Hoher Gaif (2288 m) über Normalweg
Klettertour am Stuibensee
Anspruchsvoll und einsam ist die Bergtour auf den Hohen Gaif im Wettersteingebirge. Die Route führt vom Stuibensee zum Blassengrat hinauf und dann direkt auf der ausgesetzten Schneide entlang. Ein wenig Nervenkitzel kann man dabei angesichts der atemberaubenden Tiefblicke schon bekommen.
Stand:

Der Hohe Gaif steht ganz im Schatten bekannterer Wettersteingipfel wie der benachbarten Alpspitze. Doch häufig bieten gerade diese untergeordneten Ziele das ursprünglichere Bergerlebnis. Während sich drüben an der Alpspitze die Ferrata-Fans auf den Füßen herumstehen, klettert man am Blassengrat still vor sich hin und darf den Gipfel mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz allein genießen.
Bestiegen wurde der Hohe Gaif schon immer sehr selten. Erst Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Alpenvereinsmitglieder, dem Berg etwas Aufmerksamkeit zu widmen und manch einer wähnte sich glatt als Erstbesteiger.Aber die Sache mit der Erstbesteigung ist wie so oft unklar.Möglicherweise wurde der Gipfel bereits im Rahmen der bayerischen Uraufnahme in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreicht – zumindest laut der Alpenvereinszeitschrift von 1904. Auch die Karte aus der Uraufnahme deutet darauf hin, dass damals jemand oben war, weil eine Signalstange eingezeichnet wurde. Seltsam nur, dass die Position des Gipfels viel zu weit östlich liegt. Wenn die Kartografen wirklich den Hohen Gaif erstiegen, dürfte die Route den Einheimischen zuvor schon bekannt gewesen sein. Denn dass die Kartografen ohne Führer hinauffanden, ist unwahrscheinlich.
Mindestens so unklar wie die Erstbegehung ist die Herkunft des Bergnamens Gaif. Der Ursprung dürfte im Bereich des Gaifkopfs zu suchen sein. Das Dialektwort gaiffen bedeutet auseinanderklaffen. Übertragen auf den alpinen Bereich könnte eine Scharte gemeint sein, doch welche, darüber lässt sich nur spekulieren.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die Bergtour auf den Hohen Gaif eignet sich nur für Geübte, die in jedem Gelände trittsicher zu Hause sind.
Bevor es richtig losgeht, gibt es zur Einstimmung den einfachen Schöngänge-Klettersteig. Wer dafür eine Sicherungsausrüstung benötigt, sollte den Hohen Gaif lieber gleich bleiben lassen. Denn dort muss man ungesichert im II. Grad über den luftigen Blassengrat klettern. Das erfordert gute Nerven, Schwindelfreiheit und äußerste Konzentration. Auf der Reintalseite fällt die Wand Hunderte Meter nahezu senkrecht ab. 2009 gab es am Grat kurz vor dem Gipfel leider einen tödlichen Bergunfall wegen eines Felsausbruchs!
An einigen Stellen sind Orientierungssinn und Routengespür nötig. Am Hohen Gaif finden sich nur undeutliche Begehungsspuren. Der Grieskarsteig ins Gassental ist unzureichend markiert und nicht immer klar erkennbar. Also keinesfalls bei schlechter Sicht aufbrechen.
Wer sich die Besteigung des Hohen Gaifs nicht zutraut, kann die imposante, hochalpine Landschaft mit dem hübschen Stuibensee natürlich trotzdem genießen. Die Tour ist auch ohne den Hohen Gaif lohnend. Einzig auf die Tiefblicke vom Blassengrat muss man dann eben verzichten.
Wegbeschreibung
Hochalm
Vom Kreuzeck führt ein gut frequentierter, breiter Kiesweg Richtung Süden. Bei mäßiger Steigung kann man sich bis zur bewirteten Hochalm1 erst einmal gemütlich warmlaufen. Die teils skurrilen Felsen zur Rechten gelten als wichtiges Geotop. Sie bestehen aus der Längenfelder Brekzie, einem kantigen Schutt aus Wettersteinkalk, der zu einem festen Gestein verbacken ist.An Höhlen Interessierte könnten einen kurzen Abstecher zur Längenfelder Halle machen. Dazu gleich nach der Hochalm spitz rechts in den Schotterweg. Nach gut hundert Metern die steile Schuttreise zur Höhle hinauf. Das Innere kann gefahrlos betreten werden.
Schöngänge zum Bernadeinkopf
Hinter der Hochalm geht es an einer Bergwachthütte vorbei direkt auf die düster aufschießenden Bernadeinwände zu. Die Felsen sind mit schwarzen Tintenstrichen überzogen. Diese entstehen durch Blaualgenkolonien, die auf den feuchten Bändern gedeihen, über die ständig Wasser herabrieselt.
Vor den Bernadeinwänden zweigen wir links vom Hauptweg ab und gelangen über ein kleines Geröllfeld zum Einstieg in den Klettersteig der Schöngänge2. Achtung, nicht versehentlich in den schweren Mauerläufersteig (D/E) einsteigen, der durch die Felsfluchten weiter östlich angelegt wurde!
Zu Beginn wechselt sich Gehgelände mit leichten, seilgesicherten Passagen ab. Am Schluss gibt es eine längere Leiter. Der Klettersteig endet ein paar Meter neben dem Bernadeinkopf.
Hoher Gaif über Ostgrat

Vom Bernadeinkopf steigt man erst einmal zum Stuibensee3 ab und verlässt kurz vor dem winzigen Seeauge den markierten Weg nach rechts. Ein deutlicher Pfad leitet am Westufer des Stuibensees vorbei direkt zum Sockel des Hohen Gaifs. Das Gelände ist recht übersichtlich. Am Fuße des Hohen Gaifs wird der Grieskarsteig gekreuzt. Passable Spuren ziehen sich unter einer Felswand im Geröll empor. Es folgen Schrofen und leichte Kletterstellen, die teilweise mit uraltem Drahtseil gesichert sind. Darüber befindet sich ein eingefallener Unterstand. Vielleicht wurde er einst von Schafhirten errichtet.
Das letzte Stück zum Blassengrat verläuft über einen blumenreichen Magerrasen, der langsam in die Schrofen übergeht. Vereinzelt treffen wir auf Steinmandl. Oben am Grat beginnen die eigentlichen Schwierigkeiten. Man klettert nun meist direkt auf der Schneide und durch kleine Einschartungen etwa eine halbe Stunde dem Gipfel4 entgegen. Neben ein paar IIer Stellen ist es überwiegend ein Ier. Die Hände braucht man jedenfalls fast die ganze Zeit.
Grieskarsteig ins Gassental

Zunächst auf der Aufstiegsroute zurück. Im Talboden folgt man dann dem Grieskarsteig5 bergab. Er ist schlecht markiert und wird offensichtlich nicht mehr wirklich gepflegt. Geröll und Karren machen die Sache mühsam. Nach der Abzweigung zur Mauerscharte nordwärts halten. In dem schwach ausgeprägten Gassental wird es zwischen den Latschen bald unübersichtlich. An einer Gabelung am besten den rechten Ast parallel zur Stuibenwand wählen. Dabei wird der noch gut erhaltene Gassenalmstollen passiert, der vom ehemaligen Bergbau im Hochgebirge zeugt. Der Pfad ist wegen der Beweidung nur schlecht zu erkennen. Hinter einer Viehtränke steuert er eine Schneise im Wald an. Kurz darauf trifft man an einer Biegung auf den Bernadeinsteig6.
Rückweg über den Bernadeinsteig
Mit leichtem Gegenanstieg führt der bequeme Bernadeinsteig zurück zur Bergstation. Bis zur Bernadeinhütte (DAV Selbstversorger)7 geht es vorwiegend durch den Wald. Die kleine Hütte gehört der Akademischen Alpenvereinssektion München und steht nur deren Mitgliedern zur Verfügung. Ab der Bernadeinhütte gibt es dann wieder mehr Aussicht. Trotzdem ist dieser letzte Abschnitt nicht mehr so abwechslungsreich und zieht sich ganz ordentlich in die Länge.