1. Geologie
  2. Geschichte
  3. Wandertipps
  4. Kaisergebirge

Tischoferhöhle

Bärenhöhle im Kaisertal bei Kufstein

Die Tischoferhöhle bei Kufstein im Kaiser­tal wurde durch Knochen­funde Hunderter Höhlen­bären berühmt. Noch bedeutender sind allerdings die menschlichen Spuren, die bis in die Alt­stein­zeit zurück­reichen und als die ältesten in ganz Tirol gelten. Der seltsam anmutende Name der Tischofer­höhle beruht übrigens auf einem Hörfehler. Einheimische bezeichneten sie im Dialekt als d'Schofer Höhle, weil darin Schafe einen Unterstand fanden.
Stand:

Lage im Kaisertal

Der Eingang zum Kaisertal befindet sich zwischen Kufstein und Ebbs in Tirol. Das Tal trennt den Zahmen vom Wilden Kaiser. Nur wenige Hundert Meter weit im Tal­inneren liegt die Tischofer­höhle (1312/1), manchmal auch Tischofer Höhle getrennt geschrieben. Ihr mächtiges Portal klafft inmitten einer hohen Fels­wand oberhalb der Sparchen­klamm etwa 80 Meter über dem Bachbett.
An der Höhle führt ein beschilderter Steig vorbei, der das Wandergebiet um das Duxer Köpfl mit dem Kaisertal verbindet. Man erreicht sie dadurch sowohl von der so genannten Theaterhütte aus als auch über die Sparchen­stiege bzw. Kaiserstiege, mit der der Wander­weg ins Kaisertal beginnt.

Geologie und Entstehung

Die zerklüftete Sparchenklamm unterhalb der Höhle liegt ebenfalls im brüchigen Hauptdolomit.

Bei dem Gestein der Tischoferhöhle handelt es sich um Haupt­dolomit. In diesem weit verbreiteten Sediment­gestein aus der Ober­trias gibt es auf Grund seiner spröden, kaum verkarstungs­fähigen Eigenschaften nur selten Höhlen und wenn doch, dann meist eher kleinere. Im Kaiser­gebirge bildet der Haupt­dolomit den Sockel, während die hohen Gipfel aus Wettersteinkalk bestehen.Der Prozess der Höhlenbildung nahm seinen Anfang vermutlich in einem tektonischen Spalt.Als der Kaiserbach noch auf dem Niveau der Höhle floss, vergrößerte er im Zusammen­spiel mit Verwitterungs­prozessen den Spalt zu einer beachtlichen Halle. Gut 40 Meter reicht sie in den Berg. Das Portal ist über 20 Meter breit. Den Boden bedeckt eine meterdicke Schicht aus Höhlenlehm.
Östlich der Haupthöhle existiert außerdem noch die unscheinbare Felsnische der Hyänen­höhle, in der man jedoch kaum aufrecht stehen kann.

Ausgrabungen

Im Jahr 1906 fanden unter der Leitung des Paläontologen Max Schlosser umfangreiche Ausgrabungen statt. Datenquelle: Internet Archive

Seit dem 19. Jahrhundert wurden in der Tischofer­höhle mehrmals Grabungen durch­geführt. Die erste ernsthafte Untersuchung unternahm der Naturwissen­schaftler Adolf Pichler (1819–1900) im Jahr 1859. Der Historische Verein Kufstein organisierte dann 1906 zusammen mit dem Paläontologen Max Schlosser (1854–1932) die bis dato umfang­reichste Ausgrabung. Es folgten weitere Forschungen unter anderem im Jahr 1967 durch Werner Kneußl im Rahmen seiner Dissertation an der Universität Innsbruck. Aktuell führt das Institut für Archäologien der Innsbrucker Universität unter Leitung von Joachim Pechtl kleinerer Erkundungen durch, um Raub­grabungen zuvorzukommen.

Die zahlreichen Ausgrabungen ergaben interessante geologische Erkenntnisse über das Alter und die Entstehung der Höhle, vor allem aber förderten sie paläontologische und archäologische Funde in großer Zahl zu Tage. Neben Knochen von ausgestorbenen Wild­tieren wurden auch Haustier­knochen sowie menschliche Skelette geborgen. Die Artefakte aus der Kulturschicht umfassen unter anderem bearbeitete Knochen, Stein­werk­zeuge, Knochen­schmuck, Bronzespiralen und eine große Zahl von Keramikscherben.

Winterquartier von Höhlenbären

Schädel eines in der Tischoferhöhle gefundenen Höhlenbären.

In der Tischoferhöhle wurden die Knochen von über 380 Höhlenbären (Ursus spelaeus) ausgegraben, einer ausgestorbenen europäischen Bärenart. Die Fundstelle ist eine der bedeutendsten dieser Art. Interessanter­weise existiert auf der gegen­über­liegenden Seite des Inntals am Pendling eine weitere Bären­höhle, allerdings fand man darin lediglich die Reste eines einzigen Tiers.
Das Alter der Knochen aus der Tischoferhöhle liegt zwischen 50 000 und 28 000 Jahre. Von den Tieren war nur etwas mehr als die Hälfte ausgewachsen. Es gab also eine hohe Sterblichkeit bei den Jungtieren.
Neben den Knochen der Höhlenbären kamen auch die von einigen anderen Tieren zum Vorschein, darunter zwei Höhlenhyänen, ein Höhlenlöwe, außerdem einige Wölfe, Füchse, Rentiere, Gämsen und Steinböcke.

Höhlenbären heißen so, weil man ihre Knochen überwiegend in Höhlen entdeckte. Für den Winterschlaf waren sie auf natürliche Höhlen angewiesen. Alte, kranke, schlecht ernährte, aber auch viele Jungtiere überlebten die harte Zeit des Winters nicht, so dass sich im Lauf der Jahrtausende in vielen Höhlen eine beachtliche Menge an Knochen ansammelte.
Vor etwa 20 000 Jahren starben die Höhlen­bären aus, wobei ihre Population schon zuvor über einen längeren Zeitraum stetig abnahm. Die Gründe dafür sind unklar. Als klimatische Ursache käme das Kälte­maximum gegen Ende der Würm-Kaltzeit in Frage. Wahrscheinlicher ist aber die Konkurrenz durch den Menschen. In der Altsteinzeit beanspruchten die Menschen viele Höhlen für sich und nutzten dasselbe Nahrungs­angebot wie die Bären. Es wird vermutet, dass Steinzeitjäger zudem Höhlenbären gezielt erlegten.

Prähistorische Funde und neuzeitliche Nutzung

Abgüsse der altsteinzeitlichen Knochenspitzen aus der Tischoferhöhle, ausgestellt im Mammut-Museum Siegsdorf.

Zu den archäologisch herausragendsten Objekten aus der Tischoferhöhle zählen acht zu Speer­spitzen verarbeitete Knochen aus der Altsteinzeit. Vielleicht wurden damit Bären während ihres Winterschlafs getötet. Die Speer­spitzen werden der Aurignacien-Kultur zugerechnet, während derer sich der moderne Mensch gegen den Neandertaler durchsetzte. Die Waffen datieren zwischen 36 400 und 33 500 vor heute.Die knöchernen Speerspitzen sind damit das bis dato älteste Zeugnis menschlicher Besiedelung in Tirol.Sehr vielfältige Fund stammen aus der Bronze­zeit. Die Gebeine von 27 menschlichen Individuen, vorwiegend Kindern, aus der Zeit von 1900 bis 1500 v. Chr. weisen auf einen Ort für Sonder­bestattungen hin. Darüber hinaus diente die Höhle als Werkstatt. Es gab Schmelzen, die benachbarte Hyänen­höhle beherbergte eine Gießerei.

Über die neuzeitliche Nutzung ist wenig bekannt. Möglicherweise kam sie Schafhirten als Unterstand gelegen, was ihren Namen erklären könnte. Im Tiroler Volksaufstands von 1809 war sie für die Aufständischen angeblich ein Versteck und Versammlungsort. Auch wenn es dafür keine Beweise gibt, so erscheint das durchaus plausibel.

Touristische Bedeutung

Auf der Festung Kufstein werden drei komplette Höhlenbärenskelette sowie weitere Funde aus der Tischoferhöhle ausgestellt.

Trotz ihres eher unspektakulären Inneren besitzt die Tischofer­höhle eine große touristische Bedeutung, vor allem dank ihrer günstigen Lage über der sehenswerten Sparchen­klamm und am Eingang zum wunder­schönen Kaisertal.
Im Rahmen des Interreg-Projekts Inntaler Unterwelten wurden einige Schautafeln aufgestellt, die einen guten ersten Überblick zu den geologischen Zusammen­hängen und den archäologischen Erkenntnissen bieten. Die Inntaler Unterwelten fassen die wichtigsten Höhlen der Gegend zu einem Erlebnis­konzept zusammen, darunter auch die Höhlen­burg im Grafenloch bei Oberaudorf und die Hundalm Eishöhle in den Brandenberger Alpen.

Einen Ausflug zur Tischoferhöhle kombiniert oder ergänzt man am besten mit einem Besuch im Heimat­museum auf der Festung Kufstein. Das Museum widmet der Höhle einen eigenen Raum, in dem die bedeutendsten Funde präsentiert werden.