Lamsenspitze (2508 m) via Brudertunnel
Pfiffige Bergtour über der Eng in Tirol
Die Besteigung der Lamsenspitze inmitten der kargen Felswüste der Karwendelhauptkette ist eine Bergtour vom Feinsten. Wer es ordentlich luftig mag, dem wird dabei bestimmt der mittelschwere Klettersteig durch den Brudertunnel gefallen. Aber auch an der Lamsscharte und dem Gipfel selbst braucht man Kletterkönnen.
Stand:

Obwohl die Lamsenspitze zu den eher schwierigen Karwendelgipfeln gehört, ist der Ansturm mitunter gewaltig. Eigentlich wäre sie ein reiner Kletterberg, vor allem von der Lamsenjochhütte aus. Doch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden erste Fixseile angebracht.
Durch Zufall entdeckten die Brüdern Unterlechner aus Schwaz 1908 die seitdem als Brudertunnel bekannte Durchstiegshöhle. Sie kraxelten damals über die Route des heutigen Klettersteigs zur gerade erst neu errichteten Lamsenjochhütte ab.
Bald schon wurden zum Brudertunnel Seilsicherungen eingerichtet. Wohl in den 1960er Jahren brachte man Holzschwellen an. Seit der kompletten Sanierung im Jahr 2002 genügt die Steiganlage modernen Ansprüchen.
Von der Durchstiegshöhle zieht sich ein deutlich sichtbarer Riss durch die gesamte Felswand. Das Objekt ist daher zweifellos eine Klufthöhle tektonischen Ursprungs, obwohl im Wettersteinkalk natürlich auch Karsthöhlen möglich wären. Hier handelt es sich aber um eine Bruchstelle.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Bergunerfahrene nehmen von der Lamsenspitze besser Abstand. Der Klettersteig durch den Brudertunnel (siehe Topo) wird als mittelschwer, also (C), vorwiegend (B/C) eingestuft. Man benötigt dafür absolute Schwindelfreiheit und viel Kraft in den Armen, besonders beim Ausstieg aus der Höhle.
Ein Klettersteigset ist dringend zu empfehlen. Auf eine Stirnlampe für die Höhle kann verzichtet werden.
Im Schlussanstieg zum Gipfel sowie beim Rückweg über die Lamsscharte gibt es ebenfalls gesicherte Passagen (B). Ohne Brudertunnel wäre die Tour etwas einfacher und für Geübte ungesichert möglich. Auf Grund der Steinschlaggefahr darf der Helm dagegen nicht zu Hause bleiben.
Für die Besteigung der Lamsenspitze muss man ausreichend Zeit einplanen. Nicht nur wegen der beachtliche Höhenmetern, sondern auch wegen der Steiganlangen. Wenn viel los ist, kann es zu Wartezeiten kommen.
Wegbeschreibung
Von der Eng zur Binsalm
Wenige Meter südlich des Alpengasthofs Eng sind Binsalm und Lamsenjochhütte links ausgeschildert. Es handelt sich um eine sehr beliebte Strecke, über die neben dem Tiroler Adlerweg auch die Via Alpina verläuft. Der Weg führt kurz in den Binsgraben hinein und steigt dann rechts zu einer Kiesstraße hinauf. Auf dieser kommen wir bald zur bewirtschafteten Binsalm1. Nicht vergessen, hin und wieder zurückzublicken. Auf der anderen Seite der Eng fällt die wuchtige Gamsjochgruppe auf, die ebenfalls eine lohnende Tour bereithält.
Lamsenjochhütte

Hinter der Binsalm könnte eine Wegschleife linker Hand abgeschnitten werden, was jedoch keinen Zeitgewinn bringt. Deshalb diesen und die folgenden Abschneider möglichst vermeiden. Die Vegetation leidet stark unter den zahlreichen Wanderern und Bikern, die sich nicht an die Markierungen halten.
Wir erreichen in gemütlicher Steigung das Westliche Lamsenjoch2, welches direkt unter dem Gipfelziel liegt. Doch die Lamsenspitze zeigt dem Normalbergsteiger von dieser Seite die kalte Schulter und muss noch fast komplett umrundet werden.
Vom Westliche Lamsenjoch wandern wir ohne Höhengewinn weiter zum Östlichen Lamsenjoch. Dort steht die Lamsenjochhütte3, die bereits von Weitem zu sehen ist.
Brudertunnel-Klettersteig

An der Hütte dem Schild Richtung Lamsenspitze folgen. Wer zum Brudertunnel möchte, zweigt kurz darauf links ab. Die Spur quert ein Geröllfeld und nähert sich den 200 Meter hoch aufragenden Felswänden. Der Klettersteig durch den Brudertunnel4 beginnt mit einer leichten Diagonale über eine Rampe nach links oben. Im Anschluss schwingt er sich über plattige Felsen, die mit Klammern versehen sind, nahezu senkrecht empor (B/C). Die letzte Passage zum feuchten Tunnel ist wieder einfacher und nutzt geschickt die Bänder und Rampen aus. Beim etwas überhängenden Ausstieg aus der Höhle (C) ist kräftiges Zupacken gefragt.
Hinweis: Wegen eines drohenden Felssturzes bleibt der Weg vom Ausstieg Brudertunnel zum Hochnissl bis auf Weiteres gesperrt. Bitte dazu auch die aktuellen Infos auf der Seite der Lamsenjochhütte (DAV) beachten. Der Weg Richtung Lamsenspitze ist von der Sperrung nicht betroffen.
Auf die Lamsenspitze

Nach dem Brudertunnel geht es westwärts am oberen Rand des Lamskars entlang. Wir passieren die Lamsscharte und nähern uns dem felsigen Gipfelaufbau der Lamsenspitze. Am Drahtseil wird eine steinschlaggefährdete Rinne kurz gestreift. Die weitere Klettersteigroute wurde zum Schutz vor herabpurzelnden Steinen jedoch seitlich der Rinne angelegt. Im Vergleich zum Brudertunnel ist das keine große Herausforderung mehr. Über dem Ausstieg befindet sich ein kleines Geröllfeld. In diesem nach links orientieren. Das letzte Stück zum Gipfel der Lamsenspitze5 klettert man gut markiert über einige Schrofen (I). Das Panorama ist fantastisch.
Abstieg über die Lamsscharte
Anstatt durch den Brudertunnel abzuklettern, empfiehlt es sich, im Abstieg die leichtere Lamsscharte6 zu nehmen. Allerdings gibt es unter der Scharte eine recht exponierte Querung. Die heikelsten Meter stellt dabei eine Platte dar, die mittels einiger Eisentritte überwunden wird. Danach geht es entspannt zur Lamsenjochhütte hinab, wobei neben der markierten Route ein Stück abgefahren werden kann.