Grottenweg-Runde bei Oberammergau
Rätselhafte Felsbilder am Kofel
Seit Jahrhunderten, wenn nicht gar Jahrtausenden hinterließen Einheimische und Durchreisende am Kofel rätselhafte Felsritzbilder, die man vom Grottenweg aus bequem besichtigen kann. Die uralten Bannzeichen am Fels, die verborgene Christusfigur in der Ölberghöhle und die große Lourdesgrotte zeigen, dass der Kofel seit jeher für die Menschen eine besondere spirituelle Bedeutung hatte und noch immer hat. Manche sprechen von Kraftplätzen. Wer damit nichts anfangen kann, der Weg ist auch für sich genommen schön zum Wandern.
Stand:

Dass Felsritzbilder wie am Oberammergauer Grottenweg touristisch beworben werden, bildet die absolute Ausnahmen. Normalerweise hält man sie so gut wie möglich geheim. Zu groß ist die Gefahr einer absichtlichen oder unabsichtlichen Beschädigung.
Esoteriker machen aus den Fundstellen gerne Kultorte, so geschehen am Druidenstein auf der Röthelmoosalm im Chiemgau, ursprünglich als Speckstein bekannt.
Andere meinen, sie müssten sich neben unseren Vorfahren ebenfalls auf dem Fels verewigen oder versuchen die Zeichnungen zu verbessern, um schönere Fotos zu erhalten.
Die besonders wertvollen rätischen Inschriften in einem Höhlenspalt am Schneidjoch in den Brandenberger Alpen wurden zu ihrem Schutz mit einem Eisengitter verschlossen. Allerdings fanden dort bereits in früheren Jahrhunderten Überritzungen statt. Vorhandene Zeichnungen animieren zur Nachahmung. Das war schon immer so.
Neben dem Grottenweg am Kofel existieren im Ammergebirge weitere Orte mit Felsbildern. Relativ bekannt ist der rätselhafte Schalenstein in der Höhlenburg bei Unterpinswang. Im Pürschlinggebiet gibt es zwei Felsbrocken mit rätischen Zeichen. Ihre genauen Positionen sind aus den genannten Gründen unter Verschluss.Viele Felsritzbilder entsprangen wohl dem Bedürfnis, Spuren zu hinterlassen und zu zeigen, dass man da war.Oft besaßen sie eine kultisch-religiöse oder magische Bedeutung. Fruchtbarkeitssymbole sind häufig, ebenso Votivzeichen, die eine Bitte oder einen Dank ausdrücken. Manche Zeichnungen entstanden wohl schlicht aus Langeweile, um sich an Rastplätzen und Unterständen die Zeit zu vertreiben. An den Einständen der Jäger kommen zum Beispiel oft Felsritzbilder mit Jagdwaffen vor, hauptsächlich der Armbrust. Die Jäger beschäftigten sich auf diese Weise, während sie auf das Wild warteten.Die meisten Felsritzbilder stammen aus dem späten Mittelalter oder der Neuzeit.Das hohe antike oder gar prähistorische Alter, das man den Ritzungen früher teilweise zuwies, konnte einer kritischen Forschung in den wenigsten Fällen standhalten. Wegen der fortschreitenden Verwitterung der Felsoberfläche überdauern sie schwerlich mehr als tausend Jahre, außer an sehr geschützten Plätzen. Die Datierung gestaltet sich grundsätzlich schwierig. Wenn nicht die Zeichen selbst einen Hinweis geben, kann das Alter anhand der Rillentiefe allenfalls grob abgeschätzt werden.
Prähistorische Zeichen bedeuten übrigens nicht zwangsläufig, dass diese auch unbedingt aus dieser Zeit stammen müssen. Sie könnten als Kopien über die Jahrtausende mitgeschleift worden sein, vielleicht weil man hinter den unbekannten Zeichen eine magische Kraft vermutete.
Bitte Felsritzbilder immer unangetastet lasten und keine Reinigung vornehmen. Bereits das Entfernen von Moos kann erheblich Schäden hervorrufen. Die Vertiefungen nicht für bessere Fotos einfärben und schon gar nicht nachritzen. Eigene Neuentdeckungen unbedingt geheim halten und nur die zuständige Behörde für Denkmalschutz informieren, keinesfalls die Presse.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Sowohl der Grottenweg als auch die übrige Wanderung sind sehr einfach und kaum anstrengend.Alles ist gut beschildert. Auf die Felsritzungen selbst weisen jedoch keinerlei Schilder hin.
Trotz der kurzen Strecke sollte man ausreichend Zeit einplanen, denn es gibt wirklich sehr viel zu entdecken.
Wegbeschreibung
Grottenweg via Kolbenbach

Vom Bahnhof in Oberammergau laufen wir zunächst die Kolbengasse zur Kolbensesselbahn hinauf. In der linken oberen Ecke des Areals beginnt beim Bikepark ein Fußweg, der ein Stück am Kolbenbach1 entlangführt und bald auf das Sträßchen zur Kolbenalm trifft. Nun links ein paar Meter bergab und dann wie beschildert rechts auf den Grottenweg abzweigen. Voraus erhebt sich der Kofel. Es geht kurz über eine Wiese, bevor der Weg im Wald verschwindet. Gleich darauf tauchen die ersten Felsbrocken auf, Reste eines Felssturzes.
An einer Rastbank steht in einer künstlichen Nische eine Madonna. Viele kleine Porzellanengel dekorieren den Felsen daneben, zwischendrin auch ein Buddha. Offenbar pflegt dort jemand seinen ganz persönlichen Andachtsort.
Am Malenstein

Der Malenstein2 gehört zu einer Gruppe von Sturzblöcke, zwischen denen der Grottenweg hindurchführt.
Auf der dem Berg zugewandten Seite entstand unter den Blöcken eine kleine Durchgangshöhle mit einem nach oben spitz zulaufenden Eingang.
Talwärts liegt der mächtige Malenstein. Er weist zum Weg hin eine mehrere Meter hohe und breite sowie relativ glatte Wand auf, in der es eine Vielzahl von überwiegend stark verwitterten Felsritzbildern gibt. Man erkennt unter anderem Dreiecke, Vierecke, Wappen und Buchstaben. Seltsamerweise sind einige der Wappen innen leer. Blieben sie unvollendet oder wurden sie nachträglich zerstört?
Das auffällige doppelte Rechteck wird als Wegmarkierung interpretiert, weil es im Alpenraum häufiger auftritt. Vielleicht enthielt es aber auch eine Inschrift. Im oberen Teil wurde der berühmte Römerkopf in Reliefform eingemeißelt. Laut dem Felsbildforscher Franz Mandl datiert er auf das Jahr 1882.
Zum Ambronenstein

Hinter dem Malenstein lichtet sich der Wald. In diesem Bereich zweigt der Marxersteig zum Kofel ab, ein unbezeichneter Aufstieg, dessen Beginn nicht ganz einfach zu finden ist.
Wir wandern auf dem Grottenweg weiter, der nun dicht an den hoch aufragenden Felswänden des Kofels vorbeileitet. Es besteht Steinschlaggefahr.
Bis zu dem markanten Ambronenstein dauert es eine Weile. Übersehen kann man ihn eigentlich nicht. Er befindet sich auf der Talseite des Wegs. Oben im Stein ist ein Wappen eingraviert. Laut dem Oberammergauer Heimatmuseum waren die Ambronen ein elitärer Bürgerverein des 19. Jahrhunderts. Die Bedeutung der schon etwas verwitterten Buchstaben bleibt unklar. Der mittlere könnte ein Z sein.
Sondengänger fanden beim Ambronenstein Metallobjekte aus der späten Eisenzeit und der Römerzeit. Schon damals verlief dort wahrscheinlich ein Saumpfad.
Votivwand und Mariengrotte

Gleich nach dem Ambronenstein folgt eine Felswand, an der ein mit Stufen befestigter Steig bergauf führt. Er hat vermutlich den Kofelflecken zum Ziel. Auf diesem wird jährlich am Abend des 24. Augusts eines der Oberammergauer Ludwigsfeuer entzündet, zur Erinnerung an den Geburtstag und Namenstag von König Ludwig II.
Doch zurück zu der Felswand. Die zahlreichen Ritzungen aus Buchstaben und Jahreszahlen werden als Votivzeichen gedeutet. Im 18. Jahrhundert scheint die Wand besonders rege beschrieben worden zu sein.
Als Nächstes kommt dann die im Stil von Lourdes gestaltete Mariengrotte3 unter einer Felsnische, von der es stetig herabtropft. Ein Oberammergauer Ehepaar richtete den Andachtsort 1898 ein.
Felsgesichter in der Muschelhöhle

Knapp hundert Meter nach der Lourdesgrotte leitet rechts ein felsiger Steig in einer Serpentine zu einer muschelförmigen kleinen Höhlung hinauf, die zum Teil verschüttet ist.
Auf den ersten Blick weist der Fels nur minderwertige moderne Kritzeleien von Touristen auf. Manche könne es einfach nicht lassen! Bei genauerer Betrachtung entdeckt man dann aber eine ganze Reihe vermutlich mittelalterlicher Felsbilder, darunter mehrere kunstvolle Gesichter. Was sie darstellen sollen, bleibt Spekulation. Das Gesicht mit den Hörnern gilt als Teufelsfratze oder Krampus, das mit dem Strahlenkranz als Quellgott, was mir allerdings sehr weit hergeholt erscheint.
Von der Muschelhöhle müssen wir anschließend wieder zum Grottenweg zurück, der hinter der nächsten Ecke endet.
Auf der Kälberplatte am Döttenbichl

Nach dem Grottenweg gelangen wir auf die Lichtung an der Kälberplatte. Sie liegt zwischen dem Kofel und dem Döttenbichl. Beim Gedenkkreuz für die Oberammergauer Veteranen und Gefallenen gibt es einen ruhigen Platz zum Brotzeitmachen mit einer toller Perspektive auf den Kofel.
Eine Stele des mehrtägigen Ammergauer Meditationswegs informiert über die archäologische Bedeutung des Döttenbichls. Der bewaldete Hügel selbst ist uninteressant.Wer den Kofel nicht nur von unten betrachten möchte, könnte vom Döttenbichl über den Normalweg aufsteigen. Im Klettersteig auf den letzten Metern zum Gipfel muss man schwindelfrei sein. Zurück kann man dann über den Königssteig und den Kolbensattel wandern.
Der Döttenbichl ist ein Hügel südlich von Oberammergau. Archäologische Funde, insbesondere die vielen antiken Stichwaffen und Pfeilspitzen, deuten auf einen Kampf der einheimischen Räter mit den Römern um 15 v. Chr. hin. Die beteiligte 19. Legion wurde im Jahre 9 n. Chr. in der Varusschlacht vernichtet. Ob es sich beim Döttenbichl auch um einen rätischen Brandopferplatz handelte, ist umstritten, weil bei den Ausgrabungen keine Tierknochen zum Vorschein kamen. Einige Funde werden im Oberammergau Museum ausgestellt. Mehr Info
Kunstwerk in der Ölberghöhle
Hinter der Kälberplatte halten wir uns links und wandern am Schützenhaus vorbei auf einem Sträßchen bergab. Zunächst hängt unter einem Überhang eine Gedenktafel für die verstorbenen Passionsspieler. Wenige Meter weiter befindet sich ein kleiner Quelltümpel. Dahinter klafft vom Laubwerk verdeckt eine große Halbhöhle. Nach ihrem Standort wird sie Ölberghöhle4 genannt.
Man umgeht den Quelltümpel an seiner Nordseite. In der Höhle liegt ein bearbeiteter Felsblock mit zwei eingemeißelten menschlichen Gestalten. Wie der Heimatkundler Andreas P. Kaiser berichtet, schuf Nikolaus Lang (1941–2022) das Kunstwerk im Jahr 1965. Der Titel lautet: Grablegung einer Christusfigur. Einmal sorgte das Werk für Schlagzeilen. Angesichts der römischen Funde am Döttenbichl meinte jemand, eine antike Skulptur gefunden zu haben. Es wäre auch zu schön gewesen!
Rückweg an der Ammer mit Abstecher zum Ludwigskreuz

Unten an der Straße wenden wir uns spitz links und erreichen in ein paar Minuten die Ammer, die uns bis zum Bahnhof begleitet. Etwa auf halber Strecke wäre ein Abstecher zur Kreuzigungsgruppe5 auf dem Osterbichl möglich. Thematisch passt das Ludwigskreuz gut zur Wanderung. Der Umweg nimmt ungefähr eine halbe Stunde in Anspruch. Der Beschilderung folgend geht es die König-Ludwig-Straße hinauf, an die sich zum Schluss ein Fußweg anschließt.
König Ludwig II. besuchte 1871 eine Privatvorstellung der Oberammergauer Passionsspiele. Tief beeindruck stiftete der auch persönlich sehr religiöse König aus Dankbarkeit die monumentale Kreuzigungsgruppe. Bezahlt werden musste sie aber aus der Staatskasse. Das Kunstwerk besteht aus Kelheimer Marmor, der eigentlich gar kein echter metamorpher Marmor ist, sondern lediglich ein feiner weißer Kalkstein. Seinerzeit war die Kreuzigungsgruppe laut Beschreibungstafel das größte Steindenkmal der Welt.
Museumstipp: Das sehenswerte Oberammergau Museum befasst sich mit dem lokalen Schnitzhandwerk, den Passionsspielen sowie den antiken Funden vom Döttenbichl und Rainenbichl. Gezeigt werden unter anderem einige sehr schöne Krippen, Holzspielzeug, religiöse Figuren und römische Waffen.