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Vom Aiplspitz zur Rotwand (1884 m)

Kammwanderung im Spitzinggebiet

Immer am Kamm entlang wandert man auf dieser einzigartigen Bergtour vom Aiplspitz über den Rauhkopf und den Taubenstein bis zur Rotwand. An klaren Tagen bietet sich dabei ein fantastisches Panorama in die Schlierseer und Tegernseer Berge. Trotz der Anstrengung eine der schönsten Mehrgipfel­touren, die man im Spitzinggebiet unternehmen kann. Von Anfang bis Ende ein Erlebnis!
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Rotwand
Blick vom Aiplspitz nach Süden auf den Rotwandkamm. Im Hochtal darunter liegt die Krottentaler Alm der Naturfreunde.

Die Gegend rings um den Spitzingsee und die Rotwand bildet eines der beliebtesten Wander­gebiete Bayerns mit einem umfangreichen, gut gepflegten Wegenetz. Angesichts der malerischen Umgebung und der schnellen Erreich­barkeit aus dem Münchner Raum verwundert es kaum, dass in der Haupt­saison manche Bereiche ziemlich überlaufen sind. Wenn möglich, wählt man einen Werktag außerhalb der Ferienzeit.
Am meisten geht es auf der Verbindung von der Taubenstein­bahn zum Rotwandhaus zu und natürlich auch auf der Rotwand selbst. Das ist eben das Problem mit den Seilbahnbergen.
Ein wenig ruhiger ist es am Aiplspitz sowie beim Abstieg durch den wildromantischen Pfanngraben zur Waitzingeralm. Der Pfanngraben stellt allerdings nur eine Option dar, wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist und nicht zurück zum Auto nach Geitau muss.

Tourcharakter und Schwierigkeit

1430 1260 hm 17 km6:00 h

Anspruch ■■■■■■ T4  I
Kondition ■■■■■
Orientierung ■■■■■■

Der schwierigste Tourabschnitt ist die Überschreitung des Aiplspitzes. Am schroffen Aiplspitz Nordgrat muss man sich durchaus gelegentlich festhalten. Daher wird der Nordgrat bevorzugt bergauf gemacht. Voraus­gehende können Steinschlag auslösen. Also besser etwas Abstand halten. Am Aiplspitz Südwestgrat gibt es ebenfalls Ier-Gelände und ausgesetzte Stellen. Auf beiden Routen kam es schon zu tödlichen Bergunfällen! Für Geübte stellen sie aber eigentlich kein Problem dar.
Der übrige Teil der Tour ist einfach und ungefährlich. Wer den Aiplspitz auslassen möchte, für den bietet sich als Alternative die Panorama­runde um die Rotwand an.

Wegen der vielen Höhenmeter und weil es ständig auf und ab geht, sollte eine entsprechende Kondition vorhanden sein. Bitte außerdem beachten, dass die Strecke sehr sonnen­exponiert ist.

Wegbeschreibung

Zum Geitauer Alpl

Kleinmiesing
Aufstieg von Geitau zum Geitauer Alpl. Rechts neben dem bewaldeten Kleinmiesing steht der Aiplspitz.

Die kleine Ortschaft Geitau liegt ein Stück südlich des Bahnhofs auf der anderen Seite der Leitzach und der Deutschen Alpenstraße.
Hinter den paar Häusern von Geitau wendet man sich beim Wanderparkplatz wie beschildert rechts zum Aiplspitz. Ein bequemer Fahrweg führt teils im Freien und teils im Wald zum Geitauer Alpl1 hinauf. Der Aufstieg dauert ungefähr eine Stunde.
Die beiden Hütten auf dem Geitauer Alpl stammen aus dem 18. Jahrhundert. Sie stehen recht idyllisch am Rande eines vom Gletscher geformten Karkessels, etwas unterhalb der Karschwelle. Zu jedem Kaser gehört ein mit Klaubstein­mauer eingefasster Almgarten. Auf der Alm weiden Milchkühe und es wird Käse hergestellt, für das Mangfallgebirge heutzutage eine Seltenheit. Meistens wird ja nur noch Jungvieh aufgetrieben.

Das Geitauer Alpl, manche sagen auch Geitauer Alm, befindet sich seit 2015 im Besitz der Benediktiner­abtei Kloster Scheyern. Das Kloster hatte die Alm 1803 in Zuge der Säkularisation verloren. Als die Kreissparkasse Miesbach das Geitauer Alpl zum Kauf anbot, ergriffen die Benediktiner die Gelegenheit, ihren einstigen Besitz zurückzubekommen. Die Kreissparkasse wiederum hatte die Alm 2006 von der Gemeinde Bayrischzell erworben, angeblich um die klamme Gemeinde finanziell zu unterstützen. Fachleute hielten den gezahlten Preis für überzogen. Manche vermuteten einen reinen Prestigekauf. Es folgte eine kost­spielige Sanierung. Insgesamt investierte die Sparkasse 1,5 Millionen. Als der Fall öffentlich wurde, sorgte er für Schlagzeilen. Der Kauf und Betrieb einer Alm gehören nicht zu den Aufgaben einer Kreissparkasse, befand das Innen­ministerium und verlangte die Veräußerung.

Um die Lawinenküche zum Aiplspitz Nordgrat

Aiplspitz
Der Aiplspitz rückt näher. Die Wanne an seiner Nordostseite nennt sich Lawinenküche.

Am Geitauer Alpl beginnt ein Steig, der sich vorerst noch gemütlich durch das flache Alm­gelände zieht. Voraus blickt man auf die beeindruckenden Reisen der so genannten Lawinen­küche. Dieser Kessel bildet im Winter einen typischen Lawinen­trichter. Die Karmulde ist geprägt von einem undurch­dringlichen Labyrinth aus Blockschutt und Latschen­gestrüpp. Gut möglich, dass in der Mulde einst ein postglazialer See lag, bevor er mit Geröll verfüllt wurde.
Der Steig quert bald einen Gehölz­streifen und schlängelt sich dann im Zickzack über viel Geröll hinauf in eine Scharte am Aiplspitz Nordgrat. Zum Ende hin ist das sehr steil.

Aiplspitz über Nordgrat

Aiplspitz Nordgrat
Der Aiplspitz Nordgrat sieht harmloser aus, als er ist. Gefahr droht vor allem durch Steinschlag.

Die exzellent markierte Route leitet nun aus der Scharte in einfacher und kaum ausgesetzter Kletterei (I) den latschen­bewehrten, schrofigen Nordgrat empor. Auf Steinschlag achten, wenn weiter oben andere Wanderer kraxeln. Es gab dort schon Unfälle auf Grund von Steinschlag.
Nach dem Ausstieg sind es nur mehr wenige Meter zum Aiplspitz­gipfel2. Was für eine Aussicht! Im Westen steht der etwa gleich hohe Jägerkamp. Und die nächsten Gipfelziele auf der Wanderung sind auch schon zu sehen.

Tanzeck, Rauhkopf und Taubenstein

Benzingspitz
Westlich des Aiplspitzes stehen Benzingspitz und Jägerkamp, die nur geringfügig niedriger sind.

Wer lediglich den Aiplspitz besteigen möchte, gelangt auf einem einfachen Weg über die Südseite hinab zur Krottentaler Alm und von da auf einer Forststraße zurück nach Geitau. Oder man nimmt alternativ die weglose Route über den Kleinmiesing.Der Weiterweg Richtung Rotwand erfolgt auf dem Südwest­grat des Aiplspitzes mit einigen Felsstufen (I) auf Benzingspitz und Jägerkamp zu. Ein paar Meter sind exponiert. Vorsicht bei Nässe! Im Bereich des Tanzecks links abzweigen und an der Schnittlauch­moosalm3 vorbei. Der lustige Almname ist wörtlich zu nehmen. Wilder Schnitt­lauch wächst in den Kalkalpen bis auf 2600 Metern. Er bevorzugt feuchte Wiesen und Quellmoore.
Unter dem Tanzeck liegt der Rauhkopf­sattel. Von da geht es mit Gegen­anstieg auf den Rauhkopf, der keineswegs rau ist. Auf der anderen Seite kommt bald die Bergstation der Taubenstein­bahn, wo es nun sehr belebt wird. Kurz nach der Seilbahn ließe sich noch en passant der Taubenstein4 mitnehmen, falls man gerne Gipfel sammelt. Durch die beeindruckende Westwand des Taubensteins ziehen sich schwere Kletterrouten.

Panoramaweg am Lämpersberg

Obere Wallenburgalm
Die Weiden auf der Oberen Wallenburgalm verbuschen zusehends. Das mühsame Entfernen der Zwergsträucher in Handarbeit wir heute kaum mehr praktiziert.

Der bequeme Panoramaweg vom Taubenstein­sattel zur Rotwand ist nicht zu verfehlen. Die Strecke gehört zu den mit am stärksten beanspruchten der Bayerischen Alpen, was auf dem tiefgründigen Boden ein Problem darstellt. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch daran, dass der Weg nach Regentagen kaum mehr passierbar war. Unzählige Bergschuhe hatten tiefe Rinnen ausgetrampelt. Die Wanderer wichen seitlich aus und so franste das Ganze immer weiter aus. Seit einer umfassenden Sanierung und Befestigung ist die Strecke wieder gut begehbar.
Gemächlich ansteigend geht es am Lämpersberg5 vorbei. Unter uns liegt die Wallenburgalm mit ihren von Viehgangeln zerfurchten Hängen. Es fällt auf, dass die Weiden stark mit Zwerg­sträuchern, vor allem Alpenrosen, verbuscht sind. Dazwischen machen sich Latschen breit und auch immer mehr Fichten kommen auf. Außerdem gibt es erhebliche Erosions­schäden. Das deutet auf eine unsachgemäße Beweidung sowie eine nachlassende manuelle Pflege der Flächen hin. Wenn das Vieh unbehirtet sich selbst überlassen bleibt, führt das zwangsläufig zu einer unausgewogenen Beweidung. Übernutzte Bereiche erodieren, nicht mehr genutzte Stellen verbuschen.

Vom Kirchsteinsattel zur Rotwand

Rotwand
Die Rotwand mit dem Rotwandhaus. Am Rotwandkopf in der Mitte tritt das rote Gestein zu Tage.

Nach der Querung am Lämpersberg erreichen wir den Kirchstein­sattel, wo der Weg um den Rotwand­kamm herumbiegt, so dass sich voraus nun die Valepp ausbreitet.
Im Kirchsteinsattel gibt es eine Verzweigung. Zum Rotwand­gipfel nehmen wir den Pfad links durch das Gras am Rotwandkopf vorbei. In diesem Bereich weiden häufig Schafe. Die Felsen oberhalb sind tatsächlich rötlich. Das rote Kalk­gestein stammt aus dem Unteren Jura. Bunte Färbungen sind für die Jurakalke typisch. Das Rot kommt vom Eisenoxid.
Schließlich gelangen wir dann auf den Rotwand­gipfel6. Obwohl oft viel los ist, der großartige Rundumblick entschädigt dafür. Auf dem Orientierungs­tisch dürften mehr als hundert Gipfel eingezeichnet sein. Das Auge schweift vom Hochmiesing im Norden über die felsigen Ruchenköpfe und den Auerspitz bis zum Hinteren Sonnwendjoch ganz im Süden – allesamt lohnende Wanderziele.

Rotwandhaus

Vom Gipfel verläuft dann ein breit ausgebauter Weg in wenigen Minuten zum Rotwandhaus7 hinab, das auf einem Absatz zu Füßen der Rotwand steht. Unter dem Alpenvereins-Motto So schmecken die Berge setzt das Haus hauptsächlich auf eine regionale Küche.

Lange vor dem Bau des Rotwand­hauses stand auf dem Rotwand­gipfel eine winzige Schutzhütte mit vier Schlaf­plätzen, aber ohne Feuerstelle. Der Münchner Josef Böcklein (1831–1899) hatte sie 1882 errichtet. Böcklein war Mitbegründer und erster Vorstand der Alpenvereins­sektion des Turner-Alpen-Kränzchens (TAK). Die Rotwand bestieg er erstmals 1857, insgesamt angeblich 293 Mal. Anlässlich seiner 150. Begehung übergab er die Böckleinhütte 1885 dem TAK. Mit dem Bau des ersten Rotwand­hauses 1891 verlor die Böckleinhütte an Bedeutung. Mehr Info

Zur Kümpflscharte

Valepp
Im Südwesten breitet sich die Valepp aus.

Wir wandern vom Rotwandhaus zunächst zur nahen Kümpflscharte. Nicht wundern, wenn Mountainbiker ihre Räder über diesen felsigen Steigabschnitt schleppen. Das ist ganz normal. Es müssen eben alle zur Kümpfl­scharte, einem der zentralen Punkt im Rotwand­gebiet. Mehrere Wege kreuzen sich dort, aus der Valepp, von Geitau und aus dem Ursprungtal.Wer wieder nach Geitau will, zweigt an der Kümpfl­scharte am besten links zur Großtiefen­tal­alm ab. Der gut beschilderte Weg passiert den malerischen Soinsee und leitet um den Steilenberg herum ins Tal, wo es zuletzt noch einen längeren Hatscher entlang des Segelflug­platzes gibt.

Bärentod auf der Kümpflalm

Von der Kümpflscharte geht es über offenes Weideland an der Kümpflalm8 vorbei. Bei der Alm wurde am 26.6.2006 der Braunbär Bruno (JJ1) erlegt, nachdem er seine Verfolger wochenlang an der Nase herumgeführt hatte. Die Identität des Jägers, der den tödlichen Schuss abgab, wird zu seinem Schutz bis heute geheim gehalten. Einige Tage zuvor war Bruno von Thiersee kommend über das Ursprungtal ins Rotwand­gebiet gewandert. Sichtungen gab es am Soinsee, an der Kleintiefental­alm, der Großtiefental­alm und dem Rotwandhaus. An der Rotwand riss er eines der Schafe.
Übrigens wurde im Museum Mensch und Natur in München Nymphenburg für den präparierten Bären ein eigener Ausstellungsraum eingerichtet.

Durch den Pfanngraben zur Waitzingeralm

Pfanngraben
Der Weg durch den Pfanngraben mit seinen schönen Strudeltöpfen und Wasserfällen lässt die Tour perfekt ausklingen.

Jenseits der Kümpflalm gelangt man bald in den Wald. Die Abzweigung zum Elendsattel bleibt links liegen. Danach wird es besonders schön. Immer wieder überquert der Weg kleine Zuflüsse, die hinunter in den Pfanngraben9 plätschern. Dabei taucht er mehr und mehr in die romantisch zerklüftete Schlucht ein. Wasserfall reiht sich an Wasserfall, bis die Wanderung schließlich unten bei der Waitzingeralm an der ehemaligen Winterstube endet.

Achtung, die Bushaltestelle befindet sich nicht dort, wo der Wanderweg in die Valepper Straße mündet, sondern ein paar Meter weiter südlich. Zu Fuß braucht man mindestens eine halbe Stunde zum Spitzingsee, falls der Bus gerade weggefahren ist.