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Gießenbachklamm und Thiersee

Naturidylle zwischen Kiefersfelden und Kufstein

Die leichte Wanderung durch die wildromantische Gießenbachklamm bei Kiefersfelden zur schön gelegenen Schopperalm ist vor allem bei Familien beliebt. Ausdauernde können die Tour noch über das Wachtl, den Thiersee und das Dreibrunnenjoch bis zur Festungsstadt Kufstein verlängern.
Stand:

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Thiersee
Der reizvoll gelegene Thiersee lädt zum Flanieren und Baden ein.

Anders als die meisten begehbaren Klammen und Schluchten der Alpen wurde die Vordere Gießen­bach­klamm nicht zum Zweck der Holztrift oder aus touristischen Gründen erschlossen, sondern für den Bau des Gießen­bach­kraftwerks. Deshalb zieht sich der freigesprengte und betonierte Steig relativ weit oben durch die Felswand. Es ging nicht darum, einen möglichst guten Blick in die Klamm zu erhalten, was aus heutiger Sicht natürlich schade ist. Bis auf den Grund zu den türkisblauen Gumpen kann man daher nur teilweise hinabschauen.
Eine Besonderheit der Klamm sind die außer­gewöhnlich schönen Sinterbildungen. Einem Baldachin gleich wächst an mehreren Stellen vermooster Kalktuff an den Schlucht­wänden. Mit dem herab­rieselnden Wasser erinnern die überhängenden Felsen stark an die Schleierfälle in der Ammerschlucht.
Geologisch liegt die Gießenbachklamm vollständig im Hauptdolomit, einem der verbreitetsten Gesteine der Nördlichen Kalkalpen. Wegen seiner Sprödigkeit tendiert Hauptdolomit eigentlich zur Bildung zerklüfteter, nach oben hin immer breiter werdender Schluchten. Enge Klammen mit ihren senkrechten Wänden sind im Hauptdolomit dagegen eher die Ausnahme.

Tourcharakter und Schwierigkeit

500 hm 18 km4:50 h

Anspruch ■■■■■■ T2
Kondition ■■■■■■
Orientierung ■■■■■■
Die Wanderung besteht überwiegend aus einfachen, breiten Wegen. Steile oder schmale Stellen gibt es nur ganz vereinzelt. Während die Höhenmeter im Rahmen bleiben, ist die Streckenlänge für weniger Trainierte oder Familien mit kleinen Kindern bereits recht weit. Wem es zu viel wird, der kann es bei der Klammwanderung belassen oder vom Thiersee den Bus nach Kufstein nehmen.

Wegbeschreibung

Wanderweg am Kieferbach

Wasserrad Bleiersag
An dem ehemaligen Sägewerk Bleiersag unterhalb der Gießenbachklamm dreht sich das angeblich größte Wasserrad Bayerns.

Wir verlassen den Bahnhof in Kiefersfelden Richtung Norden und folgen der Hauptstraße bis zur Brücke über den Kieferbach1. Anschließend geht es auf einem Fußweg im Waldschatten am orografisch rechten Ufer bachaufwärts. Nach zwei Kilometern kommt eine Brücke, bei der man auf die andere Seite wechseln muss. Doch zuvor sollte man beim Wasserfall2 vorbeischauen, der vom Hechtsee herabkommt. Leider wächst er immer mehr zu. Vom Wasserfall führt übrigens eine lohnende Wanderung über den Hechtsee zur Burgruine Thierberg. Wir bleiben stattdessen im Tal und wandern nun ein Stück weit auf der wenig befahrenen Thierseestraße bis zum Wasserrad an der ehemaligen Bleiersag.

Neben dem Kieferbach verläuft das Schmalspur­gleis der Wachtlbahn. Auf der Strecke wurde früher das Material aus den Steinbrüchen von Wachtl in Tirol zum Zementwerk nach Kiefersfelden transportiert. Heute wirken die herunter­gekommenen Anlagen und Gebäude am Wachtl wie ein Lost Place. Doch die Abbaukonzession läuft noch. Im Berg klafft eine gigantische Wunde. Hoffentlich ruht der Abbau dauerhaft, wobei irgendwo muss der Kalkstein für den Zement ja herkommen. Vermutlich werden die Thierseer Glück haben, weil es in der Nähe am Heuberg ein qualitativ besseres Vorkommen gibt. Der Steinbruch am Heuberg ist freilich ebenfalls keine land­schaftliche Bereicherung. Ob die beliebten Ausflugs­fahrten mit der Wachtlbahn irgendwann wieder stattfinden werden, ist derzeit mehr als ungewiss.

Gießenbachklamm

Gießenbachklamm
Die Gießenbachklamm ist der Höhepunkt der Wanderung.

Der Weg zur Gießenbach­klamm zweigt bei dem riesigen Wasserrad der ehemaligen Bleiersag ab. Dort mündet auch der Gießenbach in den Kieferbach. Im Sommer hält beim Wasserrad der Oberaudorfer Wanderbus, der allerdings nur selten fährt.
Hinter dem Wasserrad bleibt die Wander­route ein paar Hundert Meter neben dem Gießenbach, bis sich das Tal plötzlich verengt und es über viele Stufen zum Klammsteig hinaufgeht. Wer aufmerksam ist, sieht das Fallrohr des Gießenbach­kraftwerks. Die Klamm3 ist leider recht kurz. Am oberen Ende sperrt die Staumauer des Kraftwerks den Bach ab. Von da sind es nur mehr wenige Minuten zur Einkehr auf der Schopperalm.

Das Wasserkraftwerk am Gießenbach bei Kiefersfelden nahm 1910 den Betrieb auf und ist damit eines der ältesten in Bayern. Zum Vergleich, das Walchensee­kraftwerk wurde erst 14 Jahre später fertig. Der Steig durch die Gießenbach­klamm diente ursprünglich dem Material­transport für den Bau der Staumauer. Über Druckrohre fließt das Wasser vom Stausee zu den beiden Turbinen am unteren Ende der Klamm. Mehr Info

Rundweg über den Bergbauernhof Trojer

Hofkapelle beim Trojer
Die Marienkapelle beim Trojerhof wurde 1649 erbaut.

Von der Schopperalm wandern wir dem Rund­weg folgend weiter Richtung Berg­bauern­hof Trojer und gelangen über eine schöne Holz­brücke wieder auf die Süd­seite des Gießen­bachs. Große Kies­bänke laden in diesem Bereich zum Rasten ein. Bis zum Trojer4 muss man noch etwas bergauf. Die Lage des historischen Anwesens mit zwei Wohn­häusern sowie einer Haus­kapelle aus dem 17. Jahr­hundert ist einmalig. Der Hof­name erinnert an das nahe Trainsjoch und tatsächlich vermutet die Sprach­wissen­schaft hinter beiden Namen das Tiroler Mundart­wort Troi, welches Triebweg oder Viehtrieb bedeutet.
Vom Trojer verläuft dann ein ziemlich steiles, schmales Sträßchen zurück ins Tal.

Filmtipp: Die sehenswerte Dokumentation Bayerns ältester Berg­bauern­hof berichtet über die Geschichte des Trojerhofs und vermittelt einen guten Einblick, wie das Leben auf einem abgelegenen Berg­bauern­hof aussieht.

Thiersee über das Wachtl

Verladeanlage Wachtl
Beim Wachtl an der bayerisch-tirolischen Grenze wurde das Abbaumaterial aus den Steinbrüchen in die Schmalspurbahn nach Kiefersfelden verladen.

Nach dem Rundweg über die Gießen­bach­klamm bietet sich noch eine Verlängerung der Wanderung zum Thiersee an. Dazu folgt man der Strecke der Wachtlbahn bis zu der gigantischen Verladeanlage an ihrem Ende. Eine luftige Stahlstiege überbrückt dort den Kieferbach, der am Mittellauf ab der Grenze allerdings Thierseer Ache heißt. Ein Stück oberhalb der Stiege steht das geschlossene Gasthaus Wachtl5.
Von da laufen wir auf einer Kiesstraße mal durch den Wald und mal über Wiesen um die gigantischen Steinbrüche herum zum Thiersee. Ein mäßig interessanter Themenweg zur Tiroler Traumfabrik informiert über die Filme, welche in den Nachkriegsjahren rund um den Thiersee gedreht wurden.

Ins Dreibrunnenjoch

Dreibrunnenjoch
Über das Dreibrunnenjoch geht es vom Thiersee nach Kufstein.

Beim Thiersee6 kann man je nach Belieben rechts oder links herum. Am Nordufer gibt es ein Strandbad, entlang des Westufers existieren kleine Badestellen. An der Südspitze verlassen wir den See und steigen auf einem schmalen Weg durch den Wald bergauf.
Nach der kurzen Anstrengung flacht das Gelände bald wieder ab. Bei einem Bächlein trifft man dann auf die Forststraße zum Dreibrunnenjoch7, einem Pass­übergang zwischen dem Pendling und dem Maistaller Berg. Das Dreibrunnenjoch ist ein sympathischer Ort, an dem neben einer Rastbank ein Laufbrunnen plätschert, der die drei Quellen des Rochenbachs symbolisiert.
Ein restauriertes Denkmal erinnert an einen gewissen Vikariats­provisor Joseph Schindlholzer aus Salzburg, der im Januar 1837 mit nur 35 Jahren am Dreibrunnenjoch erfror.

Über Maistall nach Kufstein

Pendling
Blick von Kufstein zurück zum Pendling. Das Drei­brunnen­joch liegt dort, wo die Wolken drinhängen.

Ab dem Dreibrunnenjoch geht es nur noch abwärts, wobei verschiedene Varianten existieren. Am besten nimmt man statt der Forststraße den Steig, der nach kurzer Zeit ober­halb eines kleinen Stausees links den Rochen­bach über­quert. Hinter der nächsten Biegung steht ein Weg­kreuz. Nun kann man entweder zum Stimmer­see mit Restaurant und Bade­plätzen absteigen oder deutlich schneller gerade­aus weiter nach Maistall8 laufen.
Bei Maistall müssen wir unter der Auto­bahn­brücke hindurch und auf der anderen Seite einige Meter an der Straße entlang, bis rechts ein Fußweg den Hang hinauf­führt. Oben gelangt man über eine Wiese in den Stadtteil Zell mit der sehenswerten Wallfahrtskirche Maria Hilf. Zuletzt immer geradeaus zum Bahnhof Kufstein.

Wer trotz der langen Wanderung noch Lust auf einen Stadtbummel hat, die Besichtigung des überschaubaren Zentrums mit dem herausgeputzten Marktplatz, der gotischen Pfarrkirche und der malerischen Römergasse erfordert nicht viel Zeit. Ein Besuch auf der monumentalen Festung Kufstein kann dagegen leicht zwei Stunden in Anspruch nehmen.