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Die Gliederung der Bayerischen Alpen

Geografische, geologische und naturräumliche Aspekte

Die Gliederung der Alpen erinnert in ihrer Komplexität fast schon an die Taxonomie im Bereich der Pflanzen- und Tierwelt. Zu allem Überfluss existieren auch noch zwei verschiedene Systeme, die sich erheblich voneinander unterscheiden. Sinnvolle Änderungen haben es schwer, sich gegen den etablierten Sprachgebrauch durchzusetzen.
Stand:

Alpenvereinseinteilung der Ostalpen (AVE)

Ausschnitt aus der AVE mit den Gebirgsgruppen rings um Garmisch-Partenkirchen.

Nicht Geografen, sondern Alpinisten begannen zuerst damit, die Alpen systematisch in Gruppen und Untergruppen einzuteilen. Das hatte ganz praktische Gründe. Erleichterte es doch die Kommunikation. Durch die Angabe einer Gebirgsgruppe lässt sich ein bestimmter Berg viel einfacher einordnen. Bei Bergnamen, die mehrfach vorkommen, schafft die Gruppe schnell Klarheit.
Als Ergebnis eines langen Prozesses entstand schließlich die Alpenvereins­einteilung der Ostalpen (AVE), die tief im Sprachgebrauch der Bergsteiger verwurzelt ist.

Basis der AVE bilden hauptsächlich geografische Gesichtspunkte. Die Grenzen verlaufen durch Täler und entlang von Gewässern. Bei der Benennung orientierte man sich möglichst am lokalen Namensgut. Beispiele dafür sind das Wettersteingebirge und das Karwendel. Beide Bezeichnungen sind seit Jahrhunderten gebräuchlich. Andere Namen stellen dagegen reine Kunstbegriffe dar, wie etwa das Lechquellengebirge.

Alle klassischen Gebietsführer des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins basieren auf den Gebirgsgruppen der AVE. Meistens teilen die Alpenvereinsführer die Gruppen nochmals in Untergruppen auf. Gerade bei diesen kommt es auch immer wieder zu kleineren Veränderungen.
In der Praxis spielt diese Feingliederung nur dann eine Rolle, wenn sie auf alte, gewachsene Bezeichnungen zurückgreifen kann. Der Untersberg oder das Lattengebirge in den Berchtesgadener Alpen sind solche Fälle.
Oft sind die Namen allerdings eher akademischer Natur, so dass sie keinen Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch finden. Bezeichnungen wie die Allgäuer Voralpen westlich der Iller oder die Nordwestlichen Walsertaler Berge klingen einfach zu umständlich.

Internationale vereinheitlichte orographische Einteilung der Alpen (SOIUSA)

Die Isar trennt die Wallgauer Alpen vom Mangfallgebirge.

Die Internationale vereinheitlichte orographische Einteilung der Alpen (IVOEA) basiert teilweise auf der Alpen­vereins­einteilung (AVE), versteht sich aber auch als Alternative dazu. Das System wurde von dem Italiener Sergio Marazzi entwickelt.Statt des deutschen Akronyms IVOEA wird in der Regel das bekanntere italienische SOIUSA bevorzugt.Bezüglich der Bayerischen Alpen betrifft der Unterschied zwischen AVE und SOIUSA hauptsächlich die Bayerischen Voralpen. Diese gibt es bei der SOIUSA nicht mehr als Einheit. Sie zerfallen in die Wallgauer Alpen und das Mangfallgebirge. Geografisch gesehen ist die Trennung entlang der Isar gut nachvollziehbar. Ein Problem stellt aber die Umbenennung der traditionell eher als Kocheler Berge bekannten Gruppe in Wallgauer Alpen dar. Ob sich der neue Name durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

Bei der Definition von Gebirgsgruppen spielen neben der Geografie manchmal auch andere Überlegungen eine Rolle. Selbst die SOIUSA ist nicht ganz frei von historisch gewachsenen Unterteilungen.
Das zeigt sich beim Mangfallgebirge und den Brandenberger Alpen. Sowohl geografisch als auch geologisch betrachtet bilden beide eine kompakte Einheit. Die Trennung kann nur mit der Grenze zwischen Bayern und Tirol erklärt werden. Der südliche Teil des Gebiets wurde vom Tiroler Inntal aus erschlossen, die Täler des Mangfallgebirges dagegen von Norden her. Die politische Grenze verhinderte das gedankliche Zusammen­wachsen in den Köpfen der Bergsteiger. Beide Gruppen werden bei der SOIUSA nicht nur so beibehalten, sondern sogar zu unterschiedlichen Abschnitten gerechnet.

Der Abschnitt der Bayerischen Alpen bei SOIUSA

Die Bayerischen Alpen werden im Süden von den Nordtiroler Kalkalpen und im Osten von den Salzburger Nordalpen begrenzt.

Neu bei der SOIUSA ist die Gliederungsebene der Abschnitte. Diese fassen jeweils mehrere Unterabschnitte zusammen, wobei die Unterabschnitte weitgehend den Gruppen der AVE entsprechen. Der Nutzen der zusätzlichen Gliederungsebene der Abschnitte ist zweifelhaft, denn es lassen sich keine geologischen, geografischen oder sonstigen Kriterien erkennen, auf denen die Einteilung beruht.

Für unsere Betrachtung sind drei der Abschnitte relevant, nämlich die Bayerischen Alpen, die Nordtiroler Kalkalpen und die Salzburger Nordalpen. Alle drei fallen in den Sektor der Nördlichen Ostalpen, welchen die AVE ebenfalls kennt.

Zu den Bayerischen Alpen zählen folgende Unterabschnitte:

Der Name Bayerische Alpen ist nicht glücklich gewählt. Schließlich liegt das Bregenzerwald­gebirge vollständig in Vorarlberg. Außerdem spricht man von den Bayerischen Alpen auch im Sinne desjenigen Teils der Alpen, der sich innerhalb von Bayern befindet.

Die Brandenberger Alpen rechnet die SOIUSA zusammen mit dem Wettersteingebirge und dem Karwendel den Nordtiroler Kalkalpen zu. Während die AVE das Mieminger Gebirge als Teil des Wettersteingebirges betrachtet, sind die Mieminger bei SOIUSA ein eigenständiger Unterabschnitt.

Die Berchtesgadener Alpen zählen bereits zum Abschnitt der Salzburger Nordalpen. Aus geologischer Sicht passt das gut, weil dort in den höheren Bergmassiven verbreitet der Dachsteinkalk gipfel­bildend auftritt.

Wo enden die Alpen?

Am Kochelsee bildet das Südufer die Trennlinie zwischen Alpen und Alpenvorland.

Innerhalb der Alpen lassen sich die einzelnen Gebirgs­gruppen anhand von Tälern und Gewässern meist gut gegeneinander abgrenzen. So trennt beispielsweise die Loisach das Ammergebirge vom Wettersteingebirge und den Bayerischen Voralpen.
Komplizierter ist die Lage zum Alpenvorland hin. Zwar können die Alpen recht abrupt an den voralpinen Seen und Mooren enden, wie etwa beim Kochelsee, doch oft gehen sie auch scheinbar nahtlos in das voralpine Hügelland über.Geologisch wäre die Linie spätestens dort zu ziehen, wo die Faltenmolasse beginnt.Allerdings wurde diese in der Allgäuer Nagelfluhkette auf mehr als 1800 Meter emporgehoben. Ein wenig zu hoch für das Alpenvorland. So wird bei der Nagelfluhkette eine Ausnahme gemacht. Sie gehört zu den Allgäuer Alpen.

Letztlich handelt es sich also um eine Interpretations­frage, die je nach verfolgtem Zweck einen gewissen Spielraum zulässt.
Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) zieht die Grenze eher eng. Es zählt unter anderem den Tegernsee und die Lenggrieser Haglandschaft noch zum Alpenvorland. Bei dieser naturräumlichen Perspektive spielen nach Aussage des LfU ähnliche geologische, morphologische, hydrologische, klimatische und nutzungsbedingte Eigenschaften eine Rolle.
Doch wer sich bei Bad Wiessee am Tegernsee oder in Lenggries umschaut, befindet sich zumindest gefühlt bereits mitten in den Bergen. So sieht das auch der Alpenverein, dem es vor allem um eine sinnvolle Strukturierung von Wandergebieten geht. Er schiebt die Grenze daher lieber ein Stück weiter nach Norden.

Resümee

Wie die aufgeführten Beispiele zeigen, gibt es keine einheitliche Linie für die Untergliederung der Alpen. Die Natur lässt sich eben nur schwer systematisieren. Der Versuch, exakte Grenzen zu definieren, passt nicht zu den fließenden Übergängen in der Natur.Die SOIUSA ist der AVE in einigen Punkten überlegen, sorgt mit ihrer Namenswahl jedoch zum Teil für Verwirrung. In der Praxis wird die stärker etablierte AVE in jedem Fall weiter Bestand haben.