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Blaubergkamm-Überschreitung zum Halserspitz (1862 m)

Gratwanderung mit fantastischer Aussicht

Die Überschreitung der Blauberge zum Halserspitz zählt zu den schönsten Wanderungen der Tegernseer Berge. Ungehindert schweift der Blick vom Blaubergkamm nach allen Seiten. Den höchsten Punkt am Kamm bildet der Halserspitz. Der eigentliche Höhepunkt ist aber weniger der Gipfel selbst als vielmehr der Weg dorthin.
Stand:

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Blaubergkamm
Der Blaubergkamm von Norden gesehen. Ganz links steht der Halserspitz.

Manche Touren macht man einfach immer wieder gerne. Für mich gehört dazu auch die Überschreitung des Blauberg­kamms. Während der abwechslungs­reichen Grat­wanderung scheint die Zeit fast stillzu­stehen. Ruhig ist es obendrein, weil den langen Weg meist nur wenige Wanderer unternehmen, die sich am Kamm zudem gut verteilen. Wer sich mit Muße auf die Tour einlässt und nicht einfach schnell Richtung Halser­spitz rennt, kann dabei vielleicht sogar einen Art Flow­zustand erleben. Also möglichst früh aufbrechen oder noch besser auf der urigen Blaubergalm übernachten. Achtung, unbedingt vorher reservieren, weil es nur wenige Schlafplätze gibt!

Gemäß der amtlichen Landkarten und auch entsprechend der Beschilderung heißt der Berg übrigens wirklich Halserspitz und nicht Halserspitze. Dennoch sagen viele Halser­spitze. Das maskuline bayerische Berg­appellativ Spitz klingt für norddeutsche Ohren seltsam und wird daher oft durch die feminine Spitze der Standard­sprache ersetzt. Je bekannter ein Berg ist, umso eher erfolgt die Anpassung. Wahrscheinlich wird aus dem Halserspitz irgend­wann auch offiziell die Halserspitze, so wie es bei der Zugspitze schon vor Langem geschah.

Tourcharakter und Schwierigkeit

1300 hm 20 km7:10 h

Anspruch ■■■■■■ T4  I
Kondition ■■■■■
Orientierung ■■■■■■

Von der bayerischen Seite aus unternommen ist die Überschreitung des Blaubergkamms keine reine Berg­wanderung mehr. Denn im Norden werden die Blauberge von einer stark zerfurchten, steil abfallenden Felsflanke geprägt. Mit dieser bekommt man es in der Großen Wolfsschlucht sowie beim Abstieg vom Halserspitz zu tun. Rudimentäre Klettererfahrung, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind erforderlich. Während in der Großen Wolfsschlucht Drahtseile drinhängen, fehlen diese bei den Schrofenstufen an der Nordseite des Halserspitzes.

Darüber hinaus ist ausreichend Kondition nötig, denn neben der beachtlichen Wegstrecke zehren mehrere Gegenanstiege an den Kräften. An sonnigen Sommertagen kann der latschen­bewachsene Kamm sehr anstrengend sein. Also nicht bei großer Hitze aufbrechen und außerdem keinesfalls bei Gewitterneigung.

Winterliche Bedingungen machen die Tour sehr gefährlich!Eis und Schnee können sich im Frühjahr oben auf der Schatten­seite des Halserspitzes sowie in der Wolfs­schlucht lange halten. Der Versuch einer Winter­begehung im Dezember 2008 endete für einen jungen Mann tödlich. Er verstarb unter tragischen Umständen nach einem Sturz an Erschöpfung und Unter­kühlung bei der Wenigberg­hütte, während sein Begleiter noch versuchte, Rettung zu holen. Im April 2021 mussten gleich mehrere Wanderer von der Bergwacht mit dem Hubschrauber am Halserspitz aus der Nordseite geflogen werden, weil sie zwischen den Latschen im tiefen Schnee stecken blieben. Ein weiterer verletzte sich infolge eines Absturzes schwer. Mitte Mai 2022 rutschte ein junger Münchner auf einem Altschnee­feld aus und verletzte sich ebenfalls schwer.
Trotz meiner Warnungen stieg vor einigen Jahren ein Kollege im Frühjahr über die Wenigberg­hütte auf. Erst als vor ihm eine Frau über ein Schneefeld schlitterte, kehrte er um.

Wegbeschreibung

Um Wildbad Kreuth

Altes Bad
Das Alte Bad in Wildbad Kreuth wird als Gasthaus genutzt. Der Bach entspringt aus der schwefel­haltigen Heilquelle.

Für Autofahrer ist der Parkplatz Siebenhütten an der Gernbergbrücke der günstigste Start­punkt. Wer mit dem Linienbus vom Tegernsee anreist, beginnt die Wanderung aber normaler­weise an der Haltestelle Wildbad Kreuth, weil die nächste Haltestelle Sieben­hütten seltener bedient wird.
Von der Haltestelle Wildbad Kreuth, wo es einen riesigen Wanderparkplatz gibt, läuft man wie beschildert zunächst ein Stück westwärts an der Weißach entlang. Der breite Kiesweg weicht dabei dem herrschaftlichen Gebäude­ensemble von Wildbad Kreuth1 aus. Es steht versteckt hinter den Bäumen am Hochufer, so dass davon nichts zu sehen ist.

Mindestens seit Ende des Mittelalters ist die schwefel­haltige Heil­quelle am Hohlen­stein bekannt. Das dort errichtete Wildbad mit der Kapelle zum Heiligen Kreuz gehörte bis zur Säkularisation dem Kloster Tegernsee. 1818 erwarb es König Maximilian I. und ließ es zu einem noblen Kurbad ausbauen. Neben dem Heil­wasser verwendete man bei der Kur auch Ziegen­molke. Kurhaus und Sanatorium wurden 1973 geschlossen. Wildbad Kreuth befindet sich bis heute im Besitz der Wittelsbacher. Mehr Info

An der Hofbauernweißach nach Siebenhütten

Im Süden von Wildbad Kreuth, bei der Brücke über die Hofbauernweißach, liegt die Herzogliche Fischzucht. Sie profitiert von dem kalten, sehr sauberen Quellwasser vom Hohlenstein. Bei den Teichen spalten sich die Wege auf. Nach Siebenhütten2 gibt es zwei Varianten, und zwar entweder links oder rechts der Hofbauern­weißach. An der Herzoglichen Fischzucht vorbei und oben herum über den Kiem-Pauli-Weg ist es eine Idee länger als unten auf dem Fahrweg direkt neben dem Bach.
In Siebenhütten fällt dann die Entscheidung über die Tour­richtung. Die meisten steigen wie hier beschrieben durch die Wolfsschlucht auf. Man kann die Runde aber genauso gut anders herum machen.

Felsweißachtal

Felsweißach
Unterwegs im Bachbett der Felsweißach, die im Sommer oft nur wenig Wasser führt.

Von Siebenhütten wandern wir anschließend über die Oberhofer Weißachalm und die Königshütte hinter in die Große Wolfsschlucht. Der Name der Königshütte erinnert an die Zeit, als König Maximilian I. dort auf die Jagd ging. Für Maximilian war das Waidwerk der Haupt­grund, sich in den Bergen aufzuhalten, anders als für Ludwig II., dem es um die Natur­schönheit ging.
Die Landschaft wird nun immer urtümlicher, während sich das Tal der Felsweißach so weit verengt, dass man zuletzt mehr im als neben dem Bachbett läuft.
Blumen­freunde kommen an der Felsweißach voll auf ihre Kosten. Es wächst dort unter anderem die Rispige Graslilie, die Wald-Witwen­blume, das Weiden­blättrige Ochsen­auge, die Mücken-Händelwurz, das Geschnäbelte Leinblatt, die Zierliche Glocken­blume und die Breitblättrige Stendelwurz.

Durch die Große Wolfsschlucht

Große Wolfsschlucht
Steile Passage beim Aufstieg aus der Großen Wolfsschlucht.

Tief hinten im Tal der Felsweißach passiert man am Beginn der Großen Wolfsschlucht die Sackgasse der Kleinen Wolfsschlucht mit einem sehens­werten Wasserfall.
Übrigens hat der Name tatsächlich damit zu tun, dass sich in dem Gebiet häufig Wölfe aufhielten und das, obwohl die heutige Wander­route schon im Mittelalter ein rege genutzter Saum­pfad war, über den die Klöster Tegernsee und St. Georgenberg im Tiroler Inntal Handel trieben. Für die Wölfe war die Schlucht wohl weniger Zufluchtsort als vielmehr Jagdrevier, weil sie darin ihre Beutetiere gut in die Enge treiben konnten. Wölfe sind sehr intelligent und machen sich bei der Jagd die Gelände­beschaffenheit zu Nutze.

Das Warnschild im Talschluss der Wolfsschlucht3 hat seine Berechtigung, denn es gibt in dem folgenden Fels­aufstieg einige leichte Kletter­stellen. Unbedingt auf Stein­schlag achten. Angesichts der meist feuchten Felsen sind die Drahtseile echt nützlich. Weiter oben muss eine heikle, sandige Runse gequert werden, die ebenfalls gesichert ist. Nach der Kraxelei leitet der Weg durch ein freundliches Buchen­wäldchen in den Sattel zwischen Schildenstein und Predigtstuhl.Wer spät dran ist oder merkt, dass es eventuell zu viel wird, könnte auf den nahen Schildenstein ausweichen.

Blaubergkamm zum Halserspitz

Halserspitz
Nach dem vielem Auf und Ab liegt der Halserspitz in Reichweite.

Der Halserspitz liegt von uns aus betrachtet ganz am anderen Ende des Blaubergkamms. In östlicher Richtung geht es nun erst einmal auf den unscheinbaren Predigt­stuhl. Wer bei der bewirteten Blaubergalm4 vorbei­schauen möchte, umgeht den Predigtstuhl südseitig.

Anschließend verläuft die Wanderung stets am Kamm entlang oder knapp darunter. Im Süden zieht der markante Guffert den Blick auf sich, im Norden die Tegernseer Berge mit Roß- und Buchstein, Leonhard­stein und Risserkogel. Über die Blauberg­schneid und den Blaubergkopf rückt das Tourenziel langsam näher. Zwischen diesen beiden verliert man zur Schoberstatt5 um die hundert Höhenmeter. Ansonsten ist der Kamm nur leicht eingeschnitten. Am Karspitz stößt aus Süden der Weg von der Gufferthütte hinzu. Bald danach wird der Halserspitz6 erreicht. Von da sieht man dann auch den Schinderberg im Osten. Wanderer, denen die Blauberge gefallen, mögen die Tour auf den Schinder sicher ebenfalls.

Nordabstieg zum Hals

Stangengraben
Die beeindruckende Erosionsrinne des Stangengrabens.

Westlich des Gipfels zweigt rechts der Steig in die schrofige Nordflanke ab. Dieser Abschnitt sollte nicht unterschätzen werden. Vorsicht bei Altschnee! Das Gelände ist ziemlich abschüssig und das Gestein brüchig. Die Erosion nagt teilweise stark am Steig, vor allem dort, wo die Route aus der Langen Au bzw. von der Gufferthütte herauf­kommt. Beeindruckend ist die sandige Rinne des Stangen­grabens, die uns nur noch ein schmales Band übrig lässt. Ein an Metall­stangen befestigtes Seil hilft beim Balancieren. Vielleicht sicherten schon immer Stangen diese ausgesetzte Passage ab, was den Namen des Grabens erklären würde. Doch das bleibt Spekulation.

Früher bezeichnete man derartige Engstellen als Hals. Ob der Halserspitz davon seinen Namen hat, ist aber unklar, weil es auf der Südseite außerdem eine Halsalm bzw. Halslalm gab. Die Fundamente ihrer abgegangenen Hütte befinden sich einige Hundert Meter westlich der Sindels­dorfer Alm. In alten Tiroler Karten aus der Zeit vor 1800 taucht an Stelle des Halser­spitzes ein Schön­leiten­berg auf. Die Schönleiten­alm existiert bis heute.

Über die Wenigberghütte

Die Strecke über die Wenigberghütte lässt die Tour entspannt ausklingen.

Ab dem Hals am Stangengraben wird es deutlich einfacher. Der Weg bleibt noch etwas auf dem Rücken und knickt später nach Nord­westen ab. Durch lichten Wald gelangt man hinab zur kleinen Wenigberghütte7. Die ehemalige Almhütte wird seit gut einem Jahrhundert jagdlich genutzt. Um 1930 soll im Wenigberg­gebiet der lokal sehr geschätzte herzogliche Jäger von Kreuth, Karl Vögele, einen Wilderer aus Tirol erschossen haben. In unseren Bergen ging es einst fast so schlimm zu wie bei den schieß­wütigen Cowboys im Wilden Westen! Die Jäger hatten kaum etwas zu befürchten. Ihre Selbstjustiz endete nur selten vor Gericht und wenn dann mit eher milden Strafen.

Rückweg nach Wildbad Kreuth

Siebenhütten
Am Ende der langen Wanderung freut man sich auf die Stärkung in Siebenhütten.

Hinter der Wenigberghütte folgt am Weißen­bachkopf ein minimaler Gegenanstieg. Die Strecke durch dieses weitläufige, unüber­sichtliche Waldgebiet zieht sich. Schön auf dem Weg bleiben!
Schließlich geht es am Zwiesel­berg durch den steilen Zwiesel­graben bergab zum Hohlenstein­bach. Worauf sich Zwiesel dort bezieht, bleibt unklar, weil weder der Bach noch der Gipfel zweigeteilt ist.
Unten am Hohlensteinbach gäbe es die Möglichkeit, nach ein paar Hundert Metern rechts den Fahrweg über die Hohlensteinalm8 nach Siebenhütten bzw. Wildbad Kreuth zu nehmen. Geradeaus neben dem Hohlenstein­bach ist es aber reizvoller.
Wer zuletzt noch etwas Zeit hat, könnte beim Denkmal für König Maximilian am Hohlenstein vorbeischauen. An dem idyllischen Platz plätschert eine Quelle. Die berühmte Heilquelle entspringt allerdings beim Alten Bad.