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Nagelfluh, die

Konglomeratgestein

Die Nagelfluh der Nordalpen und des Alpen­vorlands ist ein geologisch junges Konglomerat aus dem Erosions­material der Alpen, in dem Flusskiesel mit einem Binde­mittel verbacken sind. Als Binde­mittel fungiert meistens Kalk, manchmal auch Dolomit oder Quarz. Die Nagelfluh der Subalpinen Molasse entstand im Tertiär, diejenige des Alpen­vorlands und der Alpentäler teilweise erst im Quartär aus eiszeitlichem Decken­schotter. Das althoch­deutsche Felswort Fluh ist übrigens bis heute im Schweizer­deutschen gebräuchlich.
Stand:

Molasse und Deckenschotter

Querschnitt durch einen Nagelfluh­block vom Stein­bruch an der so genannten Biber in Brannen­burg. Die Biber­nagelfluh entstand in der Riß-Kaltzeit. Sie enthält einen hohen Anteil an kristallinen Geröllen aus den Zentralalpen.

Seit Millionen von Jahren transportieren Flüsse das Erosions­material der Alpen ins Vorland. Die größten­teils nur schwach verfestigten Sedimente aus Kies und Sand, die bei der Abtragung anfielen, werden in der Geologie als Molasse bezeichnet. Das nordalpine Molasse­becken erstreckt sich bis zur Donau und erreicht eine Mächtig­keit von bis zu 5000 Metern.Die oberen Schichten aus eiszeitlichem, fluvialem Terrassen­schotter werden Decken­schotter genannt.Im Alpen­vorland ist der Decken­schotter oft an Schlucht­hängen aufgeschlossen, so im Kiental bei Andechs oder der Maisinger Schlucht bei Starnberg.
Die Zusammensetzung der Molasse kann man gut an den Kiesbänken der Alpenflüsse ablesen. Die Kiesel bilden dort ein buntes Sammel­surium unter­schiedlichster Gesteins­arten, eben alles, was in den Alpen so vorkommt. Neben kristallinen Gesteinen wie Gneis und Granit findet man die gesamte Band­breite der marinen Sediment­gesteine, darunter Kalkstein, Sandstein und Mergel. Genau diese Vielfalt steckt auch in der Nagelfluh.

Gesteinsbildung

Mit solchen Krusten aus Kalzit an den Kontakt­punkten zwischen den Kiesel­steinen beginnt die Verfestigung des Lockergesteins. Wegen der meniskus­ähnlichen Form des Kalzit­binde­mittels spricht man auch von Meniskuszement.

Damit sich das lockere Material aus Geröll und Kies zur Nagelfluh verfestigen kann, wird ein Kitt benötigt. Diesen liefert das Kalk­gestein der nördlichen Kalkalpen.
Regenwasser nimmt Kohlendioxid aus der Luft auf und enthält dadurch geringe Mengen an Kohlensäure. Das kohlen­säure­haltige Regen­wasser kann das Kalzium­karbonat aus dem Kalkgestein lösen. Dieser Prozess der Lösungs­verwitterung ist übrigens auch die Ursache für die Entstehung von Karst­höhlen und anderen Karst­erscheinungen.Das in den oberen Sediment­schichten gelöste Kalzium­karbonat kristallisiert in den tieferen Schichten wieder zu Kalzit aus.Die ursprünglich lockeren Steine werden so nach und nach fest miteinander verbunden, wobei der Kitt dazwischen stets stark porös bleibt.

Unterschied zur Brekzie

Der entscheidende Unterschied zwischen Konglomerat und Brekzie besteht in der Form der miteinander verkitteten Bestandteile. Während diese im Konglomerat abgerundet vorliegen, setzt sich die Brekzie aus eckigen Trümmern zusammen, die meist nur von einer einzigen Gesteinsart stammen. Kieselsteine sind wegen ihres langen Transport­wegs durch Bäche und Flüsse rundgeschliffen. Findet die Verfestigung der Bruchstücke dagegen gleich in der Nähe ihres Abtragungsorts statt, dann sind sie noch kantig und das entsprechende Gestein ist eine Brekzie.

Faltenmolasse

Blick vom Immenstädter Horn auf das Allgäuer Alpenvorland. Sowohl die hohen Berge als auch die Hügelketten davor bestehen aus Faltenmolasse.

Die Hebung der Alpen und ihre Abtragung laufen seit vielen Millionen Jahren parallel ab, was dazu führte, dass die verfestigte Molasse aus Nagelfluh, Sandstein und Mergel in der Knautsch­zone am Alpen­rand selbst wieder aufgefaltet wurde.Damit entstanden aus dem Erosions­material der Alpen neue Berge.Meist tritt die Falten­molasse oder Subalpine Molasse in Form von kleinen länglichen Ost-West ausgerichteten Hügeln in Erscheinung, wie etwa zwischen dem Murnauer Moos und dem Staffelsee. Einige liegen auch weiter draußen im Alpenvorland, der Peißenberg zum Beispiel oder der Taubenberg.
Bei der naturräumlichen Einteilung wird die Faltenmolasse überwiegend zum Alpenvorland gerechnet. Im Allgäu gibt es aber eine Ausnahme, weil die Falten­molasse dort zum Teil Gebirgs­charakter hat. Die Nagelfluh­kette mit dem 1834 Meter hohen Hochgrat und auch die vorgelagerte Kette vom Immenstädter Horn zum Denneberg zählen zu den Alpen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Ehemaliger Steinbruch im Gleißental bei Deisen­hofen südlich von München.

Die im südbayerischen Deckenschotter vieler­orts leicht verfügbare Nagelfluh war früher neben Kalktuff einer der wichtigsten Natursteine der Gegend. Wegen der hohen Kosten für Abbau und Transport wurde sie vorwiegend bei repräsentativen Bau­werken eingesetzt. So ist sie beispiels­weise im Fundament der Münchner Frauen­kirche, in der Portal­anlage der Münchner Universität und der Burg zu Burghausen verbaut. Auch bei Privat­häusern fand die dekorative Nagelfluh häufig Verwendung, besonders für Tür- und Fensterstöcke.
Zahlreiche aufgelassene Nagelfluh­brüche, etwa an den Isarhängen südlich von München, im Gleißen­tal bei Deisen­hofen, in Happerg östlich des Starnberger Sees oder in der Ramsau bei Berchtes­gaden, zeugen von der Bedeutung, die das Gestein früher hatte. Noch in Betrieb befindet sich der riesige Stein­bruch an der Biber in Brannen­burg am Inn. Die Biber­nagelfluh wurde ursprünglich vor allem für Mühl­steine abgebaut. Heute kommt sie in Platten geschnitten unter anderem als Fassaden­verkleidung und für Bodenbeläge zum Einsatz.