Gießenbachklamm und Thiersee
Naturidylle zwischen Kiefersfelden und Kufstein
Die leichte Wanderung durch die wildromantische Gießenbachklamm bei Kiefersfelden zur schön gelegenen Schopperalm ist vor allem bei Familien beliebt. Ausdauernde können die Tour noch über das Wachtl, den Thiersee und das Dreibrunnenjoch bis zur Festungsstadt Kufstein verlängern.
Stand:

Anders als die meisten begehbaren Klammen und Schluchten der Alpen wurde die Vordere Gießenbachklamm nicht zum Zweck der Holztrift oder aus touristischen Gründen erschlossen, sondern für den Bau des Gießenbachkraftwerks. Deshalb zieht sich der freigesprengte und betonierte Steig relativ weit oben durch die Felswand. Es ging nicht darum, einen möglichst guten Blick in die Klamm zu erhalten, was aus heutiger Sicht natürlich schade ist. Bis auf den Grund zu den türkisblauen Gumpen kann man daher nur teilweise hinabschauen.
Eine Besonderheit der Klamm sind die außergewöhnlich schönen Sinterbildungen. Einem Baldachin gleich wächst an mehreren Stellen vermooster Kalktuff an den Schluchtwänden. Mit dem herabrieselnden Wasser erinnern die überhängenden Felsen stark an die Schleierfälle in der Ammerschlucht.
Geologisch liegt die Gießenbachklamm vollständig im Hauptdolomit, einem der verbreitetsten Gesteine der Nördlichen Kalkalpen. Wegen seiner Sprödigkeit tendiert Hauptdolomit eigentlich zur Bildung zerklüfteter, nach oben hin immer breiter werdender Schluchten. Enge Klammen mit ihren senkrechten Wänden sind im Hauptdolomit dagegen eher die Ausnahme.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die Wanderung besteht überwiegend aus einfachen, breiten Wegen. Steile oder schmale Stellen gibt es nur ganz vereinzelt. Während die Höhenmeter im Rahmen bleiben, ist die Streckenlänge für weniger Trainierte oder Familien mit kleinen Kindern bereits recht weit. Wem es zu viel wird, der kann es bei der Klammwanderung belassen oder vom Thiersee den Bus nach Kufstein nehmen.Wegbeschreibung
Wanderweg am Kieferbach

Wir verlassen den Bahnhof in Kiefersfelden Richtung Norden und folgen der Hauptstraße bis zur Brücke über den Kieferbach1. Anschließend geht es auf einem Fußweg im Waldschatten am orografisch rechten Ufer bachaufwärts. Nach zwei Kilometern kommt eine Brücke, bei der man auf die andere Seite wechseln muss. Doch zuvor sollte man beim Wasserfall2 vorbeischauen, der vom Hechtsee herabkommt. Leider wächst er immer mehr zu. Vom Wasserfall führt übrigens eine lohnende Wanderung über den Hechtsee zur Burgruine Thierberg. Wir bleiben stattdessen im Tal und wandern nun ein Stück weit auf der wenig befahrenen Thierseestraße bis zum Wasserrad an der ehemaligen Bleiersag.
Neben dem Kieferbach verläuft das Schmalspurgleis der Wachtlbahn. Auf der Strecke wurde früher das Material aus den Steinbrüchen von Wachtl in Tirol zum Zementwerk nach Kiefersfelden transportiert. Heute wirken die heruntergekommenen Anlagen und Gebäude am Wachtl wie ein Lost Place. Doch die Abbaukonzession läuft noch. Im Berg klafft eine gigantische Wunde. Hoffentlich ruht der Abbau dauerhaft, wobei irgendwo muss der Kalkstein für den Zement ja herkommen. Vermutlich werden die Thierseer Glück haben, weil es in der Nähe am Heuberg ein qualitativ besseres Vorkommen gibt. Der Steinbruch am Heuberg ist freilich ebenfalls keine landschaftliche Bereicherung. Ob die beliebten Ausflugsfahrten mit der Wachtlbahn irgendwann wieder stattfinden werden, ist derzeit mehr als ungewiss.
Gießenbachklamm

Der Weg zur Gießenbachklamm zweigt bei dem riesigen Wasserrad der ehemaligen Bleiersag ab. Dort mündet auch der Gießenbach in den Kieferbach. Im Sommer hält beim Wasserrad der Oberaudorfer Wanderbus, der allerdings nur selten fährt.
Hinter dem Wasserrad bleibt die Wanderroute ein paar Hundert Meter neben dem Gießenbach, bis sich das Tal plötzlich verengt und es über viele Stufen zum Klammsteig hinaufgeht. Wer aufmerksam ist, sieht das Fallrohr des Gießenbachkraftwerks. Die Klamm3 ist leider recht kurz. Am oberen Ende sperrt die Staumauer des Kraftwerks den Bach ab. Von da sind es nur mehr wenige Minuten zur Einkehr auf der Schopperalm.
Das Wasserkraftwerk am Gießenbach bei Kiefersfelden nahm 1910 den Betrieb auf und ist damit eines der ältesten in Bayern. Zum Vergleich, das Walchenseekraftwerk wurde erst 14 Jahre später fertig. Der Steig durch die Gießenbachklamm diente ursprünglich dem Materialtransport für den Bau der Staumauer. Über Druckrohre fließt das Wasser vom Stausee zu den beiden Turbinen am unteren Ende der Klamm. Mehr Info
Rundweg über den Bergbauernhof Trojer

Von der Schopperalm wandern wir dem Rundweg folgend weiter Richtung Bergbauernhof Trojer und gelangen über eine schöne Holzbrücke wieder auf die Südseite des Gießenbachs. Große Kiesbänke laden in diesem Bereich zum Rasten ein. Bis zum Trojer4 muss man noch etwas bergauf. Die Lage des historischen Anwesens mit zwei Wohnhäusern sowie einer Hauskapelle aus dem 17. Jahrhundert ist einmalig. Der Hofname erinnert an das nahe Trainsjoch und tatsächlich vermutet die Sprachwissenschaft hinter beiden Namen das Tiroler Mundartwort Troi, welches Triebweg oder Viehtrieb bedeutet.
Vom Trojer verläuft dann ein ziemlich steiles, schmales Sträßchen zurück ins Tal.
Filmtipp: Die sehenswerte Dokumentation Bayerns ältester Bergbauernhof berichtet über die Geschichte des Trojerhofs und vermittelt einen guten Einblick, wie das Leben auf einem abgelegenen Bergbauernhof aussieht.
Thiersee über das Wachtl

Nach dem Rundweg über die Gießenbachklamm bietet sich noch eine Verlängerung der Wanderung zum Thiersee an. Dazu folgt man der Strecke der Wachtlbahn bis zu der gigantischen Verladeanlage an ihrem Ende. Eine luftige Stahlstiege überbrückt dort den Kieferbach, der am Mittellauf ab der Grenze allerdings Thierseer Ache heißt. Ein Stück oberhalb der Stiege steht das geschlossene Gasthaus Wachtl5.
Von da laufen wir auf einer Kiesstraße mal durch den Wald und mal über Wiesen um die gigantischen Steinbrüche herum zum Thiersee. Ein mäßig interessanter Themenweg zur Tiroler Traumfabrik informiert über die Filme, welche in den Nachkriegsjahren rund um den Thiersee gedreht wurden.
Ins Dreibrunnenjoch

Beim Thiersee6 kann man je nach Belieben rechts oder links herum. Am Nordufer gibt es ein Strandbad, entlang des Westufers existieren kleine Badestellen. An der Südspitze verlassen wir den See und steigen auf einem schmalen Weg durch den Wald bergauf.
Nach der kurzen Anstrengung flacht das Gelände bald wieder ab. Bei einem Bächlein trifft man dann auf die Forststraße zum Dreibrunnenjoch7, einem Passübergang zwischen dem Pendling und dem Maistaller Berg. Das Dreibrunnenjoch ist ein sympathischer Ort, an dem neben einer Rastbank ein Laufbrunnen plätschert, der die drei Quellen des Rochenbachs symbolisiert.
Ein restauriertes Denkmal erinnert an einen gewissen Vikariatsprovisor Joseph Schindlholzer aus Salzburg, der im Januar 1837 mit nur 35 Jahren am Dreibrunnenjoch erfror.
Über Maistall nach Kufstein

Ab dem Dreibrunnenjoch geht es nur noch abwärts, wobei verschiedene Varianten existieren. Am besten nimmt man statt der Forststraße den Steig, der nach kurzer Zeit oberhalb eines kleinen Stausees links den Rochenbach überquert. Hinter der nächsten Biegung steht ein Wegkreuz. Nun kann man entweder zum Stimmersee mit Restaurant und Badeplätzen absteigen oder deutlich schneller geradeaus weiter nach Maistall8 laufen.
Bei Maistall müssen wir unter der Autobahnbrücke hindurch und auf der anderen Seite einige Meter an der Straße entlang, bis rechts ein Fußweg den Hang hinaufführt. Oben gelangt man über eine Wiese in den Stadtteil Zell mit der sehenswerten Wallfahrtskirche Maria Hilf. Zuletzt immer geradeaus zum Bahnhof Kufstein.
Wer trotz der langen Wanderung noch Lust auf einen Stadtbummel hat, die Besichtigung des überschaubaren Zentrums mit dem herausgeputzten Marktplatz, der gotischen Pfarrkirche und der malerischen Römergasse erfordert nicht viel Zeit. Ein Besuch auf der monumentalen Festung Kufstein kann dagegen leicht zwei Stunden in Anspruch nehmen.