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Osterfelderkopf (2057 m) vom Höllental

Montanhistorische Bergtour bei Hammersbach

Diese anspruchsvolle Bergtour von Hammersbach über den Stangensteig und den Knappensteig auf den Osterfelderkopf führt durch eine beeindruckend Fels­landschaft. Der Aufstieg steht ganz im Zeichen des Bergbaus. Man trifft auf zahlreiche Stollenlöcher, Steiganlagen und weitere Hinterlassen­schaften der ehemaligen Grube Höllental. Die Spuren oben am Hupfleiten­kessel reichen sogar bis ins Mittelalter zurück. Erlebnisreich ist auch der Rückweg auf dem Rinderweg und durch die tosende Höllentalklamm.
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Höllental
Blick vom Hupfleitenjoch ins Höllental.

Das Höllental ist von Natur aus sehr unzugänglich. Lange Zeit war es ausschließlich über das Höllentor bzw. die Rinderscharte erreichbar. Alle anderen Zugänge wurden teilweise oder komplett künstlich angelegt. Zunächst geschah dies für den Bergbau. Ende des 19. Jahrhunderts begann dann die touristische Erschließung durch den Alpenverein. Bereits 1888 finanzierte der Alpenverein die Eiserne Brücke über die Höllentalklamm, der Klammweg wurde 1905 nach dreijähriger Bauzeit eröffnet.

Am Ortsnamen Hammersbach, dem Ausgangspunkt unserer Tour, hört man schon, dass in der Gegend der Bergbau eine Rolle spielte. Trotz vieler Versuche gelang es nie, den Bergbau im Werdenfelser Land dauerhaft erfolgreich zu betreiben. Wegen der minderwertigen Qualität des Erzes, der gering­mächtigen Lagerstätten und des aufwändigen alpinen Abbaus war man kaum konkurrenzfähig.Bei Hammersbach gab es zwei bedeutende Bergbau­reviere.Im Gebiet des Hupfleitenkessels auf der Hammersbacher Alm wurde seit dem Mittelalter im Tage- und Grubenbau Eisenerz gewonnen. In Hammersbach ist für 1419 eine Hammerschmiede belegt. Der Bergbau muss also älter sein. Die Spuren davon sind aber nicht mehr ohne Weiteres im Gelände auszumachen.
Anders im Höllental, wo man im 18. Jahrhundert Blei und Zink, zu Beginn des 20. Jahrhunderts Molybdän abbaute. Von diesen Aktivitäten zeugen neben zahlreichen Stolleneingängen auch die ehemaligen Knappenhäuser, die Fundamente der Materialseilbahn, die Reste des Wasserkraftwerks am Hammersbach und der verfallene Knappensteig.
Erfolglos blieben die Versuche am Waxenstein, wo lediglich ein Erkundungs­stollen existiert.Der alpine Bergbau bedeutete für die Knappen eine unglaubliche körperliche Belastung.Bei jedem Wetter, sogar im Schnee, mussten sie auf gefährlichen Pfaden zu ihrem Arbeitsort auf- und wieder absteigen. Das geförderte Erz trugen sie mit Kraxen ins Tal. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte der Transport aus dem Höllental über die 2100 Meter hoch gelegene Rinderscharte.
Während des Ersten Weltkriegs stieg die Nachfrage nach dem Molybdän aus dem Höllental sprunghaft an. Das Metall wurde für Panzer­stahl­legierungen benötigt. Die Arbeits­bedingungen für die bis zu 600 Knappen waren zeitweise derart katastrophal, dass einige sich sogar freiwillig zur Truppe zurück­meldeten oder versuchten wenigsten bei anderen Gruben unterzukommen. Viele litten an Unterernährung. Manchmal war ein Viertel der Belegschaft krank.

Tourcharakter und Schwierigkeit

1500 hm 18 km7:20 h

Anspruch ■■■■■■ T4  I
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■

Die schwierigste Passage stellt der stark verfallene Teil des alten Knappensteigs dar. An ihn sollten sich nur wirklich Berg­erfahrene heranwagen. Die Drahtseile hängen dort lose herum und sind nicht mehr verlässlich. Daher ist das ein echtes Ier-Gelände.
Wer den ausgesetzten und gefährlichen Knappensteig vermeiden will, muss den Umweg über die Höllental­angerhütte in Kauf nehmen.
Doch auch ohne Knappensteig erfordert die Tour Schwindelfreiheit und solide Trittsicherheit.

Wegen der vielen Höhenmeter wird außerdem die Kondition gehörig strapaziert. Merkt man am Osterfelderkopf, dass es zu viel wird, gäbe es die Möglichkeit, mit der Alpspitzbahn ins Tal zu gondeln.

Wegbeschreibung

Stangensteig ins Höllental

Stangensteig
Ein Mindestmaß an Schwindelfreiheit ist auf dem Stangensteig von Vorteil.

Von Hammersbach folgt man erst einmal eine knappe Stunde lang dem breiten Weg zur Höllentalklamm. Kurz vor dem Klammeingang zweigt dann der Stangensteig1 rechts ab. Er führt zunächst in Serpentinen im Wald recht steil nach oben und quert anschließend auf einem schmalen Band durch die Nordostwand des Waxensteins. Diese exponierte Passage ist spektakulär. Man hat eine einzigartige Perspektive auf den mehrstufigen Wasserfall, der aus dem Rotgraben herabstürzt. Voraus erhebt sich der aus diesem Blickwinkel sehr abweisend wirkende Schwarzenkopf. Dahinter lugt bereits der Osterfelderkopf hervor.

Der Stangensteig ins Höllental diente ab 1845 als Transport­weg für den Blei­berg­bau. Mit dem auf­kommenden Alpin­tourismus entdeckten ihn auch die Berg­steiger für sich. Beim späteren Molybdän­bergbau zu Beginn des 20. Jahr­hunderts nutzten ihn die Knappen noch als Arbeits­weg. An den lawinen­gefährdeten Stellen wurden 1916 enge Durch­gangs­stollen in den Fels gesprengt. Der Flurname Auf der Stange bezeichnet wohl das lang­gezogene Band in der Nordost- und Ostwand des Waxensteins, über das der Steig verläuft. Mehr Info

Eiserne Brücke

Bald nach dem Felsband geht es bergab zur Eisernen Brücke, welche die Höllental­klamm in 73 Metern Höhe überspannt. Von der Brücke hat man einen fantastischen Blick in die Höllental­klamm und auf die Karstquelle in ihrer Ost­wand, aus der das Wasser nur so heraus­schießt. Das gesamte Gebiet inklusive der Höllentalklamm besteht aus Wetter­stein­kalk, einem gut verkarstungs­fähigen Gestein.

Ursprünglich gab es über die Höllentalklamm laut den Berichten von Alpenvereins­mitgliedern nur einen waghalsigen Steg, der aus einem einzelnen Baumstamm ohne Geländer bestand, wahrscheinlich ein Überbleibsel des um 1845 angelegten Knappensteigs. Später entstand unter Beteiligung des Alpenvereins eine Holzbrücke, die immer wieder von Stürmen und Lawinen beschädigt wurde. Ein Föhnsturm gab ihr 1885 den Rest. Nachdem sich in der Umgebung keine geeigneten Baumstämme mehr fanden, beschloss die Sektion München im Jahr 1888 schließlich, die Eiserne Brücke zu bauen.

Alter Knappensteig

Knappensteig
Der verfallene Knappensteig ist steil und ausgesetzt. Die Draht­seile hängen nur noch lose herum.

Drüberhalb der Eisernen Brücke bleibt man noch ein wenig auf dem markierten Weg. Nach ungefähr 50 Höhenmetern zweigt linker Hand ein unscheinbarer, fußbreiter Pfad ab. Das ist der alte Knappensteig zu den Stollen und den Knappenhäusern.
Der Knappensteig verläuft durch absturz­gefährdetes Gelände und wird zusehends anspruchsvoller. Wenigstens lässt er sich immer gut erkennen. Mehrere Felsriegel werden auf künstlich in den Fels geschlagenen Stufen überwunden. Die maroden Drahtseile sind Stolperfallen. Keinesfalls daran festhalten.

Grube Höllental
Eingang zum Unterbaustollen und Reste der ehemaligen Beladestation der Grube Höllental.

Auf 1460 Metern passiert der Knappensteig die ehemalige Beladestation der Materialseilbahn am Unterbau­stollen. Ein ziemlicher Schrottplatz! Die Stollen des Molybdänbergwerks sind teilweise eingestürzt. Sie dürfen nicht betreten werden. Vom Unterbau­stollen aus trieb man den Tiefbau über drei Ebenen bis auf 1100 Meter hinab. Auf den tieferen Ebenen wurde kein Erz gefunden. Oberhalb des Unterbau­stollens ist der Berg komplett durchlöchert.
Von der Verladestation ist es dann nicht mehr weit zu den Knappenhäusern2, bei denen wieder der reguläre Wanderweg erreicht wird.

Ins Hupfleitenjoch

Hupfleitenjoch
Der Hupfleitenkessel und das Hupfleitenjoch. Rechts steht der Schwarzenkopf, dahinter lugt der Waxenstein hervor.

Die Strecke von den Knappenhäusern zum Hupfleitenjoch3 ist breit ausgebaut. Wir verdanken das der Sektion Garmisch-Partenkirchen, welche den Hupfleitenweg von 1907 bis 1909 anlegte. Dabei kam offenbar reichlich Sprengstoff zum Einsatz. Am Hupfleitenjoch wäre ein kleiner Gipfel­abstecher zum latschen­bewehrten Schwarzenkopf möglich.
Auf der anderen Seite des Hupfleitenjochs steigt man in den Hupfleiten­kessel ab. In der kleinen Felswand im Kessel klafft ein Stollenloch. Es existieren noch weitere schwer auffindbare Stollen. Der Hupfleiten­kessel ist verkarstet. An seiner tiefsten Stelle läuft das Wasser durch ein Ponor ab. Wahrscheinlich fließt es zur Quelle in der Höllentalklamm.

Osterfelderkopf

Zum Osterfelderkopf folgt nun nochmals ein kräftiger Anstieg. Unter dem Längenfelderkopf stößt der Weg von der Hochalm hinzu und es wird immer belebter. Tafeln informieren unterwegs über die Geologie des Wettersteingebirges sowie den Bergbau.
Am Osterfelderkopf4 herrscht wegen der Alpspitzbahn ein ziemlicher Touristenradau. Wenige Meter von der Bergstation entfernt befindet sich die umstrittene Aussichtsplattform AlpspiX. Der ursprünglich transparente Boden ist milchig zerkratzt. Letztlich sieht man von dem Bauwerk auch nicht mehr, als wenn man daneben steht. Aber es lässt sich gut vermarkten. Jeder Instagrammer muss es natürlich im Portfolio haben.

Rinderweg vom Höllentor ins Höllental

Rinderweg ins Höllental
Spannender Abstieg vom Höllentor über den Rinderweg ins Höllental.

Südlich des Osterfelderkopfs erhebt sich der Höllentorkopf. Hinter dem Höllentorkopf liegt die Scharte des Höllentors, auch Rinderscharte genannt. Dort beginnt der Abstieg auf dem bequem ausgebauten Rinderweg ins Höllental. Der Viehtrieb über das steile Geröll muss mühsam und gefährlich gewesen sein. Viele Hundert Höhenmeter tiefer kommt die Abzweigung zu den Knappenhäusern. Das wäre der kürzeste Rückweg. Ich kann aber nur davon abraten, den heiklen Steig bergab zu nehmen. Besser die längere Strecke nach links mit etwas Auf und Ab zur Höllental­angerhütte5 einschlagen. Die Hütte ist erst zu sehen, wenn man kurz davor steht.

Verborgene, düstere Bereiche im Gebirge werden häufig als Hölle bezeichnet. Insbesondere trifft das auf Schluchten und auf schwer zugängliche Kessel oder Täler zu. Das Wort muss dabei von seiner ursprüng­lichen Bedeutung her, dem mittel­hoch­deutschen Helle für einen tiefen Gelände­einschnitt bzw. einen schaurigen Ort, verstanden werden. Eine Hölle im religiösen Sinne ist nicht gemeint. Mehr Info

Höllentalanger

Höllentalanger
Blick von der Höllentalangerhütte über den Anger auf das Brett.

Vor der Höllentalangerhütte erstreckt sich das breite Kiesbett des Hammersbachs und dahinter ein überraschend lieblicher Anger. Den grünen Karboden umrahmt im Süden eine vom Gletscher rund­geschliffene Karschwelle mit dem so genannten Brett. Man kann sich gut vorstellen, wie dort einst der Gletscherbruch des Höllental­ferners herabkam.
Entdeckt wurde das Höllental erst 1562 durch einen gewissen Hans Khrinner aus Hammersbach auf der Suche nach neuen Weidegründen. Fortan grasten im Sommer Schafe und Galtvieh auf der Höllentalalm. Man musste die Tiere über die Rinderscharte treiben. Der hochalpine Triebweg bedeutete ein großes Risiko, denn bei einem plötzlichen Schneeeinbruch waren Mensch und Tier im Höllental gefangen. Seit den 1930er Jahren wird die Alm nur noch mit Schafen bestoßen. Mehrere Dutzend Schafe werden jährlich über den Stangensteig getrieben.

Mariensprung

Mariensprung
Die Mariensprung-Karstquelle im Höllental.

In Luftlinie hundert Meter nordöstlich der Höllental­anger­hütte stürzt auf Seiten des Waxensteins ein imposanter Wasser­fall herab, der Mariensprung heißt. Er wird von einer Karstquelle hoch oben in der Wand gespeist. Über den Marien­sprung entwässert ein Teil des Waxenstein­massivs. Früher gab es oben am Marien­sprung vorbei und über den so genannten Bösen Ort eine Verbindung zum Stangen­steig, zumindest laut alten Karten. Der Name Böser Ort erscheint zutreffend, denn für Zweibeiner dürfte das dort oben sicherlich ein gefahrvoller Ort sein.

Höllentalklamm

Karstquelle Höllentalklamm
Etwa in der Mitte der Höllentalklamm, dort wo sie von der Klammbrücke überspannt wird, ergießt sich aus der Felswand eine Karstquelle.

Von der Höllentalangerhütte wandern wir talauswärts zur Höllental­klamm. Vor der Höllentalklamm fällt rechts das Mundloch zum Klamm­aufbruch auf. Dieser 400 Meter lange Stollen führte hinauf zur Grube Höllental. Ab 1917 diente er den Knappen zeitweise als Zustieg. Heute ist er verstürzt. Gleich darauf kommen noch die Beton­fundamente des ehemaligen Wasserkraft­werks am Hammersbach. Der Zuleitungs­kanal ist recht gut erhalten. An seinem Ende liegt die Turbinenkaverne. Das Kraftwerk versorgte das Bergwerk ab 1917 mit Strom. Bereits 1922 wurde es wieder stillgelegt.
In der Höllentalklamm6 kann es nachmittags so voll werden, dass sich die Besucher an den Engstellen stauen. Am Ende müssen wir an der Kasse für den Austritt bezahlen. Die Kosten für den Unterhalt der Klamm sind hoch und der Alpenverein freut sich deshalb durchaus über den Andrang. Am Eingang steht auf einem Felsvorsprung die ebenfalls vom DAV betriebene winzige Höllental­eingangshütte, ohne Übernachtung, aber mit Bewirtung. Ein kleines Museum zur Geschichte der Klamm gibt es auch. Von da geht es auf dem Hinweg nach Hammersbach zurück.