1. Brandenberger Alpen

Burgruine Thierberg und Hechtsee

Leichte Wanderung bei Kiefersfelden

Die Burgruine Thierberg bildet zusammen mit dem nahe gelegenen Hechtsee ein lohnendes Ziel zum Wandern zwischen Kiefersfelden und Kufstein. Vom Bergfried der Ruine hat man eine umwerfende Aussicht über das Inntal bis tief ins Kaisergebirge. Im Sommer lädt der Hechtsee zum Baden ein. Er ist aber auch zu jeder anderen Jahreszeit reizvoll.
Stand:

Zur Galerie (10)
Hechtsee
Blick über den Hechtsee zum Nußlberg.

Insgesamt vier idyllische Seen liegen auf dem bewaldeten Thierberg verstreut, von denen der Hechtsee der größte ist. Die anderen drei heißen Egelsee, Längsee und Pfrillsee. Ursprünglich gab es noch weitere Seen, die inzwischen verlandet sind, erkennbar an einigen vermoorten Senken.Die Entstehung der Thierbergseen wirft bis heute Fragen auf.Weil der Längsee unterirdisch entwässert, werden die Vertiefungen von manchen Geologen als Karst­erschei­nungen interpretiert. Doch das ist unwahrschein­lich. Denn der Thierberg besteht überwiegend aus Brekzien, Konglomeraten und Dolomiten, die normalerweise nicht verkarsten. Beim Hechtsee spricht seine erstaunliche Tiefe von 56 Metern für eine tektonische Dehnungs­zone. Das Gebiet wurde nachweislich tektonisch stark beansprucht. Den letzten Schliff erhielten die Vertiefungen auf jeden Fall durch die eiszeitliche Vergletscherung. Hunderttausende von Jahren flossen die mächtigen Eispakete des Inn-Gletschers darüber hinweg.

Das wichtigste Ausflugsziel bei Kiefersfelden ist neben dem Hechtsee die Burgruine Thierberg. Man mag sich über ihre abseitige Lage hoch über dem Inntal wundern. Doch der Talboden war früher sumpfig und permanent von Überschwemmungen bedroht. Die Straßen wurden daher soweit möglich etwas oberhalb in die Hänge gebaut. Vielleicht führte an der Burg eine wichtige Straße vorbei, so dass sie einst weniger abgelegen stand als heute. Denkbar wäre, dass dort bereits in der Römerzeit eine Straße verlief. Archäologische Beweise dafür fehlen aber. Ein paar Münzfunde sind noch kein Beweis. Die liegen überall herum.Nach Auskunft des Festungs- und Heimatmuseums Kufstein stammt die Burg Thierberg aus dem 13. Jahrhundert.Erbaut wurde Thierberg vermutlich von dem einflussreichen Geschlecht der Freundsbergern, einem im Unterinntal ansässigen Tiroler Uradel. Wegen zahlreicher Umbauten und Sanierungs­maßnahmen blieb von der ursprünglichen Burg wenig Originales erhalten. Seit 1939 gehört die Burg zusammen mit dem Lehenhof der Unternehmer­familie Henkel aus Düsseldorf.
Für die Verteidigung der Festungsstadt Kufstein war der Thierberg lange Zeit von Bedeutung. Die Angreifer kamen ja stets von Norden. Seine Wälder durften beispielsweise nicht genutzt werden, um bei einem feindlichen Vormarsch durch umhacken der Gehölze einen undurch­dringlichen Verhau schaffen zu können. Zwischen dem Inn und dem Berghang gab es eine befestigte Klause. Gebracht hat all das nichts.

Museumstipp: Das Heimatmuseum Kiefers­felden befindet sich im Blaahaus im Süd­osten des Orts nahe dem Inn. Äußerlich sieht das Gebäude wie ein altes Bauern­haus aus. Es wurde aber niemals landwirt­schaft­lich genutzt, sondern war ein Wohn­haus für die Arbeiter der ehemaligen Eisen­werke. Kiefers­felden war nämlich ein früh­industrieller Standort mit Eisen- und Hammer­werken, Zement­produktion und Köhlerei. Neben der Industrie­geschichte erfährt man im Museum auch etwas über die prä­historische Vergangenheit, den Grenz­verkehr und den Tourismus.

Tourcharakter und Schwierigkeit

300 hm 11 km2:50 h

Anspruch ■■■■■ T1
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■
Die Runde über den Hechtsee und den Thierberg ist eine einfache, überwiegend schattige Wanderung, die gerade einmal einen halben Tag in Anspruch nimmt. An einigen Stellen könnte die Beschilderung etwas genauer sein. Es geht mehrmals auf und ab. Die Höhenmeter sind dennoch recht überschaubar.

Wegbeschreibung

Am Kieferbach

Man wendet sich am Bahnhof in Kiefersfelden nach Norden zur Kufsteiner Straße und läuft auf dieser zunächst bis zum Kieferbach1. Dort besser nicht über die Brücke, sondern gleich nach links. Der schattige Weg bleibt direkt am Kieferbach. Die andere Seite wäre auch möglich, ist aber nicht so schön.
Am orografisch linken Ufer des Kieferbachs verläuft übrigens die Gleisstrecke der Wachtlbahn. Früher wurde auf dieser Schmalspur­strecke das Material aus den Steinbrüchen bei Wachtl in Tirol abtransportiert. Die Steinbrüche liegen schon lange brach, obwohl die Abbau­konzession noch gültig wäre. Einige Jahren fanden mit der Wachtlbahn nostalgische Museumsfahrten statt. Derzeit ist ihre Zukunft ungewiss.

Wasserfall am Hechtseeabfluss

Wasserfall am Hechtsee
Beim Wasserfall am Abfluss des Hechtsees riecht es komisch wegen des fauligen Tiefenwassers.

Nach zwei Kilometern am Kieferbach taucht links ein netter Wasserfall2 auf. Leider versperrt die Vegetation etwas den Blick. Das Wasser kommt vom Hechtsee herab. Es riecht nach faulen Eiern. Warum das so ist, dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Neben dem Wasserfall windet sich ein befestigter Steig im Zickzack eine kleine Fels­barriere bergauf. Das sind die letzten Ausläufer des kilometer­langen Pendlingzugs der Brandenberger Alpen, die dort ein Stück nach Bayern hineinreichen.

Hechtsee

Felsmarch am Hechtsee
Diese bayerisch-tirolische Grenz­markierung am Hechtsee existiert seit 1670. Sie wurde mehrmals bestätigt und ist bis heute gültig.

Kurz vor dem Hechtsee3 passiert man eine kunstvoll in den Fels gemeißelte Grenz­markierung mit mehreren Jahres­zahlen. Die älteste ist von 1670. Die March ähnelt derjenigen am Gipfel des Kranzhorns auf der anderen Inntal­seite, die ebenfalls von 1670 stammt. Am Buchberg und beim Egelsee nordöstlich des Hechtsees stehen zudem mehrere historische Grenzsteine aus demselben Jahr. Tatsächlich verläuft die Grenze zwischen Bayern und Tirol hier aber schon seit 1504. Damals fiel Kufstein zusammen mit Rattenberg und Kitzbühel als Folge des Landshuter Erbfolgekriegs vom Herzogtum Bayern-Landshut an die Grafschaft Tirol.
Der Hechtsee liegt bereits komplett auf Tiroler Seite. Man kann je nach Belieben entweder den kürzeren Weg am schattigen Westufer nehmen oder links herum über den Badeplatz und das Seerestaurant wandern. Zielpunkt ist die Südwest­ecke, wo der Hechtbach in den See mündet. Am Ufer gibt es ein paar schöne Rastplätze. Leider sind sie oft alle belegt. Viel los ist am Hechtsee schon, doch bald wird es wieder ruhiger.

Früher galt der Hechtsee den Menschen als unheimlich und tatsächlich birgt er ein kleines Geheimnis. An seinem Grund sammeln sich große Mengen Faulschlamm an, vermutlich wegen der Blätter, die Jahr für Jahr hineinfallen und weil in der Tiefe Sauerstoff fehlt. Man kann das am Wasserfall riechen, denn ein Rohr leitet das faulige Tiefenwasser zum Seeabfluss, damit das Gewässer nicht irgendwann umkippt.
Als sich 1755 das schwere Erdbeben in Lissabon ereignete, wirbelte die in ganz Westeuropa spürbare Erschütterung angeblich den Faulschlamm im Hechtsee auf. Augenzeugen berichteten, der See hätte hohe Wellen geschlagen und das Ufer mit übel riechendem Faulschlamm bedeckt. Alle Fische sollen dabei getötet worden sein. Bei dem weniger verheerenden Beben von 1761 wiederholte sich das Phänomen. Sogar die Eisdecke des Sees wurde damals von den Wellen aufgebrochen.
Inzwischen konnten die Berichte durch die Analyse eines Sediment­bohrkerns aus dem Hechtsee zumindest teilweise bestätigt werden. Auch vom Walchensee und weiteren Seen wird erzählt, es hätte am Tag des Erdbebens trotz Windstille einen plötzlichen Wellengang gegeben. An der Geschichte muss also schon etwas dran sein.

Längsee

Längsee
Das steile Ufer des Längsees ist recht verwachsen und unzugänglich.

Vom Hechtsee geht es als Nächstes neben dem munter dahinplätschernden Hechtbach durch einen Graben ein wenig bergauf. Nach einem Kilometer taucht der Längsee4 auf. Er besitzt in der Tat eine längliche Form. Den See umgeben steile, fast urwaldartig bewachsene Hänge. Nur an seiner versumpften Ostseite gelangt man bis zum Ufer. Der Längsee entwässert von dort unterirdisch in den Hechtbach.
Zum Längsee gibt es noch eine unterhaltsame Anekdote zu berichten. Mit Eröffnung der Bahnstrecke zwischen Kufstein und Rosenheim im Jahr 1858 wurde er nämlich für die Münchner Brauereien interessant. In milden Wintern mussten sich diese das Eis für ihre Bierkeller aus den Bergseen besorgen und einer davon war der Längsee. Der kleine See mit seiner Muldenlage friert relativ schnell zu.

Pfrillsee

Haarsee
Im seichten Wasser des fast vollständige verlandeten Haarsees gedeiht die Steife Segge.

Vom Längsee könnte man nun zwar direkt zur Burgruine Thierberg laufen, doch es lohnt sich, zuvor noch einen Schlenker um den Pfrillsee zu machen. Er liegt auf der anderen Seite der Thierseestraße, die schon von Weitem zu hören ist. Unterwegs zum Pfrillsee kommt man an der sumpfigen Mulde des ehemaligen Haarsees vorbei. Im seichten Wasser wachsen schöne Bulte der horstbildenden Steifen Segge, genau wie am Längsee und am Pfrillsee.
Beim Pfrillsee5 quert ein schmaler Steig durch das steile Westufer bis zu seinem Südende, wo es einen Badeplatz gibt. Wer baden möchte, der Pfrillsee ist die ruhigere Alternative zum Hechtsee.
Vom Seeabfluss leiten ein paar Stufen bergab. Danach links dem Wegweiser zur Ramsau-Kapelle folgen. Kurz hinter der versteckten Waldkapelle schwenkt der Wanderweg nach links und nähert sich wieder der Thierseestraße.

Burgruine Thierberg

Burgruine Thierberg
Aus dem ehemaligen Palas der Burg Thierberg ging die Thierbergkapelle mit Einsiedelei hervor.

Auf der Nordseite der Thierseestraße gibt es einen Wander­parkplatz. Von da geht es wie beschildert auf der Zufahrtsstraße des Lehenhofs Richtung Gasthof Neuhaus und Thierberg. Zum Grundbesitz des herrschaftlichen Lehenhofs gehört übrigens sowohl der Längsee als auch die Burgruine Thierberg.
Kurz vor dem Lehenhof wechseln wir rechts auf einen Forstweg, der auf eine Lichtung hinausführt. Die Ruine ist bereits zu sehen. Wer im Gasthof Neuhaus einkehren möchte, wendet sich rechts, ansonsten links am Zaun entlang. Dem Kreuzweg folgend gelangt man dann in wenigen Minuten zur Ruine Thierberg6 hinauf.

Der Bergfried beherbergt eine kleine Ausstellung und dient als Aussichts­turm. Das Panorama reicht vom Kaisergebirge über den Pendling in den Brandenberger Alpen bis zum Brünnstein.

Im ehemaligen Palas befindet sich die sehenswerte Thierberg­kapelle nebst der angeblich letzten Einsiedelei Tirols, in welcher der Franziskanerbruder Konrad lebt. Die Eremitage existiert seit dem 17. Jahrhundert. Damals im Barock erlebte das Einsiedler­tum im Inntal seine Blütezeit. Einsiedler lebten unter anderem an der Schwarzlack am Sulzberg bei Brannenburg, außerdem unter der überhängenden Felswand am Burgberg bei Oberaudorf, dem heutigen Weber an der Wand sowie in der Klause auf dem Nußlberg.
Die einzige aktuell noch besetzte Einsiedelei auf bayerischer Seite ist diejenige in Kirchwald zu Füßen des Heubergs.

Das Innere der zweigeschossigen Wallfahrts­kapelle Thierberg überrascht mit einer reichhaltigen Ausstattung. Sie entstand um 1700 nach einem Brand, bei dem der Palas weitgehend zerstört wurde. Ursprünglich verehrte man Johannes den Täufer. Mit der Aufstellung einer Marienstatue im Jahr 1811 wurde die Kapelle zu einem Marien­wallfahrtsort. Die Figur soll eine Nachbildung der Mariendarstellung von Montserrat sein, sieht ihr allerdings nicht wirklich ähnlich.

Rückweg nach Kiefersfelden

Pendling
Vom Thierberg hat man einen schönen Blick zum Pendling.

Bahnfahrer könnten vom Thierberg über Neuhaus nach Kufstein absteigen. Allerdings läuft man dabei praktisch nur auf Straßen. Netter ist die Strecke nach Kiefersfelden, wenn auch ein bisschen weiter.An der Nordseite der Burg führt ein Steig hinunter zu einer Lichtung mit einem einzelnen Haus. Anschließend geht es geradeaus in den Wald. Nach einigen Hundert Metern gäbe es links die Gelegenheit, zwecks Einkehr oder zum Baden nochmals beim Hechtsees vorbeizu­schauen. In jedem Fall gelangt man an die Zufahrts­straße des Hechtsees. Nach Kiefersfelden muss man dann ein Stück an der Hechtseestraße entlang. Sobald sie eine Kurve macht über die Straße und auf einem Fußweg ins Dorf hinein. Zum Bahnhof rechts die Bahnhofstraße nehmen.