1. Alpenvorland

Durch das Gleißental zum Deininger Weiher

Ganzjahresziel im Münchner Süden

Der gemütliche Weg von Deisenhofen durch das schattige Gleißen­tal zum Deininger Weiher lohnt sich zu jeder Jahres­zeit. Höhepunkt der Wanderung ist der idyllische Moor­see mit Wirtschaft, Natur­bad und Rund­weg. Geologisch Interessierten bietet die Strecke außerdem spannende Einblicke in die jüngere Erd­geschichte, besonders im Gleißental, wo es einen aufgelassenen Steinbruch zu sehen gibt.
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Deininger Moos
Im Süden des Deininger Weihers erstreckt sich das Deininger Moos.

Das Gleißental ist ein über acht Kilometer langes Trocken­tal zwischen Deining und Deisen­hofen im Süden von München. Es entstand gegen Ende der Würm-Kaltzeit, als der Isar-Loisach-Gletscher aus dem Alpen­vorland zurück­wich und sich aus ihm gewaltige Schmelz­wasser­ströme ergossen. Die Fluten gruben tiefe Rinnen in den Decken­schotter und legten im Gleißental sogar günz­zeitliche Ablagerungen frei. Deren Alter beträgt mehrere Hundert­tausend Jahre. Das in den Steinbrüchen gut aufgeschlos­sene Schicht­profil half den Geologen, den Decken­schotter zu erforschen.Mit dem Verschwinden des Isar-Loisach-Gletschers und dem Versiegen des Schmelz­wassers fiel das Tal dann trocken.Nur von Süden her fließt der Gleißenbach aus dem Deininger Weiher noch immer einige Hundert Meter in das Tal hinein, versickert aber bald im Schotterboden und tritt nicht wieder hervor.

Am Südende des Gleißentals muss beim Gletscher­rückzug zunächst ein Toteis­block der Eis­zunge liegen geblieben sein. Das Toteis hinterließ inner­halb des eingetieften Gletscher­betts die Mulde des Deininger Weihers, der damit also ein Toteissee ist. Ursprüng­lichen war er Teil eines größeren Zungen­becken­sees, dessen Fläche heute das ökologisch wertvolle Deininger Moor einnimmt. Die Verlandung durch Moor­bildung ist typisch für die eher flachen Zungen­becken- und Toteisseen.

Wer sich etwas im südlichen Alpen­vorland auskennt, den erinnern die Gegeben­heiten am Deininger Weiher und im Gleißental sicher an den Maisinger See und die Maisinger Schlucht bei Starnberg. Und tatsächlich sind die Entstehungs­prozesse miteinander vergleich­bar. Durch die Maisinger Schlucht plätschert zwar im Gegensatz zum Gleißental ein richtiger Bach, doch geschaffen hat sie dieser nicht. Dazu besitzt er eine zu geringe Wasser­menge. Auch das Kiental bei Andechs, um noch ein Beispiel zu nennen, gehört zu diesen ehemaligen Schmelz­wasser­rinnen, die das südliche Alpenvorland zahlreich durchziehen.

Tourcharakter und Schwierigkeit

110 hm 18 km4:00 h

Anspruch ■■■■■ T1
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■
Trotz der überall breiten und befestigten Wege kann es auf der Wanderung mitunter batzig sein, besonders oben herum im Wald zwischen Jettenhausen und Kreuz­pullach. Also besser festes Schuhwerk anziehen.
Mit kleineren Kindern wird die schattige, wenig abwechslungs­reiche Strecke schnell recht zäh. Wegen ihrer Länge ist sie ohnehin eher etwas für stramme Geher, ansonsten lieber nur um den See spazieren.

Wegbeschreibung

Zur Römerstraße südlich von Deisenhofen

Wir laufen vom Bahnhof Deisenhofen einige Hundert Meter Richtung Süden und nehmen dann rechts die Stefanien­straße. An ihrem Ende schließt sich ein Fußweg an, der uns hinab ins Gleißental bringt.
Unten stößt von rechts bald ein unscheinbarer, jedoch in Wirklichkeit uralter historischer Hohl­weg dazu, denn dort kreuzt die Trasse der einstigen Römer­straße, die von Salzburg nach Augsburg führte. Neu­zeitlich wird sie Via Julia genannt und als Fern­radweg touristisch vermarktet. Ihr Verlauf konnte nahezu voll­ständig rekonstruiert werden. Nördlich von Rosenheim gab es bei Pfaffen­hofen eine Brücke über den Inn. Reste der steinernen Pfeiler blieben am Fluss­grund erhalten. Ab Helfendorf existiert durch den Hofoldinger Forst und über Deisen­hofen bis Gauting durch­gängig eine auf dem digitalen Geländemodell gut erkennbare Trasse.

Nagelfluhbrüche im Gleißental

Steinbruch bei Deisenhofen
Die Nagelfluh aus dem Steinbruch im Gleißen­tal bei Deisen­hofen wurde vor allem in München verbaut.

Gleich nach der Römerstraße kommt links ein alter Nagelfluhbruch1, der frei zugänglich ist. In seinen Wänden sind Reste so genannter geologischer Orgeln zu erkennen. Diese senk­rechten Röhren waren ursprünglich mit Lehm gefüllt. Durch das Öffnen der Orgeln beim Abbau fiel der Lehm entweder gleich heraus oder Nieder­schlägen spülten ihn mit der Zeit weg. Nach der aktuellen geologischen Lehr­meinung sind die Orgeln das Ergebnis einer intensiven Lösungs­verwitterung durch Sicker­wasser, so wie bei Karst­höhlen. Allerdings erklärt das weder die clusterartige Häufung noch die Röhren­form. Verwitterungs­taschen müssten eigentlich einen Trichter hervor­bringen. Zudem geht bei der Verwitterung Material verloren, so dass sie nur teil­weise mit Lehm gefüllt sein dürften.
Mir erscheint deshalb die kaum mehr vertretene Theorie der Gletscher­mühlen plausibler. Die kräftigen Strudel der Gletscher­mühlen könnten im lockeren Schotter­boden durchaus tiefe Röhren hinter­lassen haben. Die Tatsache, dass die Mühlen mit dem Gletscher mitwandern, würde auch erklären, warum oft mehrere Orgeln dicht beieinanderliegen.

Nach der Stilllegung diente der Steinbruch längere Zeit als Kletter­garten, bis er mit dem Aufkommen der Kletter­hallen an Attraktivität verlor. Einmal war er sogar Schau­platz eines Filmdrehs. Für den Klassiker Das Wirtshaus im Spessart aus dem Jahr 1958 baute man darin das Räuber­lager auf. Gelegentlich finden im Steinbruch Konzerte statt.

Insgesamt gibt es im Gleißental knapp ein Dutzend aufgelassener Brüche, alle direkt bei Deisen­hofen. Die meisten sind allerdings sehr zugewachsen. Bis um 1900 wurde in ihnen Nagelfluh abgebaut, ein Konglomerat aus verfestigtem Decken­schotter. Haupt­abnehmer war München, wo man die Nagelfluh vor allem für Fundamente verwendete. Der stabile Natur­stein war der Beton früherer Zeiten. Auf Grund seiner groben Poren leitet er die Boden­feuchte kaum nach oben weiter. Ideal also für Fundamente und Keller.

Durch das Gleißental zum Deininger Weiher

Gleißental
Der Waldweg durch das Gleißental ist ein wenig eintönig, aber sehr entspannend.

Hinter dem Steinbruch passiert der Weg einen Teich, der vom BUND Natur­schutz als Laich­gewässer für Amphibien anlegt wurde. Das Wasser stammt aus dem nahen Über­lauf­becken der Stad­twerke München, an dem wir ebenfalls vorbei­kommen. Bevor die Stadt München Ende des 19. Jahr­hunderts begann, ihr Trink­wasser aus den sehr ergiebigen Quellen im Mangfalltal zu entnehmen, stand unter anderem auch das Gleißen­tal zur Debatte.
Hinter dem Über­lauf­becken geht es längere Zeit recht unspektakulär durch das trockene Gleißen­tal. Gegen Ende ist links vom Weg eine sumpfige Mulde zu sehen, in der Wasser steht. Dabei handelt es sich um die oben erwähnte Bach­schwinde2. Der Gleißenbach versickert dort im Unter­grund. Ein kleines Stück weiter öffnet sich das Tal zum Deininger Weiher. In diesem Bereich lag vermutlich ein mächtiges Gletscher­tor, dessen Schmelz­wasser­strom die würm­zeitliche End­moräne durchbrach und das Gleißental eintiefte.

Rundweg durch das Deininger Moos

Deininger Weiher
Um den Deininger Weiher führt ein kurzweiliger Rundweg.

Am Deininger Weiher3 hat man nun die Möglich­keit zu baden, auf einer Bank gemütlich Brotzeit zu machen oder in der Wirtschaft im Waldhaus einzu­kehren. Außerdem gibt es einen kurzen Rund­weg. Auf ihm kommt man auch durch das idyllische Schilf­gebiet des Deininger Mooses4. Wie das bayerische Dialekt­wort Moos verrät, ist es ein Nieder­moor. Das Deininger Moos bildet innerhalb des insgesamt 15–17 Hektar großen Moor­komplexes den jüngeren Teil in See­nähe. Die älteren, weiter vom See entfernten Hoch­moor­bereiche im Süden heißen Deininger Filz. Hochmoore werden im bayerischen Sprach­raum in Abgrenzung zum Moos üblicher­weise als Filze bezeichnet, wegen ihres oft dichten bis undurch­dringlichen Bewuchses aus Latschengestrüpp.

Streuwiesen im Deininger Moos
Die Streuwiesen im Deininger Moos werden aus Natur­schutz­gründen gemäht, damit sie nicht verbuschen.

Jahrhundertelang wurde das Deininger Moor entwässert, abgetorft und für Streu­wiesen genutzt. Nachdem die Streu­wiesen ihren land­wirt­schaft­lichen Nutzen eingebüßt hatten, begannen sie zu verbuschen. Schließlich entstand auf den trockenen Moor­flächen ein Fichten­wald.
Im Jahr 2010 startete die Renaturierung durch Wieder­vernässung und Entfernung des Waldes. Somit kann sich nun wieder ein offenes, natürliches Moor entwickeln. Auch die jährliche Herbst­mahd der ehemaligen Streu­wiesen gehört zur Moor­pflege, damit dieses arten­reiche Kulturland nicht erneut verbuscht.

Südlich der Einmündung des Moosgrabens in den Deininger Weiher quert ein Lehrpfad durch den Schilf­gürtel und über eine Brücke auf die andere Talseite, von wo man zurück zum Waldhaus gelangt.

Über Ebertshausen nach Jettenhausen

Wegkapelle bei Jettenhausen
Gleich hinter Jettenhausen kommt man im Wald an dieser Wegkapelle vorbei.

Als Alternative zum Hinweg bietet es sich an, oben herum zurück­zu­wandern. Dazu nimmt man beim Nordende des Deininger Weihers drüberhalb der Straße den Forstweg auf der orografisch rechten Seite des Gleißenbachs. Er führt den Osthang des Gleißen­tals hinauf nach Eberts­hausen5. Bei der ersten Gabelung noch im Wald rechts halten. Oben geradeaus über die Felder und in Eberts­hausen bei der Kapelle Zur Schmerz­haften Mutter­gottes links. Der Hachinger Straße folgend gelangt man anschließend schnell nach Jettenhausen.
Beim letzten Haus in Richtung Oberbiberg geht es dann links in den Wald. Dort steht gleich eine steinerne Kapelle. Danach an den Abzweigungen immer auf dem Hauptweg bleiben.

Rückweg über Kreuzpullach

Kreuzpullach
Die spätbarocke Heilig-Kreuz-Kirche und das Benefiziaten­haus in Kreuz­pullach bilden ein reizvolles Ensemble.

Nach zwei Kilometern erreichen wir Kreuz­pullach6. Der kleine, nur aus wenigen Häusern bestehende Ort befindet sich in einer Rodungs­insel. In den großen Wald­gebieten des Münchner Südens blieb die alte Siedlungs­struktur aus Rodungs­inseln mit jeweils einem von Feldern umgebenen Dorf bis heute erhalten. Sehens­wert ist die spät­barocke Heilig-Kreuz-Kirche von 1710, die mit dem Benefiziaten­haus ein schönes Ensemble bildet.
Von Kreuzpullach käme man in wenigen Minuten hinunter ins Gleißental. Wir bleiben aber oben und nehmen den Feld­weg, der östlich der Kirche von der Straße abzweigt. Bald geht es wieder in den Wald. Nach einiger Zeit taucht die stark befahrene Dietrams­zeller Straße auf. Vor dieser links in den Waldweg biegen. Dieser führt zurück zum Steinbruch im Gleißental.

Im Wald hinter Kreuzpullach liegen mehrere unerforschte Grabhügel sowie eine keltische Viereck­schanze aus der späten Latènezeit, also gegen Ende der so genannten Eisen­zeit, bevor die Römer sich in Bayern nieder­ließen. Rings um Deisen­hofen existieren noch ein paar weitere Kelten­schanzen verschiedener Größe, darunter auch Mehr­fach­schanzen. Sie bestehen alle aus einem vier­eckigen Wall mit vorgelagertem Graben und meist einer Torlücke. Im Inneren der vor allem in Bayern und Baden Württemberg verbreiteten Anlagen standen vermutlich Gutshöfe, kleine Siedlungen oder Heilig­tümer. Weil bisher überhaupt nur sehr wenige Schanzen archäo­logisch genauer untersucht wurden, ist ihr Zweck noch nicht abschließend geklärt. Anfangs vermutete man eine rein kultische Bedeutung. Mittler­weile wird eher eine multi­funktionale Nutzung angenommen.

Häufige Fragen

Wie lange geht man um den Deininger Weiher?

Selbst gemütliche Geher benötigen für den Rundweg um den Deininger Weiher kaum mehr als eine halbe Stunde. Ein paar Rastbänke gibt es auch.

Kann man im Deininger Weiher schwimmen?

Am Deininger Weiher gibt es zwei Badeplätze. Das Wasser des flachen Moorsees erwärmt sich schnell.