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Benediktenwand (1800 m) aus der Jachenau

Wanderung über die Südseite

Der Aufstieg von der Jachenau über die Lainlalm zur Benediktenwand ist landschaftlich einer der abwechslungs­reichsten. Die Wanderung verläuft entlang von Bergbächen mit türkisgrünen Gumpen und passiert den einzigartigen Glasbach-Wasserfall. Trittsichere Wanderer können beim Rückweg den spannenden Altweibersteig durch die alpine Südwand nehmen. Alles in allem eine der schönsten Touren in den Münchner Hausbergen.
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Walchenseeberge
Beim Aufstieg zur Benediktenwand schaut man in die Walchenseeberge mit Jochberg, Herzogstand und Heimgarten.

Von Süden wie von Norden beeindruckt die Benediktenwand mit ihrer wuchtigen Erscheinung. Auf einer Länge von gut zwei Kilometern ragt ihr heller Felskamm mehr als 400 Meter aus den grünen Almweiden und Wäldern der Umgebung heraus.Geologisch ist die Benediktenwand ein riesiges, zu Stein gewordenes Riff aus Wetterstein­kalk.Das Korallen- und Kalkalgen­riff entstand während der Mittleren Trias vor ungefähr 235 Millionen Jahren in einem flachen Schelfmeer am Rand des Tethysozeans.
Der Wettersteinkalk an der Benediktenwand lagert über dem eigentlich jüngeren Hauptdolomit. Das ist allerdings nichts Ungewöhnliches. Bei der Gebirgs­faltung wurden häufig ältere Gesteine von unten durch die jüngeren Schichten hindurch­gedrückt, so dass diese zur Seite ausweichen mussten. Man kann das beispiels­weise auch an der Kampenwand im Chiemgau beobachten, wo die geologischen Verhältnisse ähnlich sind.

Riffkalk eignet sich besonders gut zum Klettern, weil er sehr kompakt und griffig ist, im Gegensatz zu gebankten Gesteinen, die brüchiger und instabiler sind. Bei den Alpin­kletterern erfreut sich die Benediktenwand großer Beliebtheit. Es gibt zahlreiche Kletter­routen quer durch alle Schwierigkeits­grade. Leider forderten diese schon mehrere Tote. Das bislang schlimmste Unglück passierte 1951, als zwei Jugendliche der DAV-Sektion Tutzing tödlich abstürzten.

Zum Wandern stehen drei markierte Gipfelwege zur Auswahl. Der einfachste beginnt an der Glaswandscharte im Westen. Diesen nutzen wir für den Aufstieg.
Der Steig vom Rotöhrsattel im Osten und der Altweibersteig im Süden sind teils gesichert und etwas anspruchsvoller. Wer den Klettersteig vom Rotöhrsattel kennen­lernen möchte, kann die Route vom Brauneck über die Achselköpfe zum Rotöhrsattel schon mal auf die To-do-Liste setzen. Der Altweibersteig bietet sich als alternativer Rückweg an.

Tourcharakter und Schwierigkeit

1060 hm 21 km6:30 h

Anspruch ■■■■■■ T4
Kondition ■■■■■
Orientierung ■■■■■■
Ab dem Glasbach-Wasserfall erfordert die Tour Tritt­sicherheit und Schwindel­freiheit, im Abstieg auf dem Altweibersteig außerdem eine solide alpine Erfahrung, wobei man den Altweibersteig auch auslassen kann. Auf jeden Fall sollte kein Schnee liegen. Trockenheit wäre angenehm.
Wegen der Südexposition kann die ohnehin recht lange Strecke doppelt schlauchen. Daher so früh wie möglich aufbrechen und ausreichend Getränke einpacken. Bei großer Hitze ist es besser, die Wanderung zu verschieben oder die schattigere Strecke von Norden durch das Lainbachtal und über die Tutzinger Hütte zu nehmen.

Wegbeschreibung

An der Großen Laine

Die Tour beginnt im Dorf Jachenau bei der Barockkirche St. Nikolaus, die malerisch auf einem Hügel steht. Ein großer Schilderbaum weist uns die Richtung. Die erste Stunde geht es bei moderater Steigung immer mehr oder weniger an der Großen Laine entlang, zunächst auf einem breiten Fußweg, der sich durch den Hang schlängelt. Nach 1,5 Kilometern kommt ein Forstweg, von dem man aber schon nach ein paar Minuten wie beschildert rechts auf den zweiten Steig abzweigt.
Bald wechselt die Wanderroute über eine Brücke auf die Ostseite der Großen Laine zu einer Forststraße. Dieser folgt man bis zur Lainlalm.
Ein Stück hinter uns steht im Wald versteckt der so genannte Schwarze Felsen. Um ihn zu sehen, müsste man auf der Forststraße 200 Meter talauswärts laufen. Auf der Felswand leben Blaualgen, die für die schwarze Farbe sorgen. Die von den Blaualgen verursachten braunen bis dunkelblauen Längsstreifen an den Felswänden nennt der Volksmund Tintenstriche. Sie treten an vorwiegend schattigen, feuchten Stellen auf.

Fossilien auf der Lainlalm

Kuhtrittmuschel auf der Lainlalm
Versteinerte Muscheln aus der Familie der Megalodonten auf der Lainlalm. Weil ihre Form an Rinderhufe erinnert, heißen sie im Volksmund Kuhtrittmuscheln.

Gleich nach der Abzweigung zur Rappinschlucht taucht voraus die Lainlalm1 auf. Sie ist seit 1441 bezeugt und damit die älteste schriftlich erwähnte Hochweide der Jachenau. Vor 200 Jahren bestand die Lainlalm noch aus vier Kasern, heute steht nur mehr einer. Die kleine, von Steilhängen umgebene Lichtung wirkt recht heimelig. Man fragt sich allerdings unwillkürlich, wie die winzige Weide einst für vier Hofstellen ausreichen konnte. Doch in der Jachenau bestehen die Almen generell zum überwiegenden Teil aus Waldweiden.
Interessant sind ein paar ehemalige Fundamentsteine, die man wenige Schritte nordöstlich der Hütte im Gras findet. Sie stammen wohl von einem der abgegangenen Kaser. Die Quader enthalten versteinerte Megalodonten. Diese großen Muscheln lebten in Riffnähe und hatten ihre stärkste Verbreitung während der Trias. Im Volksmund heißen sie wegen ihrer hufähnlichen Form Kuhtritt­muscheln. Laut dem Jachenauer Heimatforscher Jost Gudelius wurden die Versteinerungen gezielt beim Bau von Almhütten als Abwehrzauber verwendet.

Glasbach-Wasserfall

Glasbach-Wasserfall
Wenige Minuten hinter der Lainlalm kommt man an dem wunderschönen Glasbach-Wasserfall vorbei.

Wenige Minuten von der Lainlalm entfernt führt der Wanderweg an dem Glasbach-Wasserfall2 vorbei, zweifellos der schönste Wasserfall der Jachenau. An heißen Tagen tummeln sich dort meist viele Leute.
Der Glasbach rang dem spröden Hauptdolomit eine reizvolle Schlucht mit zahlreichen Gumpen und Wasserfällen ab. Größtenteils ist sie jedoch unzugänglich.
Mit dem Material Glas hat der Name übrigens gar nichts zu tun. Er kommt in Wirklichkeit von dem Jachenauer Kirchenpatron Nikolaus. Früher benannten die Menschen ihre Berge manchmal nach Heiligen, wie ja auch die Benediktenwand nach Benedikt von Nursia. Die Nikolauswand schliff sich im Sprach­gebrauch zur Kloswand ab. Bei der ersten bayerischen Landes­vermessung zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es wohl bei den Kartografen zu einem Missverständnis. Sie verzeichneten den Namen Glaswand, von welcher der Bach seinen Namen erbte.

In die Glaswandscharte

Ab dem Wasserfall wird der Steig schmäler und schraubt sich etwas ausgesetzt eine felsige Steilstufe empor. Von oben hat man einen tollen Blick auf die große türkisfarbene Gumpe über dem Wasserfall. Durch einen lichten, freundlichen Mischwald geht es stetig bergauf. Bei der Petereralm3 mündet von rechts der Klausgraben in den Glasbach. Ein Stück bachaufwärts gab es eine hölzerne Triftklause, daher der Name. In den 1970er Jahren war sie noch kartenverzeichnet.
Das Plätschern des Glasbachs und seiner Seitenarme begleitet uns bis zu einem Holz­lagerplatz am Ende einer Forststraße. In dem nun dichteren Wald ist der Steig teilweise schlecht zu erkennen, aber immer gut markiert. Es kreuzt nochmals eine Forststraße, auf der wir später von der Tanneralm zurückkommen. Nach weiteren 50 Höhenmetern gelangen wir dann in die schattige Glaswandscharte4. Die Glaswand wäre von der Scharte aus weglos ohne größere Schwierigkeiten zu erreichen. Auf jeden Fall die ruhigere Alternative zur Benediktenwand.

Benediktenwand

Benediktenwand
Die Benediktenwand ist oben dicht mit Latschen bewachsen.

An der Glaswandscharte könnte man meinen, es wäre fast geschafft, dabei fehlen noch fast 500 anstrengende Höhenmeter. Im Bereich des Kochler Ecks, wo der Weg von der Tutzinger Hütte dazustößt, öffnet sich der Wald. Mehr und mehr weichen die Fichten nun den Latschen, die fast die gesamte Benediktenwand mit ihren undurch­dringlichen Feldern bedecken. Lediglich am Gipfel5 existiert eine freie Fläche.

Die schlichte, hölzerne Gipfelhütte gehört der Sektion Tutzing. Sie steht für alle jederzeit als Unterstand und Biwak offen. Es gibt sie schon seit 1898. Zu dieser Zeit hatten die Gipfelhütten eine enorme Bedeutung. Wegen der umständlichen, langwierigen Anreise waren ganz normale Touren in den Bayerischen Alpen kaum an einem Tag zu schaffen und so übernachtete man am Gipfel. Ähnliche Hütten gab es auch auf der Rotwand und dem Risserkogel, doch nur diejenige auf der Benediktenwand überdauerte. Mehrmals musste sie erneuert werden, einmal brannte sie aus Unachtsamkeit sogar ab.

Altweibersteig

Altweibersteig
Abstieg auf dem ausgesetzten Altweibersteig zur Bichler Alm.

Der Rückweg ist sehr weit. Wer den Bus in der Jachenau erwischen muss, sollte sich überlegen, ob es nicht besser wäre, über die Achselköpfe zum Brauneck zu wandern.Am Altweibersteig warnen gleich mehrere Schilder, dass dieser nur für Geübte geeignet sei. Anfangs geht es noch ganz gemütlich durch die Latschen, dann dreht der Altweibersteig plötzlich in die extrem steile, fels­durchsetzte Südflanke. Eine kurze, exponierte Stelle sichert ein Drahtseil ab. Schnell wird das Gelände wieder einfacher.
An einem großen Felsblock fällt die bronzene Steinbocktafel auf. Manchmal trifft man dort aber auch auf echte Exemplare. Das Steinwild ist überhaupt nicht scheu. Die Geschichte der Steinböcke an der Benediktenwand begann 1959 mit einem jungen Einzel­gänger, der von irgendwoher zugewandert war. Das führt zu der Idee einer Ansiedlung. Im Jahr 1967 setzte man zwei Böcke und zwei Geißen aus. Der Bestand stieg zeitweise auf über hundert Tiere an. Inzwischen sind es wieder deutlich weniger.

Naturdenkmal Höllgrube an der Bichler Alm

Benediktenwand
Die Südseite der Benediktenwand mit Blick nach Osten zu den Achselköpfen.

Der Altweibersteig beschreibt vor der Bichler Alm einen Bogen um den eindrucksvollen Felskessel der Höllgrube. Sie besitzt eine Tiefe von gut 50 Metern.
Die Geologen vermuten eine glazial übertiefte Karst­hohlform, die aus mehreren Dolinen hervorging. Das Wasser verschwindet in dem Kessel, was ebenfalls für eine Verkarstung des Untergrunds spricht. Weil der Schnee in der Höllgrube lange liegen bleibt, wächst darin eine für diese Höhe untypische Vegetation aus Pflanzen, die an extreme alpine Bedingungen angepasst sind. In der Botanik heißen solche Stellen Schneetälchen oder Schneeboden.
Unterhalb der Höllgrube gelangen wir bald zur Bichler Alm6. Dort gäbe es dann Gelegenheit zu einer Brotzeit.

Höhenweg über Tanneralm und Glassteig

Rabenkopf
Die Jachenau gehört zu den waldreichsten Gegenden Deutschlands. In der Ferne ist der Rabenkopf zu sehen.

Von der Bichler Alm quert ein schöner Höhenweg, der so genannte Glassteig, die Südseite der Benediktenwand Richtung Westen. Offenes Weideland wechselt sich mit lichtem Wald ab. Es geht fortwährend etwas auf und ab. In der Ferne sieht man den Rabenkopf, den Bergelskopf, den Jochberg und den Hirsch­hörnl­kopf. Wer noch eine weitere Tour in der Jachenau unternehmen möchte, der eher ruhige Hirsch­hörnl­kopf ist auf jeden Fall sehr lohnend.
Hinter einem Waldstreifen taucht als Nächstes die Tanner­alm7 auf. An den Almnamen der Jachenau ist oft ersichtlich, zu welchem Bauern sie gehören, in diesem Fall eben zum Hof Tannern. Ein Stück vor der Hütte muss man spitz rechts. Nach einiger Zeit mündet der Glassteig in eine Forststraße, auf der man kurz darauf unterhalb der Glaswandscharte wieder auf den Hinweg trifft.