Heuberg (1398 m) Rundwanderung
Von Nußdorf auf den Kitzstein
Die Wanderung von Nußdorf am Inn über den Heuberg und die Daffnerwaldalm gehört zu den absoluten Klassikern im bayerischen Unterinntal. Der mehrgipflige Heuberg steht relativ für sich im Dreieck zwischen den vorgelagerten Hügeln des Samerbergs, dem Hochriesgebiet und dem Kranzhorn, so dass man von oben eine perfekte Aussicht genießt. Am ruhigsten ist es auf dem Kitzstein, dem südlichsten Punkt des Heubergs.
Stand:

Wenn man von Norden Richtung Inntal fährt, fällt der Heuberg schon von Weitem auf. Mit seinen markanten Wänden, den skurrilen Felstürmen und den verborgenen Höhlen inspirierte der in weiten Teilen unzugängliche Berg zur Sagenbildung. Die bekannteste Sage handelt von der versteinerten Sennerin Kundl.Der Sprachforscher Karl Finsterwalder deutete den Bergnamen in diesem Sinne als einen Berg, der den Menschen nicht ganz geheuer war.Tatsächlich wird das Wort Heu bei Flurnamen öfters von geheit
abgeleitet, für einen eingehegten, mit einem Zaun oder einer Hecke umgeben und daher verbotenen Bereich. Diese Deutung erscheint im Fall des Heubergs aber recht weit hergeholt. Denn wie auch an anderen Heubergen der Alpen mähten die Menschen dort früher in den steilen, für das Weidevieh unerreichbaren Hängen und Lahnergräben das so genannte Wildheu. Die Arbeit war gefährlich und wurde von Spezialisten, den Wildheuern, ausgeführt. Um nicht abzurutschen, trugen sie Steigeisen oder banden sich fest. In der Schweiz pflegt man die Tradition des Wildheuens bis heute.
Die schöne Silhouette des Heubergs wird leider von dem Steinbruch Überfilzen beeinträchtigt, der einer offenen Wunde gleich in der Steilflanke klafft. Er frisst sich seit den 1960er Jahren den Berg hinauf. Ursprünglich sollte der Kalkstein von außen uneinsehbar in einem Kessel abgebaut werden. Doch durch die Sprengungen stürzte der Blickschutz bald ein.Die Rohrdorfer Zement plant, den Betrieb noch Jahrzehnte fortzuführen und möchte den Steinbruch bis auf die Höhe von 840 Metern ausbeuten.Für die Anwohner war der Steinbruch schon immer ein Ärgernis. Die Gemeinde Nußdorf, der BUND Naturschutz und ein Aktionsbündnis kämpfen unter dem Motto Rettet den Heuberg gegen die Erweiterung. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht erreichte die Gemeinde Nußdorf immerhin einen vorläufigen Stopp oberhalb von 758 Metern.
Auf der Wanderung selbst merkt man vom Steinbruch zwar nichts, doch langfristig bedroht er den Steig zur Bichleralm, weil die Gefahr besteht, dass die ganze Flanke destabilisiert wird und es zu Steinschlag oder gar einem Felssturz kommt.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Von den verschiedenen Aufstiegen zum Heuberg ist derjenige über die Bichleralm der anspruchsvollste, gleichzeitig aber auch der abwechslungsreichste. Es gibt ein paar Meter Drahtseil und leicht ausgesetzte Stellen. Trittsichere und schwindelfreie Wanderer haben damit jedoch sicher kein Problem. Geübte können außerdem den Kitzstein mitnehmen, alle anderen begnügen sich mit dem etwas niedrigeren Hauptgipfel.Bei Nässe kann man den Heuberg übrigens nicht empfehlen. Die ausgetrampelten Steige weichen schnell auf.
Wegbeschreibung
Mühlenweg zum Steinschmid
Von der Bushaltestelle folgt man am besten der Dorfstraße mit einigen Stationen zum Nußdorfer Mühlenweg. Erstaunlich, wie viele unterschiedliche Mühlen es in dem Ort gibt. Der Mühlbach, welcher sie antrieb, verläuft neben der Dorfstraße. An seinem oberen Ende steht die ehemalige Hammerschmiede beim Steinschmid1. Kurz vor dem Steinschmid zweigen rechts die Wanderwege zum Heuberg ab.Westaufstieg zur Bichleralm

Schon nach wenigen Schritten kommt eine Gabelung mit Schilderbaum. Dort halten wir uns rechts, denn diese anspruchsvollere Strecke über die Bichleralm eignet sich besser für den Aufstieg. Den ersten Kilometer geht es noch gemütlich auf dem so genannten Römerweg2 Richtung Überfilzen bis zu einer Forststraße. Auf der Forststraße läuft man kurz bergauf und wechselt dann wie beschildert rechts auf einen Steig.Die Forststraße führt übrigens weiter zur Wallfahrtskirche Kirchwald, die auf unserem Rückweg liegt.Der Heubergsteig biegt bald nach links und schlängelt sich im Zickzack steil empor, wobei er zweimal die Kiesstraße zum oberen Ende des Steinbruchs kreuzt. Auf der Westseite des Heubergs wächst ein abwechslungsreicher montaner Mischwald, teilweise auf Blockschutt. Der Blockschutt stammt von Felsstürzen an der Kindlwand und der Eingefallenen Wand.

Im Bereich eines schwach ausgeprägten Grabens muss man genau auf die Markierungen achten, um nicht versehentlich auf dem Zustieg zu den Kletterrouten der Kindlwand zu landen. Der richtige Steig dreht dort rechts über eine etwas ausgesetzte Schulter, die den Hang absperrt. Es folgt eine längere Querung. Danach windet sich der Steig geschickt durch felsdurchsetztes Steilgelände mit kleinen Kraxelstellen.
Wenn es wieder einfacher wird, taucht die Bichleralm3 auf. Unterhalb der Hütte gibt es eine herrliche Aussichtsloge mit freiem Blick über das Inntal zum Astengebiet.
Die Weiden der Bichleralm waren wegen der vielen Absturzstellen für das Vieh sehr gefährlich. Der Aufwand für die Einzäunungen wurde irgendwann zu groß. So gab man die Alm schließlich auf und verpachtete sie kurzerhand als Jagdrevier.
Heuberg über Kindlwandsattel
Von der Bichleralm leitet der Wanderweg auf einer früher als Schöngang bezeichneten Rampe in den nahen Kindlwandsattel. Neben dem Weg plätschert eine Quelle, welche die Bichleralm versorgt. Am Sattel stößt von Osten der Steig durch das Wassertal hinzu.Ab dem Kindlwandsattel geht es vorwiegend am Grat entlang bei bester Aussicht zum Heuberg Hauptgipfel4 hinauf. Der griabige Grasbuckel bietet viel Platz zum Rasten und eine tolle Perspektive auf die Wasserwand.
Abstecher zum Kitzstein

Wer mag, kann am Drahtseil zur Wasserwand emporturnen. Leider ist der kleine Klettersteig sehr überlaufen, so dass es oft zu Wartezeiten kommt. Besser machen wir uns auf zum einsameren Kitzstein.
Südlich der Gipfellichtung verschwindet ein Trampelpfad zwischen den Bäumen. Dem ersten Hindernis weicht er links aus. Nach einer Minischarte geht es erneut links an einem Felskopf vorbei. Vorsicht wegen der vielen Wurzeln. Das sind echte Stolperfallen. Eine besonders exponierte, rutschige Stelle ist mit Drahtseil versehen. Dahinter öffnet sich eine versteckte, heimelige Lichtung. Von da sind es noch hundert Höhenmeter durch den Wald zum schmalen Gipfelkamm des Kitzsteins5. Oben wird man mit einem herrlichen Blick nach Süden auf das Kranzhorn belohnt. Dahinter liegt bereits das Kaisergebirge.
Zur Daffnerwaldalm

Nach dem Abstieg vom Kitzstein suchen wir auf der Lichtung rechter Hand eine Trampelspur, die im Wald bergab verläuft. Stellenweise ist der Pfad schlecht zu gehen. Hinter einem Viehzaun mit Durchlass treten wir bald wieder ins Freie und treffen auf den stark ausgefransten Weg hinab zu den Hütten der Daffnerwaldalm6. An der Alm gibt es eine Stärkung.
Manche sprechen von den Daffnerwaldalmen im Plural, weil es mehrere Hütten sind. Man darf Alm aber nicht mit Almhütte gleichsetzen. Alm bezeichnet in erster Linie die Hochweide. Auf dieser können mehrere Hütten, nur eine einzige oder auch gar keine stehen. Unabhängig von der Anzahl der Hütten ist es immer nur eine einzige Alm.
Rückweg über Kirchwald

Nun wird es etwas hatschert. Der Zubringer der Daffnerwaldalm ist teils betoniert, teils gekiest. Die Abzweigung bei Mailach nach Schweibern sowie ein wenig später diejenige nach Gritschen lassen wir rechts liegen.
Eine gute halbe Stunde dauert es bis zur Wallfahrtskirche in Kirchwald7. Der Ursprung des idyllischen Wallfahrtsorts liegt im 17. Jahrhundert, genau wie bei der Wallfahrtskirche Schwarzlack am Sulzberg auf der anderen Innseite. Damals kamen viele Rompilger durch die Gegend und einige ließen sich als Einsiedler nieder. Der erste Eremit von Kirchwald, Michael Schöpfl, lebte ab 1644 in der Höhle Quarantaine oder Quarantan unten am Steinbach. Die heutige barocke Wallfahrtskirche stammt von 1720. Seit 2018 bewohnt Schwester Miriam Bauer die Einsiedelei neben der Kirche.
Kurz nach der Kirche wechselt man rechts wie beschildert von der Kiesstraße auf einen schmäleren Weg, so dass man unten wieder an der bereits bekannten Gabelung beim Steinschmid herauskommt.