Wendelstein (1838 m) von Bayrischzell
Die klassische Route
Wer zum ersten Mal auf den Wendelstein wandert, nimmt am besten den Weg von Bayrischzell. Dieser landschaftlich sehr schöne, recht einfache Aufstieg ist einer der kürzesten. So bleibt genug Zeit für den Panoramarundweg mit einigen interessanten Stationen zur Geologie und für einen Besuch in der Wendelsteinhöhle.
Stand:

Die schönsten Wanderrouten auf den Wendelstein wurden 2020 zum Gesamtkonzept der Wendelstein-Streifzüge zusammengefasst. Dabei entstanden fünf neu gestaltete Themenwege mit Infostationen und netten Brotzeitplätzen.
Zwei der Themenwege lernen wir auf dieser Wanderung kennen, nämlich den Wendelstein-Männlein-Gipfelsteig sowie den Geologie-Rundweg um den Gipfel.
Der Gipfelsteig wendet sich inhaltlich vor allem an Familien und nimmt Bezug auf die Sage über die Bergmandl. Nach dieser Sage lebten die Bergmandl einst in den Höhlen am Wendelstein, die voller Schätze aus Gold und Edelsteinen waren. Die Mandl waren sehr gütig, halfen verirrten Hirten oder den Almleuten bei der Arbeit und machten wertvolle Geschenke. Als habgierige Menschen aus dem Tal davon Wind bekamen und versuchten, die Schätze zu stehlen, verwandelten sich diese in Eisenstein. Die Bergmandl verschwanden daraufhin für immer.Die Sage hat einen wahren Kern, denn am Wendelstein wurde tatsächlich in geringem Umfang Bergbau betrieben.Die Eisenerzvorkommen waren allerdings nicht sehr ergiebig. Möglicherweise schürften am Wendelstein auch Venediger Bergleute nach Mineralien. Diese so genannten Venedigermandl waren seit dem Spätmittelalter im Sommer überall in den Alpen unterwegs. Sie kamen von den Glasmanufakturen auf der Insel Murano bei Venedig und suchten nach seltenen Mineralien für die Glasfärbung.
Die Bevölkerung dachte wohl, dass die fremdländischen, kleinwüchsigen Männer auf Schätze aus waren. Wahrscheinlich pflegten die Venedigermandl mit den Almleuten einen freundlichen Umgang, vielleicht packten sie auch mal mit an oder bezahlten großzügig für eine Brotzeit. Irgendwann kamen sie nicht mehr zurück. Als später nur minderwertiges Eisenerz gefunden wurde, dichtete man sich aus den Ereignissen eine fantasievolle Sage zusammen.
Ähnliche Geschichten zu den Venedigern werden übrigens auch in anderen Gegenden der Bayerischen Alpen erzählt, beispielsweise im Ammergau über das Schatzloch am Hörne oder im Inntal über das Gold im Kranzhorn.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Die gut beschilderten Wanderwege von Bayrischzell auf den Wendelstein sind überwiegend breit und einfach. Sie eignen sich auch für weniger Bergerfahrene. Einzig das steile Stück über der Bocksteinscharte ist etwas mühsam zu gehen. Ausgesetzte Stellen kommen keine vor bzw. sind sehr gut mit Geländern abgesichert.Höhenmeter und Wegstrecke bleiben im Rahmen. Notfalls gibt es außerdem die Seilbahn. Wegen der Südexposition sollte man die Wanderung bei großer Hitze besser meiden. Ideal ist sie dagegen im späten Frühjahr, weil die Südseite schnell ausapert, oder im Herbst zum Sonnetanken.
Wegbeschreibung
Über den Reitberg nach Hochkreut

Wir nehmen an der Nordseite des Bayrischzeller Bahnhofs die Kranzerstraße und folgen ihr einige Hundert Meter bis ans Ende. Dort beginnt der steile Steig über den dicht bewaldeten Reitberg nach Hochkreut. Zuvor kann man kurz rechts beim Wasserfall im Legerwaldgraben vorbeischauen. Fast mehr noch als der Wasserfall begeistern dort die wunderbaren türkisgrünen Gumpen, die allerdings zum Baden unerreichbar sind. Solche Gumpen entstehen am Boden von Wasserfällen durch die Wucht des aufprallenden Wassers und die Schleifwirkung des mitgeführten Gerölls. Auf Grund der rückschreitenden Erosion graben sich Wasserfälle mit der Zeit immer tiefer in den Fels und hinterlassen dabei oftmals eine Folge abgestufter Gumpen.
Der Weiler Hochkreut1 steht auf einer flachen Lichtung. Sein Name erinnert daran, dass der Wald dort einst gereutet, also gerodet wurde, um Grünland für die Gründung von Viehhöfen zu gewinnen. Das Bergcafé Siglhof in Hochkreut bildet den eigentlichen Startpunkt des Wendelstein-Männlein-Gipfelsteigs, der sich an den talnahen Rundweg des Wendelstein-Männlein-Wegs anschließt.
Siglalm und Wendelsteinalm

Von Hochkreut schlängelt sich ein gemütlicher Forstweg überwiegend im Freien bergauf zur Siglalm. Die erste Station des Wendelstein-Männlein-Gipfelsteigs handelt von der Sage und den Heilkräften der Bergkräuter. Insgesamt sind es acht Stationen.
Das untere Gebäude auf der Siglalm ist der Kaser, das obere die Siglhütte, eine Selbstversorgerunterkunft des DAV.
Kurz nach der Siglalm wird schließlich die Wendelsteinalm2 erreicht. Dort liegt der Wald endgültig hinter uns und voraus ragt nun der Wendelstein mit seiner mächtigen Südwand empor.
Auf der Wendelsteinalm stehen drei Hütten, von zwei weiteren sind noch die Fundamente erhalten. Zudem existieren Reste von Klaubsteinmauern um die ehemaligen Almgärten. Gemeinschaftsalmen, auf denen das Vieh mehrerer Bauern weidet, gibt es häufig. Meist hat jede Hofstelle eine eigene Hütte. Bei der untersten gibt es für Wanderer gelegentlich eine Stärkung.
Zum Wendelsteinhaus

Ein Stück über der Wendelsteinalm kommt eine Gabelung, bei der wir uns links zur Bocksteinscharte wenden.Im Winter muss man stattdessen unbedingt rechts den einfacheren Weg über die Zeller Scharte einschlagen. Denn bei Schnee und Eis ist die Route über die Bocksteinscharte sehr gefährlich.Im Bereich der Bocksteinscharte3 stoßen nacheinander der Meditationsbergweg von Birkenstein und der Jenbachweg von Bad Feilnbach hinzu. Danach schlängelt sich der Steig in Serpentinen durch steiles Gelände zur Bergstation der Seilbahn hinauf. In unmittelbarer Nähe der Bergstation stehen auch das Wendelsteinhaus, das Wendelsteinkircherl, das bogenförmige Gebäude des BR-Senders sowie der Bahnhof der Zahnradbahn.
Kapellensteig mit Streifzug zur Geologie

Der letzte Abschnitt zum Gipfel verläuft auf dem so genannten Kapellensteig, einem kühn angelegten Felsenweg. Er wurde bereits 1887 durch die Südwand aus hellem Wettersteinkalk getrieben. Ein Geländer sichert ihn ab. Es gibt einen kurzen Tunnel, Rastbänke und luftige Aussichtspunkte.
Mit dem Kapellensteig beginnt außerdem der Geologie-Rundweg, der zu den fünf Wendelstein-Streifzügen gehört. An den ersten beiden Stationen erfahren wir etwas über die Gesteine des Wendelsteins und ihre Entstehung.
Der Kapellensteig gewinnt in vielen Serpentinen schnell an Höhe. Oben auf dem verbauten Gipfel befindet sich neben dem Observatorium der Ludwig-Maximilians-Universität eine Panoramaplattform. Das älteste Bauwerk am Wendelstein ist die über 300 Jahre alte Wendelinkapelle.
Wintersperrung: Bitte beachten, dass der Gipfelaufstieg sowohl über den Kapellensteig als auch über den Panoramaweg bei Schnee und Eis gesperrt ist. Die Freigabe erfolgt jeweils im späten Frühjahr nach den jährlichen Reparaturarbeiten. Siehe hierzu die aktuellen Betriebsinfos der Wendelsteinbahn.
Panoramaweg um den Gipfel

Zurück nimmt man am besten den Panoramaweg um den Gipfel herum mit netten Rastplätzen und weiteren Infotafeln zur Geologie. Unter anderem werden die Verkarstung des Gipfels und die glaziale Überformung der Landschaft behandelt. Vor allem aber genießt man einen tollen Blick auf die Berge des Wendelsteingebiets, angefangen vom Breitenstein im Westen über die Hochsalwand bis zur Soinwand im Osten. Jede Menge Ideen also für die nächste Bergwanderung.
Bei der Schachthöhle des Oberen Wetterlochs gibt es eine Plattform, von der man bequem hineinschauen kann. Wirklich viel zu sehen gibt es jedoch nicht. Das Untere Wetterloch liegt übrigens mehrere Hundert Meter tiefer nahe der Reindleralm. Am Ende des Panoramawegs kommt man dann noch an der Wendelsteinhöhle vorbei.
Wendelsteinhöhle: Ein Besuch in der geologisch äußerst interessanten Wendelsteinhöhle ist jedesmal ein Erlebnis. Ihre weitverzweigten Gänge waren einst Teil eines Karstgebiets, das schon vor Millionen von Jahren trocken fiel. Der künstlich angelegte Eingang befindet sich neben dem Bahnhof der Zahnradbahn. Die Besichtigung erfolgt selbstständig. Schautafeln erläutern die geologischen Hintergründe. Im Winter ist die Höhle geschlossen.
Abstieg via Zeller Scharte
Um gegenüber dem Hinweg etwas zu variieren, kann man ostwärts zur Zeller Scharte4 absteigen. Sie liegt im Schnittpunkt zwischen dem Wendelstein, der Soinwand und der Kesselwand. Von der Scharte führt der Brannenburger Steig Richtung Norden zur Reindleralm. Wir müssen dagegen rechts und gelangen so wieder zur Wendelsteinalm.Alternativer Rückweg auf dem König-Maximilian-Weg

Bei der Wendelsteinalm kann man zur Abwechslung geradeaus den schattigeren König-Maximilian-Weg wählen, statt erneut über die Siglalm zu wandern. Von der Länge her sind beide Alternativen nahezu identisch. Der König bestieg den Wendelstein 1858 tatsächlich über diese Route im Rahmen seiner Durchquerung der Bayerischen Alpen von Lindau bis Berchtesgaden.
Schon relativ weit unten verläuft der Weg durch das Weideland der Peterbauernalm5. Auf der anderen Seite des Leitzachtals ist der Seeberg zu sehen, ein zu jeder Jahreszeit lohnendes Wanderziel. In der Mitte des Seebergs fällt eine große Rutschung mit einem riesigen Schuttkegel auf.
Zuletzt geht es an einer Spitzkehre der Deutschen Alpenstraße entlang und schließlich wieder beim Wasserfall vorbei nach Bayrischzell.