Herzogstand und Heimgarten (1791 m) von Schlehdorf
Fantastische Gratwanderung
Die Wanderung auf dem Gratweg vom Herzogstand zum Heimgarten ist ein absoluter Klassiker in den Münchner Hausbergen. Statt am Walchensee kann man die Rundtour übrigens auch in Schlehdorf am Kochelsee beginnen. Diese Strecke ist landschaftlich mindestens genauso schön und deutlich ruhiger, allerdings auch um einiges länger.
Stand:

Nach dem Tod von Ludwig II. pachtete die Alpenvereinssektion München ab 1887 die verwaisten königlichen Berghäuser am Herzogstand, was dem dort gerade erst einsetzenden Alpintourismus starken Auftrieb verlieh. Als immer mehr Menschen hinaufwanderten, sah man sich veranlasst, den Gratweg durch Felssprengungen weiter zu entschärfen. So haben wir heute also nur noch eine Lightversion des einstigen Grats.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Sowohl für den Pionierweg als auch für den stellenweise gesicherten Gratweg braucht man Bergerfahrung, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein, doch in der Praxis sind insbesondere am Grat sehr viele Ungeübte unterwegs. Leider kam es schon mehrmals zu schweren und sogar tödlichen Bergunfällen, obwohl beide Steige nicht wirklich gefährlich sind.Wegen der beachtlichen Länge von deutlich über 20 Kilometern richtet sich der hier beschriebene alternative Aufstieg von Schlehdorf vor allem an flotte, sportliche Geher, die regelmäßig wandern oder joggen. Schlehdorf liegt außerdem 200 Höhenmeter tiefer als der Startpunkt am Walchensee. Weniger fitte Bergfreunde starten also besser am Walchensee oder nehmen die Herzogstandbahn.
Wegbeschreibung
Über die Raut
Bevor es bergauf geht, kann man sich auf einem Sträßchen durch die Wiesen der so genannten Raut im Süden Schlehdorfs gemütlich warmlaufen. Raut ist übrigens ein verbreiteter Rodungsname. Die Schlehdorfer reuteten dort einst den Wald, um Weideland und Wiesen für ihr Vieh zu gewinnen. Der Flurname dehnte sich von da südwärts aus zum Rauteck, der Rauteckalm und dem Rauteckkopf.
Wir ignorieren alle Abzweigungen linker Hand, die zum Felsenweg Richtung Kochel leiten. Der für uns richtige Weg verläuft ein Stück vom Kochelsee entfernt. Nach Überqueren der Haselrieslaine biegt er nach rechts und führt in Schleifen zur Lichtung am Jochfleck1 hinauf.
Aufstieg über den Pionierweg

Wir wandern vom Jochfleck noch einige Zeit auf der Forststraße weiter und passen auf, wann wir auf den Pionierweg wechseln müssen.Die Forststraße kommen wir später vom Heimgarten wieder herab. Diese Tourrichtung ist sinnvoller, weil man die hatscherte Forststraße bergab schneller hinter sich hat.Beim Pionierweg handelt es sich um einen schmalen, moderat ausgesetzten Steig. Er wurde 1892 in gerade einmal zwei Wochen von 190 bayerischen Pionieren unter der Leitung von Adalbert Neischl (1853–1911) erbaut. Zuvor gab es nur einen waghalsigen Jägersteig, der wegen der bei Regen anschwellenden Bäche oft unpassierbar war.
Als Erstes durchquert der Pionierweg den Teufelsgraben, der seinem Namen alle Ehre macht. Jenseits des Schönraingrabens kommt bald die Neischl-Rast2. Eine kurze Verschnaufpause kann nach dem anstrengenden Aufstieg nicht schaden.
Der letzte Bachlauf ist der meist trockene Grenzgraben. Dahinter öffnet sich die Lichtung Am Alple3 und gleich darauf wird der so genannte Reitweg erreicht, den sich einst Maximilian II. anlegen ließ.
Reitweg zum Herzogstand

Die langatmigen Serpentinen bis zur Schlehdorfer Alm kann man über die steile Skipiste abkürzen. Ein Stück nach der Schlehdorfer Alm endet der ehemalige Reitweg am Herzogstandhaus. Nur wenige Hundert Meter entfernt liegt die Bergstation der Herzogstandbahn, so dass auf einen Schlag ziemlich viel los ist und das bleibt auch so bis zum Heimgarten. Der Weg passiert den Martinskopf, auf dem einer der drei Pavillons von König Ludwig II. stand und schlängelt sich dann durch ein Latschenfeld dem Herzogstand4 entgegen. Wer spät dran ist, kommt dort an sonnigen Tagen ganz schön ins Schwitzen.
Der Gipfelpavillon ist nicht mehr original erhalten. Alle königlichen Pavillons und Berghäuser brannten durch Blitzschläge ab. Die massiven Stahlverankerungen am Gipfel stammen von einer Bergantenne aus den 1920er Jahren. Damals wollte man mit Längstwellen Funkverbindungen nach Übersee herstellen. Die rasche Weiterentwicklung der Funktechnik machte die Anlage allerdings kurz nach ihrer Fertigstellung überflüssig.
Der Herzogstand wurde benannt zu Ehren des bayerischen Herzogs Wilhelm IV. (1493–1550), der dort gerne auf die Jagd ging. Die herzogliche Jagdgesellschaft nutzte das Kloster Benediktbeuern als Stützpunkt. Der Abt musste die kostspieligen Einquartierungen und die Jagd in den klösterlichen Wäldern dulden. Der ursprüngliche Name des Herzogstands war Farchenberg. Er blieb beim Fahrenbergkopf erhalten. Farche bedeutet Föhre. Diese Baumart dominiert den Wald auf der Südseite. Mehr Info
Gratweg zum Heimgarten

Nun folgt der schönste Abschnitt der Wanderung. Immer am Grat entlang, zum Teil mit kurzen gesicherten Stellen, geht es hinüber zum Heimgarten. Etwa auf halber Strecke hat der Grat einen Höcker, auf dem das Schlehdorfer Kreuz steht.Zum Schlehdorfer Kreuz gibt es einen wenig bekannten, teils weglosen Aufstieg über den Rauteckkopf. Die Route ist einfach, jedoch schwer zu finden.Nach dem Schlehdorfer Kreuz kommt der längere zweite Abschnitt auf dem Gratweg. Zum Heimgarten5 gilt es zuletzt noch gut 200 Höhenmeter Gegenanstieg durch die Latschen zu bewältigen.
Unter Heimgarten, bairisch Hoagascht, versteht man heute eine organisierte Musik- und Tanzveranstaltung. Ursprünglich war damit die abendliche Plauderstunde gemeint, bei der man auf einem Hof oder Platz zusammenkam, sich Geschichten erzählte, musizierte, sang und tanzte. So wie im Tal trafen sich auch oben im Gebirge die Almleute, Holzer und Jäger. Die Heimgartenalm, inzwischen Kaseralm genannt, könnte so ein Ort gewesen sein. Bis ins 19. Jahrhundert hieß der Berg auf den Karten allerdings Haingarten, also ein eingezäunter Garten. Ist die alte Schreibweise korrekt, dann wäre Heimgarten eine spätere lautähnliche Umdeutung. Mehr Info
Abstieg über das Rauchköpfl

Auf der Nordseite des Heimgartens führt ein viel begangener Steig zum Rauchköpfl6 hinab. Beim Abstieg hat man die ganze Zeit den Kochelsee wunderbar im Blickfeld.Am Rauchköpfl wenden sich die meisten links über die Kaseralm nach Ohlstadt, für Bahnfahrer eine sinnvolle Alternative.Nach Schlehdorf muss man rechts. Unter dem Rauchköpfl liegt eine heimelige Mulde, die teilweise von einem Schuttstrom überdeckt wird. Von da bietet sich die vermutlich eindrucksvollste Perspektive auf die extrem zerklüftete Nordflanke der Gruppe von Herzogstand und Heimgarten. Das Gestein heißt Hauptdolomit. Stellenweise wurden die Schichten durch die tektonischen Kräfte geradezu senkrecht aufgerichtet und fallen nun auseinander, so dass sich zwischen ihnen unzählige Spalten öffnen. Eine spannende Felslandschaft, wie man sie nur selten derart aus der Nähe betrachten kann.
Der Wanderweg dreht nach der Mulde nordwärts, passiert ein Hüttlein und mündet dann in eine Forststraße. Es ist diejenige vom Aufstieg, wobei es noch ein wenig dauert, bis wieder die Stelle erreicht wird, an welcher der Pionierweg abzweigt.
Tipp: Auf dem Kochelsee verkehrt im Sommerhalbjahr ein Ausflugsboot. Während der Fahrt hat man eine schöne Perspektive auf die umliegenden Berge und erfährt interessante Details über den Kochelsee.