Großer Wilder (2370 m) über Nordgrat
Klettertour in den Allgäuer Hochalpen
Diese leichte und gern gemachte Oberstdorfer Klettertour führt vom Himmelecksattel über den Nordgrat zum Großen Wilden. Zurück geht es auf einer nahezu unbekannten Route durch die versteckte Gamswanne. Zusammen mit dem Panoramaweg über das Laufbacher Eck genießt man so ein einmaliges Bergerlebnis, das lange in Erinnerung bleibt.
Stand:

Die Tour über den Pass am Laufbacher Eck und den Himmelecksattel ins Oytal steckt voller Naturschönheit. Auf den fruchtbaren Böden aus Fleckenmergel wachsen viele seltene Pflanzen. Die Gegend ist für ihren Blumenreichtum bekannt. Im Oytal gibt es außerdem eindrucksvolle Wasserfälle zu bestaunen.
Eine weitere Besonderheit stellen die eigenartig geformten Grasberge mit ihren bis zu 80 Grad steilen Flanken dar. Zwei der außergewöhnlichsten Vertreter sind der langgezogene Schneck und die mehrgipflige spitze Höfats.
Vom Charakter wiederum ganz anders präsentiert sich die Wildengruppe mit dem Großen Wilden, der als grauer Felsklotz aus den grünen Hängen herausragt. Er besteht überwiegend aus dem spröden Hauptdolomit der Lechtaldecke. Dementsprechend viel Schotter sammelt sich zu seinen Füßen an. Besonders in der Gamswanne ist gut zu sehen, wie der Berg förmlich zerbröselt.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Bis zum Himmelecksattel sind die Schwierigkeiten überschaubar. Trittsichere Geher dürften keine Probleme haben.
Den Großen Wilden sollten dagegen nur wirklich Bergerfahrene unternehmen, die mit heiklen Schrofen und ausgesetztem Klettergelände im oberen II. Grad zurechtkommen.
Während der Nordgrat ausreichend markiert ist, sind auf dem alternativen Abstieg durch die Gamswanne bestenfalls undeutliche Spuren zu erkennen. Das erfordert sowohl exzellente Sicht als auch gutes Routengespür.
Bereits die Wanderung über das Laufbacher Eck ist ziemlich weit. Zusammen mit dem Großen Wilden braucht man wirklich enorm viel Ausdauer.
Der Weg zum Laufbacher Eck, aber auch der Aufstieg zum Nordgrat des Großen Wilden führt durch abschüssige Grashänge. Deshalb besser abwarten, bis kein Schnee mehr liegt. Allzu nass sollte es ebenfalls nicht sein.
Wegbeschreibung
Zum Laufbacher Eck

Wir starten an der Bergstation Höfatsblick, passieren gleich das Edmund-Probst-Haus (DAV) und folgen den Wegweisern zum Laufbacher Eck Richtung Süden. Am Sattel zwischen Zeiger und Hüttenkopf nehmen wir wie beschildert den linken Weg. Rechts ginge es zum Seealpsee – übrigens auch eine wunderbare Tour. Der Panoramaweg bleibt erst einmal in der Westflanke des Höhenzugs und verläuft durch blumenreiche, alpine Rasen. Nach dem Schochen, der wie alle Erhebungen unterhalb umgangen wird, treten der Schneck und in der Ferne der Große Wilde ins Blickfeld. Vor dem Laufbacher Eck gibt es eine felsige Stelle, die mit Drahtseil gesichert wurde. Dann kommen noch ein paar steile Serpentinen und der Sattel am Laufbacher Eck1 ist geschafft.
In den Himmelecksattel
Am Sattel beim Laufbacher Eck wird die Seite gewechselt, wobei sich gleichzeitig die Landschaft verändert. Statt der üppig mit Gras bewachsenen Hänge dominiert nun eine eher karge Felswüste das Bild. Unterhalb der auffallenden Ostwand des Schnecks gelangt man bei der Zwerenwand an eine Gabelung. Links käme man zum Prinz-Luitpold-Haus (DAV) am Hochvogel. Wir wählen dagegen den rechten Weg Richtung Himmelecksattel2.
Großer Wilder über Nordgrat

Am Himmelecksattel wird der bezeichnete Weg verlassen. Ein dünner Pfad leitet uns an einem brüchigen Turm vorbei und durch die abschüssige Grasflanke zum Grat empor.
Von dort geht es auf der Schneide über die ersten Felsen (I) und dann links des Grats den Spuren folgend durch eine steinige Mulde. Aus dieser führen die Markierungen wieder zum Grat zurück, wo man bald von einem kleinen Turm (II+) einige Meter in eine Scharte abklettern muss. Die technisch etwas einfachere große Platte (II) hinter diesem Gendarm stellt die Schlüsselstelle dar. Sie ist mit guten Griffen versehen und schön zu klettern. Rote Punkte markieren die ideale Linie entlang eines Risses. Darüber weicht die Route bei abnehmender Schwierigkeit etwas nach rechts aus, bevor der Nordgipfel3 in einem Linksbogen erreicht wird.
Durch die Gamswanne

Unter der Ostseite des Nordgipfels befindet sich die Gamswanne – ein mit Geröll gefüllter Karkessel, in dem sich der Schnee lange hält. Südöstlich davon gibt es einen Höhenzug, der zur Wanne hin abbricht. Auf diesem kann man bereits vom Gipfel Spuren ausmachen. Doch zunächst muss der brüchige Südgrat (II) ungefähr 20 Meter bis zum Einschnitt vor dem Mittelgipfel abgeklettert werden.
Anschließend wandert man auf dem erwähnten Höhenzug einige Hundert Meter entlang, bis links eine Schwachstelle in den Felsabbrüchen kommt. Kleine Steinmandl weisen den Weg durch das einfache Schrofengelände hinunter in die Gamswanne4. Die Linien durch die Gamswanne werden vermutlich von den Gämsen gepflegt. Man kann den längeren Bogen oben herum auslaufen oder mit etwas mehr Höhenverlust abkürzen. Danach geht es ohne Kletterei, aber steil ansteigend und weglos auf den unteren Bereich des Nordgrats zurück. Von dort auf dem bereits bekannten Steig abwärts zum Himmelecksattel.
Abstieg ins Oytal
Vom Himmelecksattel verläuft ein gemütlicher Wanderweg im Schatten der Wildengruppe über die Wildenfeldhütte hinab ins Oytal. Von oben ziehen sich gewaltige Schuttströme den Hang herab. Der Name Wildenfeld für das steinige, karge Almgebiet ist passend. Die Gipfel erhielten den Namen wohl von diesem wilden Feld, nicht umgekehrt. Dass eine Almweide als Feld bezeichnet wird, erscheint uns heute seltsam, war früher aber ganz normal.
Nach der Wildenfeldhütte queren wir noch einen Latschengürtel, dann taucht die Käseralpe5 auf. Die beliebte Almhütte steht ganz hinten im Talschluss. Unten im Oytal herrscht an schönen Sommertagen oft Hochbetrieb. Den langen Fahrweg von der Käseralpe über den Stuibenfall zum Oytalhaus teilt man sich mit zahlreichen Wanderern und Mountainbikern.
Mit dem Roller nach Oberstdorf
Vom Oytalhaus6 nach Oberstdorf wäre es zuletzt noch ein weiter Fußmarsch von über einer Stunde. Zum Glück gibt es Leihroller. Fast ohne Anschubsen fährt man damit auf der Oytalstraße in maximal 25 Minuten bequem zur Talstation der Nebelhornbahn.