Untersberg
Die Ostabstürze des Untersbergs sind schon gewaltig. Es gibt lediglich zwei natürliche Schwachstellen, eine davon ist das Mittagsloch. Dieser teilweise als Klettersteig ausgebaute Aufstieg zum Berchtesgadener Hochthrons ist anspruchsvoll, mit seiner Durchgangshöhle aber bestimmt der originellste.
Stand:

Das wilde, raue Untersbergmassiv ist ein Paradies zum Wandern, Klettersteiggehen und Alpinklettern. Praktisch aus allen Himmelsrichtungen führen abwechslungsreiche Steige hinauf. So kann es oben auf dem Berchtesgadener Hochthron auch schon mal ganz schön voll werden und das, obwohl die Aufstiege echt weit sind. Doch die prachtvolle Rundumschau vom Gipfel ist einfach unwiderstehlich.
Lange führte der nicht vollständig gesicherte Klettersteig durch das Mittagsloch ein glückliches Schattendasein. Bekannt ist die Durchstiegshöhle allerdings schon lange, wurde aber bis ins beginnende 20. Jahrhundert aus jagdlichen Gründen zeitweise verschlossen, wohl um lästige Touristen fernzuhalten.
Erst mit der Errichtung des schwereren und längeren Hochthronsteigs kam das Mittagsloch für den Abstieg in Mode. Man muss sich also auf Gegenverkehr einstellen.
Den Untersberg durchziehen zahlreiche bedeutende Karsthöhle mit Schächten, die Hunderte Meter in die Tiefe reichen und riesigen weitverzweigten Gangsystemen. Auch die berühmte Riesending-Schachthöhle, die derzeit längste und tiefste Deutschlands, befindet sich im Untersberg. Einfach zugänglich sind die wenigsten Löcher. Empfehlenswert für speläologisch Interessierte ist auf jeden Fall die Schellenberger Eishöhle. Sie kann im Sommer im Rahmen einer Führung besucht werden. Das wäre dann allerdings eine ganz andere Tour.
Weil das Mittagsloch im verkarsteten Dachsteinkalk liegt, könnte man annehmen, es sei der Rest einer Karsthöhle, sozusagen eine herauserodierte Höhlenruine. Doch beim Mittagsloch gibt es eine auffällige tektonischen Störung mit einem Riss quer durch die Wand. Deshalb entstand es vermutlich durch Bergzerreißung. Frostsprengung und Lösungsverwitterung dürfte den Raum mit der Zeit erweitert haben.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Der Aufstieg durch das Mittagsloch verlangt alpine Erfahrung, Schwindelfreiheit und Kraft in den Armen.
Geübte brauchen kein Klettersteigset, der Helm ist aber unverzichtbar. Eine Stirnlampe wird nicht benötigt. In das Mittagsloch fällt genug Licht.
Die Tour ist sehr weit und anstrengend, vor allem wenn man an der Kugelmühle startet. Scheint die Sonne, kann es ab dem Scheibenkaser schon am Vormittag brütend heiß werden, was die Kondition zusätzlich strapaziert.
Bei Nässe und erst recht bei Schnee ist die Querung vom Scheibenkaser zum Mittagsloch äußerst gefährlich. In diesem Fall die Tour unbedingt verschieben oder auf einem einfacheren Weg zum Hochthron aufsteigen.
Wegbeschreibung
Über Ettenberg zum Rossboden

Bei der Bushaltestelle Kugelmühle überquert man die Berchtesgadener Ache und läuft auf der Zufahrtsstraße zum Parkplatz am Eingang der Almbachklamm.Wer bei der Haltestelle Almbachklamm aussteigt, hat den schöneren, aber etwas weiteren Weg.Die historische Kugelmühle am Klammeingang kann man sich kurz ansehen. Wegen der Weite der Tour besucht man die Almbachklamm allerdings besser ein anderes Mal oder hebt sie sich für den Rückweg auf. Wir wandern also gleich direkt hinauf zu dem idyllisch gelegenen Vorderettenberg1 mit seiner schmucken Wallfahrtskirche.
In Vorderettenberg nach der Kirche links und auf einer kaum befahrenen Nebenstraße bergab nach Hinterettenberg. Die Straße macht dort einen weiten Rechtsbogen. Wenig später kommt der große Wanderparkplatz am Rossboden2.
Aufstieg zum Scheibenkaser
Am Wanderparkplatz Rossboden beginnt der bezeichnete Weg 466 zum Scheibenkaser. Nach einigen Kehren, die auch abgekürzt werden können, wird der Forstweg an einem Wegweiser rechter Hand verlassen. In der üblichen Serpentinenführung geht es recht steil hinauf. Kurz vor dem Hüttlein des Scheibenkasers3 öffnet sich dann der Wald und gibt den Blick auf die imposanten Felswände frei.
Klettersteig durch das Mittagsloch

Vom Scheibenkaser folgen wir einige Meter dem Zustieg des Hochthronsteigs, verlassen ihn aber bereits an der ersten Ecke nach links. Ein sandiger Steig zieht sich den Rücken über dem Scheibenkaser bis knapp unter die Felswände empor.
Wegen der Steinschlaggefahr nun am besten den Helm aufsetzen, denn es sind häufig Alpinkletterer unterwegs. Zu Füßen der Felswände quert eine dünne Spur durch sehr heikles Schrofengelände mit einigen sandigen Furchen. Besonders schwierig ist es um eine Felsnase herum.
Erst unter dem Mittagsloch, wo die Kletterschwierigkeiten zunehmen, beginnen die Drahtseile. Ein paar Mal kräftig zupacken und man steht in der kühlen Durchgangshöhle. Vorsicht, der Höhlenlehm macht den Boden rutschig. Durch das enge Ausstiegsloch hilft eine Leiter und unvermittelt befindet man sich auf der Hochebene, wenige Meter vom Stöhrhaus entfernt. Zum Berchtesgadener Hochthron4 ist es dann bloß noch ein Katzensprung.
Abstieg über das Gatterl

Vom Berchtesgadener Hochthron könnten sehr Ausdauernde noch die Untersberg-Überschreitung zum Salzburger Hochthron dranhängen. Aber Vorsicht, dabei gibt es nach der Mittagscharte einen mühsamen Gegenanstieg. Also vielleicht doch besser gemütlich zur Einkehr ins Stöhrhaus. Von der Schutzhütte geht es anschließend durch ein großes Latschenfeld auf dem Normalweg bergab zum so genannten Gatterl5.
Beim Sattel am Gatterl treffen Wege aus allen Himmelsrichtungen zusammen. Wer nicht ans Auto gebunden ist, hat letztlich freie Wahl und könnte zur Abwechslung nach Winkl absteigen oder mit etwas Auf und Ab über den Rauhen Kopf nach Bischofswiesen wandern. Zurück zum Scheibenkaser führt ein schmaler Steig durch die Latschenfelder an der Südflanke des Hochthrons. Kaum zu glauben, dass diese holprige Strecke auch als Viehtrieb genutzt wird.