Kleiner Watzmann (2307 m) und Mooslahnerkopf
Klettertour über die Watzmannfrau
Während der Große Watzmann manchmal regelrecht überrannt wird, steigen nur ein paar Individualisten den versteckten Pfad zur Watzmannfrau hinauf. Es ist ein großes Glück, dass der Kleine Watzmann nicht mit Stahlseilen touristisch erschlossen wurde und so ein Stück ursprüngliches Bergerlebnis erhalten blieb.
Stand:

Der Watzmann wird oft als schönster Berg Deutschlands bezeichnet. Seine Silhouette ist auch wirklich einmalig. Die Leser der Zeitschrift Bergsteiger kürten ihn 2014 sogar zum schönsten Berg der Welt. Das Ergebnis der unnützen Umfrage erstaunt nicht sonderlich. Kommen die meisten Leser der Zeitschrift doch aus Deutschland.
Aber auch im benachbarten Ausland erfreut sich der Watzmann großer Beliebtheit. Sein Bild zierte schon Packungen der Schweizer Chips-Marke Zweifel und eines österreichischen Hartkäses mit dem Namen Erzherzog Johann. Die Schweizer Grünliberale Partei warb mit einer spiegelverkehrten Abbildung des Watzmanns für ein Volksbegehren.
So viel mediale Aufmerksamkeit führt zwangsläufig zu einem großen touristischen Interesse. Vielleicht entfernte der Alpenverein deshalb bei der Steigsanierung 2017 einen Teil der Sicherungen. Ob der Ansturm auf die Watzmann-Überschreitung dadurch dauerhaft weniger wird, ist fraglich.
Die beste Alternative zum Großen Watzmann stellt auf jeden Fall der Kleine Watzmann dar. Er bietet ein vergleichbares bergsteigerisches Erlebnis, dieselbe atemberaubende Landschaft und das mit viel mehr Ruhe.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Unabhängig von der gewählten Route erfordert der Kleine Watzmann in jedem Fall große alpine Erfahrung, einen ausgeprägten Orientierungssinn und sicheres Klettern im II. Grad. Der schwierigste Abschnitt ist der Übergang zum Mooslahnerkopf, bei dem es eine sehr gefährliche Passage in einer Steilgrasflanke gibt. Bei Nässe oder gar Schnee besteht dort Absturzgefahr! Im Herbst 2022 verunglückte ein 60-jähriger Bergsteiger aus dem Bodenseekreis zwischen Watzmann und Mooslahner tödlich. Er unternahm die Tour bei winterlichen Verhältnissen und Nebel. Die Bedingungen müssen wirklich top sein: trocken, gute Sicht und eine stabile Wetterlage. Ein schneller Rückzug bei Gewitter ist nicht möglich. Nördlich unterhalb des Gipfels existiert eine kleine Biwak-Höhle. Vor Blitzschlag schützt diese aber wohl kaum.
Da die Routenfindung zwischen Mooslahnerkopf und Watzmann bergauf noch kniffliger ist als im Abstieg, empfiehlt sich beim ersten Mal auf jeden Fall die hier beschriebene Tourrichtung. Im Zweifelsfall lieber auf dem Hinweg zurück.
Wegbeschreibung
Zur Kührointalm

Es lohnt sich, frühmorgens kurz am Königssee vorbeizuschauen, wenn an der Promenade noch Ruhe herrscht. Anschließend überquert man auf der schönen Holzbrücke die Königsseer Ache, welche dort aus dem See entspringt.
Drüben beginnt der Aufstieg zur Kührointalm. Diese ist überall ausgeschildert. An einigen Höfen vorbei geht es ans obere Ende der Bobbahn1. Vor uns ragt der Grünstein auf, der später vom Gipfel des Kleinen Watzmanns völlig unscheinbar wirken wird. Bald bleibt der Grünstein rechts liegen. Auf bequemen, aber hatscherten Wegen gelangt man in ungefähr zwei Stunden zur Kührointalm. Auf der Alm steht mit der Kührointhütte2 ein wichtiges Unterkunftshaus. Viele nutzen die Kühroint als Ausweichquartier, wenn sie in dem häufig völlig überlasteten Watzmannhaus keinen Schlafplatz mehr bekommen.
Die Bergopfer-Gedenkkapelle St. Bernhard wurde 1999 eingeweiht. Über tausend tödlich verunglückte Wanderer, Bergsteiger und Skifahrer sind in der Kapelle auf Metallplatten eingraviert, mit Name, Wohnort, Alter, Unglücksort und Unglücksursache. Am Watzmann passiert fast jedes Jahr etwas. Die meisten tödlichen Unfälle ereignen sich auf der Überschreitung und an der Ostwand. Am besten man besucht die Kapelle erst nach der Tour.
Bike & Hike: Die Strecke bis zur Kühroint kann man auch mit dem Mountainbike zurücklegen. Die Auffahrt erfolgt bei angenehmer Steigung auf dem Schapbachweg über die gleichnamige Alm.
Normalweg über den Gendarm

Wir passieren hinter der Bergopfer-Gedenkkapelle eine letzte Hütte und schlagen uns bei dieser links in die Almweide. Ein unmarkierter Trampelpfad überquert sie nach schräg oben in Richtung Kleiner Watzmann. Zunächst ist die Spur noch sehr undeutlich, zum Waldrand hin wird sie ausgeprägter. Nach einem holprigen Aufstieg im Wald beginnt die felsdurchsetzte Latschenzone mit ersten Blicken ins Watzmannkar.
Unvermittelt bewacht dann der so genannte Gendarm3 den sich zum Grat verengenden Rücken. Dieses Hindernis (II) lässt sich am einfachsten rechts direkt neben den Steilabbrüchen erklettern. Links herum wäre deutlich schwieriger. Dahinter weisen Begehungsspuren, verblasste Markierungen und Steinmandl den Weg. Wir haben vorwiegend Gehgelände mit einigen leichten Kletterstellen an den Felsstufen. Ganz zuletzt wird es an den großen Platten unter dem Gipfel4 noch einmal etwas anspruchsvoller.
Ostgrat zum Mooslahnerkopf

Vom Gipfel geht es in nordöstlicher Richtung den Steinmandln folgend über Schrofen und Geröll gut hundert Höhenmeter bergab, bis man oberhalb eines Abbruchs nach Osten queren kann. Ziel ist eine Schuttreise mit deutlich sichtbarer Spur. Das Gelände ist felsig und ausgesetzt, die letzte Kletterstelle etwas schwierig (II).
In der Schuttreise ein kurzes Stück absteigen und dann nach rechts zum Grat wechseln. Auf diesem zum Fensterl, einer Respekt einflößenden Scharte. Dort diagonal durch die Steilgrasflanke nach oben und drüben ebenso unangenehm wieder hinab. Danach gibt es einen markanten Durchschlupf. Nur wenig später steht eine kompakte Wand im Weg, neben der man einige Meter bis zu einer geeigneten Kletterstelle absteigt.
Ist die Wand überwunden, wird es deutlich einfacher. Viele Steinmandl leiten nun sicher durch ein Meer aus großen Felsblöcken. Hinter diesem Trümmerfeld wird der Mooslahnerkopf5 schließlich von Nordwesten her erreicht.
Abstieg zur Kühroint
Vom Mooslahnerkopf führt ein viel begangener Steig zurück zur Kührointalm. Unweit der Alm kreuzt er einen Fahrweg. Diesen besser ignorieren, denn geradeaus ist es schneller. Der weitere Abstieg erfolgt auf dem Hinweg.