Überschreitung der Ehrwalder Sonnenspitze (2417 m)
Klettertour am Seebensee
Die anspruchsvolle Überschreitung der Ehrwalder Sonnespitze gehört zu den schönsten Routen im Mieminger Gebirge und begeistert durch eine überwältigende Aussicht. Mit der Coburger Hütte am Drachensee steht ein gemütlicher Stützpunkt zur Verfügung, so dass sich die Tour bei Bedarf auch auf zwei Tage verteilen lässt.
Stand:

Egal, aus welcher Perspektive man die Ehrwalder Sonnenspitze betrachtet, sie ist immer eine markante Erscheinung. Ganz zu schweigen von ihrer großartigen Umgebung mit der Südfront des Wettersteins, der schroffen Mieminger Hauptkette und den zwei zauberhaften Bergseen zu ihren Füßen. Bei diesem Anblick verspürt jeder Bergbegeisterte unwillkürlich ein Kribbeln in seinen Stiefeln.
Doch bei aller Vorfreude sollte man beachten, dass der erste Eindruck von unten nicht trügt und es sich bei der Sonnenspitze um eine ernsthafte Unternehmung für erfahrene Bergsteiger handelt.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die Kletterei an der Ehrwalder Sonnenspitze ist anhaltend, etwas verwickelt und weist Stellen im II. Grad auf. Es gibt zwischendrin ein kurzes Stück Drahtseil, aber jetzt nicht denken, dass es deshalb ein Klettersteig wäre. Man klettert völlig ungesichert. Da in der Regel recht viele unterwegs sind, muss mit Steinschlag gerechnet werden, zumal der Fels teilweise brüchig ist. Unbedingt den Helm einpacken!Der Aufstieg erfolgt üblicherweise über die schwierigere, teils nahezu senkrechte Südseite.Beim Abstieg auf dem Normalweg durch die Nordostflanke zum Seebensee ist das Gelände zwar im oberen Abschnitt ebenfalls stark ausgesetzt und gefährlich, insgesamt aber weniger anspruchsvoll.
Wer die Sonnenspitze trotzdem in die entgegengesetzte Richtung überschreiten möchte, nimmt besser die Kletterausrüstung zum Abseilen mit. Denn die Südseite abzuklettern gestaltet sich deutlich mühsamer als den Normalweg zum Seebensee. Solide Standplätze mit Bohrhaken sind vorhanden.
Ein schneller Rückzug, wenn Schlechtwetter naht, ist an der Sonnenspitze nicht möglich. Bei Nässe oder Schnee gar nicht erst einsteigen! Die Wanderung über den Seebensee zum Drachensee lohnt sich ja auch so.
Wegbeschreibung
Bike & Hike: Die Strecke bis zum Seebensee eignet sich gut zum Mountainbiken. Sie ist einfach zu fahren und insgesamt eher flach. Fahrräder können in der Kabine der Ehrwalder Almbahn mitgenommen werden.
Coburger Hütte über Seebensee

Das erste Etappenziel ist der Seebensee. Von Beginn an beste Aussicht gibt es, wenn man an der Bergstation der Ehrwalder Almbahn1 startet. Außerdem spart man sich so einiges an Höhenmetern.
Der Weg ist ausreichend beschildert. Er holt in einem weiten Bogen nach Osten aus. Nach Überqueren des Geißbachs führt er auf eine Anhöhe. Von dort geht es wieder leicht bergab. Die Abzweigung über den Igelsee ins Gaistal bleibt links liegen.Alternativ könnte man bis zu dieser Stelle auch den so genannten Koatigen Weg unten herum nehmen. Wie der Name bereits verrät, kann er batzig sein. Zeit spart er kaum, doch er bietet mehr Ruhe.Bald danach trennen sich Biker und Wanderer, denn letztere wählen schöner den schattigen Steig links der Kiesstraße. Aufpassen und nicht versehentlich ins Brendlkar aufsteigen. Nach einiger Zeit wird die Seebenalm2 erreicht, von der wir in wenigen Minuten zum Seebensee hinaufwandern. Der überaus reizvolle See zieht an manchen Tagen Hunderte von Ausflüglern an. Die Biker müssen den Drahtesel nun parken.
Vom Seebensee windet sich dann ein steiniger Steig im Zickzack recht anstrengend bergauf zur Coburger Hütte3. Dieser wichtigste Stützpunkt in den Miemingern begeistert mit seiner einmaligen Lage direkt neben dem tiefblauen Drachensee.
Zum Einstieg
Der Beschilderung folgend wandert man von der Coburger Hütte westwärts Richtung Biberwierer Scharte. Bald entfernt sich links der Steig zum Drachenkopf. Zwischen Latschen hindurch rückt die Ehrwalder Sonnenspitze langsam näher. An ihrem Sockel sind drei Schuttkegel zu erkennen. Wir verlassen den Weiterweg zur Biberwierer Scharte und queren den südlichsten der drei Schuttkegel auf deutlichen Spuren. Der Einstieg befindet sich in den Schrofen links des Gerölls bei einer breiten Rinne. Wer keine Haken sieht, ist falsch!
Südroute auf die Sonnenspitze

Die Südroute beginnt erst einmal mit moderatem Ier Gelände. Nach etwa einer Seillänge spaltet sich die Rinne auf. An dieser Stelle dem Pfeil entsprechend in die rechte Verästelung hineinklettern. Es wird nun langsam etwas schwerer, bis ein Absatz kurz für Entspannung sorgt. Steigspuren leiten dann extrem ausgesetzt auf einem dünnen Band in eine schluchtartige Rinne, die sich von unten deutlich sichtbar durch die Flanke zieht.
Die nun folgende Schlüsselstelle wurde mit Eisentritten und Drahtseil entschärft. Nach wenigen Metern endet die technische Unterstützung bereits wieder.
Dahinter geht es bei abnehmender Kletterschwierigkeit, aber stets in steilem Fels über den gut mit Steinmandln markierten Südgrat auf den Vorgipfel. Von diesem führt die Route noch einmal etwas schwieriger und sehr exponiert durch eine Scharte hinüber zum geräumigen Nordgipfel4 mit Kreuz.
Oben angekommen öffnet sich nun auch der Blick nach Norden in die Ammergauer Alpen mit dem Daniel, einem weiteren lohnenden Gipfel bei Ehrwald.
Normalweg über den Nordostgrat zum Seebensee

Die Abstiegsroute startet einige Meter nördlich des Kreuzes. Die Haken helfen abermals bei der Orientierung.
Gleich auf den ersten Metern kommt eine hohe Stufe (II). Dahinter quert man über Schrofen mit rutschiger Schotterauflage vorsichtig nach rechts zu einer Rippe (II) hinüber, die noch einmal kräftiges Zupacken erfordert.
Wenig später geht das Terrain dann von den Felsen in einen steilen Grashang über. Auf einem gut ausgetretenen Pfad gelangt man so wieder hinab zum Seebensee.
Hoher Gang
Wer beim Rückweg zur Abwechslung den teils gesicherten Steig (A/B) durch den Hohen Gang nehmen möchte, wendet sich am Nordende des Seebensees links. Im Vergleich zur Sonnenspitze ist der Hohe Gang5 keine Herausforderung mehr. Wenn viel los ist, kann allerdings der ein oder andere Stein fliegen. Den Helm haben wir ja dabei. Unterhalb der Felsen folgt ein kleines Geröllfeld, das sich gut abfahren lässt. Im Wald zweigt später rechts der Weg zurück zur Talstation ab, der zum Schluss entlang des Geißbachs verläuft.