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Herzogstand und Heimgarten (1791 m) von Schlehdorf

Fantastische Gratwanderung

Die Wanderung auf dem Gratweg vom Herzogstand zum Heim­garten ist ein absoluter Klassiker in den Münchner Hausbergen. Statt am Walchen­see kann man die Rund­tour übrigens auch in Schleh­dorf am Kochelsee beginnen. Diese Strecke ist land­schaftlich mindestens genauso schön und deutlich ruhiger, allerdings auch um einiges länger.
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Heimgarten
Der Gratweg vom Herzogstand zum Heimgarten mit dem Schlehdorfer Kreuz in der Mitte.
Würde man eine Top-10-Liste der belieb­testen Bergtouren Bayerns aufstellen, dann wäre der Gratweg zwischen Herzog­stand und Heim­garten auf jeden Fall mit dabei. Wer diese einzig­artige Kamm­wanderung einmal gemacht hat, unter­nimmt sie immer wieder gerne. Die Fern­sicht reicht bis ins Karwendel und zur Zugspitze. Vor allem aber begeistert der fantastische Blick hinab zu den beiden Seen. Im Norden der Gruppe liegt der Kochel­see, im Süden, 200 Meter höher, der Walchen­see. Den Höhen­unter­schied macht sich bekannter­maßen das Walchen­see­kraftwerk zu Nutze.Schon 1865 empfahl Theodor Trautwein, einer der Gründer des DAV, den Gratweg für Schwindelfreie.Ursprünglich verband wohl ein Jagdsteig den Herzog­stand mit dem Heim­garten. König Maximilian II. hatte sich ja 1859 eine heute nicht mehr bestehende Jagd­hütte am Fahren­berg­kopf errichten lassen. Ein zweites komfortableres Berg­haus mit Aussichts­plattform kam später durch König Ludwig II. hinzu. Um 1868 war der Steig durch die DAV-Sektion München bereits an gefährlichen Stellen mit Drahtseil gesichert worden.
Nach dem Tod von Ludwig II. pachtete die Alpen­vereins­sektion München ab 1887 die verwaisten königlichen Berg­häuser am Herzog­stand, was dem dort gerade erst einsetzenden Alpin­tourismus starken Auftrieb verlieh. Als immer mehr Menschen hinauf­wanderten, sah man sich veranlasst, den Gratweg durch Fels­sprengungen weiter zu entschärfen. So haben wir heute also nur noch eine Lightversion des einstigen Grats.

Tourcharakter und Schwierigkeit

1400 hm 24 km6:40 h

Anspruch ■■■■■■ T3
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■
Sowohl für den Pionierweg als auch für den stellenweise gesicherten Grat­weg braucht man Berg­erfahrung, Schwindel­freiheit und Tritt­sicherheit. Eigentlich sollte das selbst­verständlich sein, doch in der Praxis sind insbesondere am Grat sehr viele Ungeübte unterwegs. Leider kam es schon mehrmals zu schweren und sogar tödlichen Berg­unfällen, obwohl beide Steige nicht wirklich gefährlich sind.
Wegen der beachtlichen Länge von deutlich über 20 Kilometern richtet sich der hier beschriebene alternative Aufstieg von Schleh­dorf vor allem an flotte, sportliche Geher, die regel­mäßig wandern oder joggen. Schleh­dorf liegt außerdem 200 Höhen­meter tiefer als der Startpunkt am Walchen­see. Weniger fitte Berg­freunde starten also besser am Walchen­see oder nehmen die Herzogstandbahn.

Wegbeschreibung

Über die Raut

Bevor es bergauf geht, kann man sich auf einem Sträßchen durch die Wiesen der so genannten Raut im Süden Schlehdorfs gemütlich warm­laufen. Raut ist übrigens ein verbreiteter Rodungs­name. Die Schleh­dorfer reuteten dort einst den Wald, um Weide­land und Wiesen für ihr Vieh zu gewinnen. Der Flurname dehnte sich von da südwärts aus zum Rauteck, der Rauteckalm und dem Rauteckkopf.
Wir ignorieren alle Abzweigungen linker Hand, die zum Felsenweg Richtung Kochel leiten. Der für uns richtige Weg verläuft ein Stück vom Kochelsee entfernt. Nach Überqueren der Haselries­laine biegt er nach rechts und führt in Schleifen zur Lichtung am Jochfleck1 hinauf.

Aufstieg über den Pionierweg

Teufelsgraben
Wilde Welt auf dem Pionierweg durch den Teufelsgraben.

Wir wandern vom Jochfleck noch einige Zeit auf der Forst­straße weiter und passen auf, wann wir auf den Pionier­weg wechseln müssen.Die Forststraße kommen wir später vom Heim­garten wieder herab. Diese Tour­richtung ist sinnvoller, weil man die hatscherte Forst­straße bergab schneller hinter sich hat.Beim Pionierweg handelt es sich um einen schmalen, moderat ausgesetzten Steig. Er wurde 1892 in gerade einmal zwei Wochen von 190 bayerischen Pionieren unter der Leitung von Adalbert Neischl (1853–1911) erbaut. Zuvor gab es nur einen wag­halsigen Jäger­steig, der wegen der bei Regen anschwel­lenden Bäche oft unpassierbar war.
Als Erstes durchquert der Pionierweg den Teufels­graben, der seinem Namen alle Ehre macht. Jenseits des Schön­rain­grabens kommt bald die Neischl-Rast2. Eine kurze Verschnauf­pause kann nach dem anstrengenden Aufstieg nicht schaden.
Der letzte Bachlauf ist der meist trockene Grenzgraben. Dahinter öffnet sich die Lichtung Am Alple3 und gleich darauf wird der so genannte Reit­weg erreicht, den sich einst Maximilian II. anlegen ließ.

Reitweg zum Herzogstand

Jochberg
Aussicht vom Reitweg zum Jochberg. Links neben dem Jochberg steht der Sonnenspitz und dahinter der Rabenkopf.

Die langatmigen Serpentinen bis zur Schleh­dorfer Alm kann man über die steile Skipiste abkürzen. Ein Stück nach der Schlehdorfer Alm endet der ehemalige Reit­weg am Herzog­stand­haus. Nur wenige Hundert Meter entfernt liegt die Berg­station der Herzog­stand­bahn, so dass auf einen Schlag ziemlich viel los ist und das bleibt auch so bis zum Heim­garten. Der Weg passiert den Martins­kopf, auf dem einer der drei Pavillons von König Ludwig II. stand und schlängelt sich dann durch ein Latschenfeld dem Herzogstand4 entgegen. Wer spät dran ist, kommt dort an sonnigen Tagen ganz schön ins Schwitzen.
Der Gipfelpavillon ist nicht mehr original erhalten. Alle könig­lichen Pavillons und Berg­häuser brannten durch Blitzschläge ab. Die massiven Stahl­verankerungen am Gipfel stammen von einer Bergantenne aus den 1920er Jahren. Damals wollte man mit Längst­wellen Funk­verbindungen nach Übersee herstellen. Die rasche Weiter­entwicklung der Funktechnik machte die Anlage allerdings kurz nach ihrer Fertigstellung überflüssig.

Der Herzogstand wurde benannt zu Ehren des bayerischen Herzogs Wilhelm IV. (1493–1550), der dort gerne auf die Jagd ging. Die herzogliche Jagd­gesellschaft nutzte das Kloster Benedikt­beuern als Stütz­punkt. Der Abt musste die kost­spieligen Einquar­tierungen und die Jagd in den klöster­lichen Wäldern dulden. Der ursprüng­liche Name des Herzogstands war Farchen­berg. Er blieb beim Fahren­berg­kopf erhalten. Farche bedeutet Föhre. Diese Baumart dominiert den Wald auf der Südseite. Mehr Info

Gratweg zum Heimgarten

Schlehdorfer Kreuz
Etwa auf halber Strecke gibt es am Grat eine kleine Erhebung, auf der das Schlehdorfer Kreuz steht.

Nun folgt der schönste Abschnitt der Wanderung. Immer am Grat entlang, zum Teil mit kurzen gesicherten Stellen, geht es hinüber zum Heim­garten. Etwa auf halber Strecke hat der Grat einen Höcker, auf dem das Schleh­dorfer Kreuz steht.Zum Schlehdorfer Kreuz gibt es einen wenig bekannten, teils weglosen Aufstieg über den Rauteck­kopf. Die Route ist einfach, jedoch schwer zu finden.Nach dem Schlehdorfer Kreuz kommt der längere zweite Abschnitt auf dem Gratweg. Zum Heim­garten5 gilt es zuletzt noch gut 200 Höhen­meter Gegen­anstieg durch die Latschen zu bewältigen.

Unter Heimgarten, bairisch Hoagascht, versteht man heute eine organisierte Musik- und Tanz­veranstaltung. Ursprünglich war damit die abend­liche Plauder­stunde gemeint, bei der man auf einem Hof oder Platz zusammen­kam, sich Geschichten erzählte, musizierte, sang und tanzte. So wie im Tal trafen sich auch oben im Gebirge die Alm­leute, Holzer und Jäger. Die Heim­garten­alm, inzwischen Kaser­alm genannt, könnte so ein Ort gewesen sein. Bis ins 19. Jahr­hundert hieß der Berg auf den Karten allerdings Haingarten, also ein eingezäunter Garten. Ist die alte Schreib­weise korrekt, dann wäre Heimgarten eine spätere laut­ähnliche Umdeutung. Mehr Info

Abstieg über das Rauchköpfl

Herzogstand
Die Nordseite von Herzogstand und Heimgarten ist außer­ordentlich zerklüftet.

Auf der Nordseite des Heimgartens führt ein viel begangener Steig zum Rauch­köpfl6 hinab. Beim Abstieg hat man die ganze Zeit den Kochel­see wunderbar im Blickfeld.Am Rauchköpfl wenden sich die meisten links über die Kaseralm nach Ohlstadt, für Bahn­fahrer eine sinnvolle Alternative.Nach Schlehdorf muss man rechts. Unter dem Rauch­köpfl liegt eine heimelige Mulde, die teil­weise von einem Schutt­strom überdeckt wird. Von da bietet sich die vermutlich eindrucks­vollste Perspektive auf die extrem zerklüftete Nord­flanke der Gruppe von Herzogstand und Heim­garten. Das Gestein heißt Haupt­dolomit. Stellenweise wurden die Schichten durch die tektonischen Kräfte geradezu senkrecht aufgerichtet und fallen nun auseinander, so dass sich zwischen ihnen unzählige Spalten öffnen. Eine spannende Felslandschaft, wie man sie nur selten derart aus der Nähe betrachten kann.
Der Wanderweg dreht nach der Mulde nord­wärts, passiert ein Hüttlein und mündet dann in eine Forst­straße. Es ist diejenige vom Aufstieg, wobei es noch ein wenig dauert, bis wieder die Stelle erreicht wird, an welcher der Pionierweg abzweigt.

Tipp: Auf dem Kochelsee verkehrt im Sommer­halb­jahr ein Ausflugs­boot. Während der Fahrt hat man eine schöne Perspektive auf die umliegenden Berge und erfährt interessante Details über den Kochelsee.