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  2. Sicherheit

SAC-Berg- und Alpinwanderskala

Schwierigkeitsbewertung mit Tücken

Die vom Schweizer Alpen-Club (SAC) entwickelte Berg- und Alpinwanderskala setzte sich als Standard zur Schwierigkeits­bewertung von Bergwanderungen und Bergtouren durch. Ihre korrekte Anwendung hat allerdings so ihre Tücken. Außerdem wirft der Vergleich mit dem konkurrierenden AV-Bergwegekonzept Fragen auf.
Stand:

Praxistauglicher Standard

Die Berg- und Alpinwanderskala ist Teil des Gesamtkonzepts der SAC-Skalen. Datenquelle: Schweizer Alpen-Club SAC

Lange Zeit gab es keinen Standard zur Schwierigkeits­bewertung von Berg- und Alpinwandertouren unterhalb des eigentlichen Alpinkletterns. Erst mit der Entwicklung der sechsstufigen SAC-Berg- und Alpinwanderskala gelang es dem Schweizer Alpen-Club, ein praxistaugliches System zu etablieren.Die SAC-Wanderskala reicht von T1 bis T6, wobei der Buchstabe T für Trekking steht.Auf der untersten Stufe handelt es sich um einfache, breite Wanderwege, auf der höchsten um alpinen Routen mit Kletterstellen im II. Grad. Es gibt also eine gewisse Überschneidung mit der UIAA-Kletterskala. Die beiden höchsten Stufen sind außerdem vom Anspruch her mit leichten Hochtouren vergleichbar.
Mittlerweile ist die SAC-Berg- und Alpinwanderskala auch außerhalb der Schweiz verbreitet. Viele Blog- und Buchautoren orientieren sich daran. Sogar die freie Weltkarte von OpenStreetMap kategorisiert Wege und Steige danach.

AV-Bergwegekonzept

Das AV-Bergwegekonzept im Vergleich.

Weniger feingliedrig als die SAC-Berg- und Alpinwanderskala ist das Bergwegekonzept des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins.
Seine drei Stufen sind mit unterschiedlichen Farbpunkten gekennzeichnet. Blau steht für einfach, Rot für mittelschwer und Schwarz für schwer. Zusätzlich gibt es noch eine farblose bzw. gelbe Kennzeichnung für breite Talwanderwege. Das AV-Bergwegekonzept kommt wegen seiner Klarheit zum Teil auch in der Führerliteratur und auf Tourenportalen zur Anwendung. Eigentlich wurde es aber für die Beschilderung der vom DAV und OeAV betreuten Wege entwickelt.

Das AV-Bergwegekonzept ist längst nicht überall verbreitet. Erstens werden bestehende Schilder nur sukzessive ausgetauscht und zweitens setzen viele Regionen lieber auf eigene Systeme. Die Farbmarkierungen auf den Wegweisern weichen je nach Region erheblich voneinander ab. Im Allgäu werden beispielsweise schwere alpine Routen blau markiert, während im übrigen Bayern und im Salzburger Land diese Farbe für die einfachste Kategorie steht. In Südtirol entschied sich der Alpenverein sogar ganz gegen eine Schwierigkeits­angabe auf Wegweisern.

Große Portale setzen nur teilweise auf den SAC-Standard

Bei der Bewertung von Bergwanderungen und Bergtouren setzen leider noch zu wenige Tourenportale und Outdoorseiten auf die SAC-Skala.

  • Das AV-Tourenportal alpenvereinaktiv.com greift bedauerlicher­weise weder auf die SAC-Skala noch auf das AV-Bergwege­konzept zurück. Stattdessen gibt es jeweils drei Stufen für Wanderungen und drei für Bergtouren. Dabei wird jedoch weder klar kommuniziert, worin sich Wanderungen und Bergtouren voneinander unterscheiden, noch was die Abstufungen bedeuten. Kein Wunder, dass von den Nutzern identische Touren unterschiedlich bewertet werden.
  • Die bekannte und beliebte Seite tourentipp.de nutzt einen Prozentbalken, um den Anspruch einer Tour zu verdeutlichen. Wie der Wert zu Stande kommt, bzw. was er für die jeweilige Disziplin bedeutet, ist nicht ersichtlich. Keine wirklich hilfreiche Lösung.
  • Besser macht es hoehenrausch.de. Die dort verwendete sechsstufige Wander-Skala wird detailliert beschrieben. Von der SAC-Skala weicht sie allerdings erheblich ab. Die Stufen bei hoehenrausch.de sind in etwa um eins nach oben verschoben.

Doch es gibt auch positive Beispiele. Eins-zu-eins auf die SAC-Skala setzen unter anderem das Mitmach-Portal hikr.org und das Magazin bergwelten.com.

Probleme bei der Anwendung

Ein generelles Problem von Mitmachportale besteht in der unterschiedlichen Qualität der Tourenberichte. Selbst dann, wenn es eine Redaktion gibt, können kaum alle Texte überprüft werden. Niemand aktualisiert die Informationen älterer Berichte. Stattdessen stellen die Nutzer bereits vorhandene Touren immer wieder neu ein. Dadurch entsteht viel Redundanz bei variierenden Angaben zur Schwierigkeit.
Das ist auch bei hikr.org so, obwohl dort die SAC-Skala verwendet wird. Die korrekte Anwendung scheint also doch große Schwierigkeiten zu bereiten.

Der Zweck der SAC-Wanderskala ist es, die Lücke zum Alpinklettern zu schließen. Sie darf daher nicht zu sehr in den Bereich des Alpinkletterns hineingezogen werden, sonst geht die detaillierte Abstufung im unteren Bereich verloren.Bei T6, und zwar wirklich erst dann, können IIer-Stellen vorkommen.Mit Stellen sind dabei einige Meter gemeint, keine längeren Passagen. Doch das wollen offenbar nicht alle Autoren akzeptieren.
Die Hochkalter-Überschreitung beispielsweise beinhaltet mehrere IIer-Stellen und muss unbedingt als T6 eingestuft werden. Stattdessen findet man sie bei hikr.org wahlweise als T4+, T5- oder T5+. Abgesehen davon, dass alle drei Bewertungen falsch sind, stellt sich die Frage, ob denn überhaupt jemand den feinen Unterschied zwischen T4+ und T5- erklären kann? Auf bergwelten.com wird der Hochkalter übrigens korrekt als T6 angegeben. Für das Magazin schreiben aber vermutlich auch professionelle Autoren.

Tipps zur korrekten Handhabung

  • Wenn eine Tour nach dem AV-Bergwegekonzept beschildert ist, sollte man nicht ohne triftigen Grund von deren Farbkennzeichnung abweichen:
    Talwanderwege (farblos/gelb): T1
    Einfache Bergwege (blau): T2
    Mittelschwere Bergwege (rot): T3
    Schwere Bergwege (schwarz): T4, T5 und T6
  • Ausschlaggebend ist die schwierigste Stelle der Tour, selbst wenn diese nur wenige Meter in Anspruch nimmt. Natürlich ist eine Tour mit einer langen T5-Passage ernsthafter als eine mit einer kurzen T5-Stelle. Es ist Aufgabe der Tourbeschreibung, dies zu thematisieren. Die SAC-Wanderskala erfasst diesen Unterschied nicht.
  • Notationen mit Plus- oder Minuszeichen sowie Von-bis-Angaben sind aus dem Klettern entlehnt. Für eine Wanderskala erscheint das übertrieben.
  • Im Zweifelsfall lieber den höheren Wert nehmen und etwas zu schwer als zu leicht bewerten. Es geht schließlich um die Sicherheit der Leser.
  • Extrem ausgesetztes, steiles Gelände wie beispielsweise in den Allgäuer Grasbergen sollte auch ohne Kletterstellen ab T4 eingeordnet werden.

T1 – Wandern

Weg gut gebahnt. Falls vorhanden, sind exponierte Stellen sehr gut gesichert. Absturzgefahr kann bei normalen Verhalten weitgehend ausgeschlossen werden.
Keine Anforderungen, auch mit Turnschuhen geeignet. Orientierung problemlos, in der Regel auch ohne Karte möglich.

Tourenbeispiele:

T2 – Bergwandern

Weg mit durchgehender Trasse. Gelände teilweise steil, Absturzgefahr nicht ausgeschlossen.
Etwas Trittsicherheit. Trekkingschuhe sind empfehlenswert. Elementares Orientierungsvermögen.

Tourenbeispiele:

T3 – anspruchsvolles Bergwandern

Weg am Boden nicht unbedingt durchgehend sichtbar. Ausgesetzte Stellen können mit Seilen oder Ketten gesichert sein. Eventuell braucht man die Hände fürs Gleichgewicht. Zum Teil exponierte Stellen mit Absturzgefahr, Geröllflächen, weglose Schrofen.
Gute Trittsicherheit. Gute Trekkingschuhe. Durchschnittliches Orientierungsvermögen. Elementare alpine Erfahrung.

Tourenbeispiele:

T4 – Alpinwandern

Wegspur nicht zwingend vorhanden. An gewissen Stellen braucht es die Hände zum Vorwärtskommen. Gelände bereits recht exponiert, heikle Grashalden, Schrofen, einfache Firnfelder und apere Gletscherpassagen.
Vertrautheit mit exponiertem Gelände. Stabile Trekkingschuhe. Gewisse Geländebeurteilung und gutes Orientierungsvermögen. Alpine Erfahrung. Bei Wettersturz kann ein Rückzug schwierig werden.

Tourenbeispiele:

T5 – anspruchsvolles Alpinwandern

Oft weglos. Einzelne einfache Kletterstellen. Exponiert, anspruchsvolles Gelände, steile Schrofen. Apere Gletscher und Firnfelder mit Ausrutschgefahr.
Bergschuhe. Sichere Geländebeurteilung und sehr gutes Orientierungsvermögen. Gute Alpinerfahrung im hochalpinen Gelände. Elementare Kenntnisse im Umgang mit Pickel und Seil.

Tourenbeispiele:

T6 – schwieriges Alpinwandern

Meist weglos. Kletterstellen bis II. Häufig sehr exponiert. Heikles Schrofengelände. Apere Gletscher mit erhöhter Ausrutschgefahr.
Ausgezeichnetes Orientierungsvermögen. Ausgereifte Alpinerfahrung und Vertrautheit im Umgang mit alpintechischen Hilfsmitteln.

Tourenbeispiele: